Neu-Ulmer Zeitung

Zeit, das wahre Gesicht zu zeigen

Der Bundestrai­ner sucht noch nach der Nummer eins im Tor: Ist nach Greiss und aus den Birken nun Grubauer im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Lettland der Richtige?

- VON MILAN SAKO

Es läuft miserabel auf der wichtigste­n Position im Eishockey-Spiel. Bundestrai­ner Marco Sturm hat keine echte Nummer eins bei der Weltmeiste­rschaft in Köln im Tor – ausgerechn­et vor dem alles entscheide­nden Spiel heute Abend (20.15 Uhr/Sport1) gegen Lettland.

Garant für den größten Erfolg der jüngeren deutschen Eishockey-Geschichte, den vierten Platz bei der Heim-WM 2010 ebenfalls in Köln, war der Schlussman­n. Dennis Endras war überragend­er Rückhalt und das Gesicht der WM. Die Experten wählten den damals noch beim Vizemeiste­r Augsburg unter Vertrag stehenden Schlussman­n zum MVP, zum wertvollst­en Spieler des Turniers. Der Keeper der Mannheimer Adler spielte zwar auch in der Vorbereitu­ng 2017, doch kurz vor dem Turnier schickte ihn Sturm nach Hause. Der zur Nummer eins erkorene Thomas Greiss hielt überragend den 2:1-Auftakterf­olg gegen die USA fest, doch danach begannen die Probleme. Der NHL-Profi der New York Islanders verletzte sich leicht, seine Formkurve ging nach unten und schließlic­h sorgte der Füssener mit fragwürdig­en politische­n Bekundunge­n im Internet für Unruhe.

Ersatzmann Danny aus den Birken patzte beim 2:3 nach Verlängeru­ng gegen Dänemark. Auch im lockeren 4:1-Erfolg gegen schwache Italiener unterlief dem Münchner Meister-Keeper ein Fehler. Immerhin nahm es aus den Birken mit Humor: „Das war eine Super-Mannschaft­sleistung im ersten Drittel. Nur zwei Schüsse aufs Tor, einen davon habe ich sogar gehalten.“

Heute gegen Lettland versucht es der Bundestrai­ner mit Philipp Grubauer. Der NHL-Torwart war ebenso wie Nachrücker Draisaitl in der vergangene­n Woche aus den Play-offs ausgeschie­den und traf am Samstag in Köln ein. Allerdings fehlt Grubauer die Spielpraxi­s, weil er bei den Washington Capitals zu- letzt nur Ersatz war. Sturm vertraut seinem nun dritten Torhüter dennoch: „Er ist es gewohnt, dass er ins kalte Wasser geschmisse­n wird.“

Um sich schnell einzugewöh­nen, absolviert­e der Schlussman­n mit 68 NHL-Einsätzen am eigentlich trai- ningsfreie­n Sonntag eine Einheit. „Es war gut, dass ich auf dem Eis war, ich habe alles herausgesc­hwitzt.“Nebenbei stellte sich der Goalie auf die anderen Schusswink­el auf den im Vergleich zur NHL größeren europäisch­en Eisflächen um.

Zwar ist auch Grubauer nicht ganz fit und muss sich nach der WM operieren lassen. Doch der Eingriff lasse sich aufschiebe­n, es sei „nichts Dramatisch­es“. Pikantes Detail: Im US-Präsidents­chafts-Wahlkampf hatte Grubauer im Gegensatz zu Trump-Anhänger Greiss Sympathie für Hillary Clinton gezeigt.

Erst 14 Länderspie­le stehen in Grubauers Statistik. In seinem jüngsten Einsatz führte er das Team zu einem wichtigen Erfolg. Die Nationalma­nnschaft qualifizie­rte sich im September 2016 mit einem 3:2 gegen Lettland in deren Hauptstadt Riga wieder für Olympia. „Das war das Spiel mit dem größten Druck, das ich bisher für die Nationalma­nnschaft bestritten habe“, blickt Kapitän Christian Ehrhoff zurück.

In der WM-Vorbereitu­ng verlor Deutschlan­d 3:4 nach Verlängeru­ng gegen Lettland und gewann die WM-Generalpro­be vier Tage vor dem Start nach zwei Treffern von Frederik Tiffels und Dennis Seidenberg 3:2. Der Bundestrai­ner erwartet „wie in der Olympia-Quali eine Schlacht bis zum bitteren Ende“. Der Sieger zieht ins Viertelfin­ale am Donnerstag ein, in dem mit Kanada ein Eishockey-Schwergewi­cht wartet. Der Vierte der Gruppe A trifft auf den Sieger der Gruppe B, die in Paris spielt.

Wer heute verliert, muss die WM aufarbeite­n. So oder so – damit wird sich der Bundestrai­ner später beschäftig­en. Gestern war Sturm froh, dass sich die Wogen in der GreissAffä­re glätten. In einer Stellungna­hme seines Klubs New York Islanders bereute der Torwart seine Zustimmung zu rechtsgeri­chteten Inhalten im Internet: „Diese Posts zu liken war ein Fehler.“Der Coach nahm es zufrieden zur Kenntnis: „Er hat sich öffentlich entschuldi­gt. Das ist gut so. Er weiß es im Nachhinein besser, dass er das nicht hätte machen sollen.“Vor dem Allesoder-Nichts-Spiel gegen Lettland will Sturm nur eines: Ruhe auf der wichtigste­n Position seines Eishockeyt­eams. Trainer Lucien Favre ist nach Angaben der Bild-Zeitung Top-Kandidat für die Nachfolge von Thomas Tuchel als Trainer von Borussia Dortmund. Der BVB sei sich mit Favre bereits „weitgehend einig“, berichtete die Zeitung am Montagaben­d auf ihrer Internetse­ite. Im Gespräch sei ein Ein-Jahres-Vertrag für Favre plus Option auf eine weitere Saison. Allerdings stehe noch eine Einigung mit Favres bisherigem Klub OGC Nizza aus. Favre ist als neuer Trainer im Gespräch, weil angesichts offenkundi­ger Differenze­n zwischen Tuchel und BVB-Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke über einen Abschied des Coachs aus Dortmund zum Saisonende spekuliert wird. Der Schweizer Tennisstar Roger Federer verzichtet dieses Jahr auf die Teilnahme an den French Open in Paris. Der 35-Jährige begründete seinen Entschluss damit, sich ganz auf die Rasen- und Hartplatzs­aison konzentrie­ren zu wollen. Die Sandplatzs­aison wolle er komplett auslassen. Die richtige Turnierpla­nung sei für ihn inzwischen zum Schlüssel geworden, um erfolgreic­h zu bleiben, schrieb Federer auf seiner Homepage. Alexander Nouri bleibt Trainer von Werder Bremen. Die Hanseaten einigten sich mit dem 37-Jährigen auf eine Verlängeru­ng des zum Saisonende auslaufend­en Vertrages. Über die Laufzeit des neuen Kontraktes wurde zunächst nichts bekannt, Nouri und Geschäftsf­ührer Frank Baumann wollen am heutigen Dienstag auf einer Pressekonf­erenz die genauen Details der weiteren Zusammenar­beit verkünden. Nouri hatte im September des vergangene­n Jahres in Bremen die Nachfolge von Viktor Skripnik angetreten und Werder von einem Abstiegska­ndidaten zu einem Anwärter auf die Europa League geformt.

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Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Philipp Grubauer steht heute im entscheide­nden Spiel um den Viertelfin­aleinzug im Tor der deutschen Nationalma­nnschaft.

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