Leipheim und der Millionenbetrug
Ein Patentanwalt soll die Rundfunkanstalten mächtig übers Ohr gehauen, gleichzeitig aber in Schwaben brav Gewerbesteuer gezahlt haben. Jetzt herrscht Aufregung
In einem der vermutlich größten Betrugsfälle der jüngsten Zeit in Bayern sind die Millionen offenbar nicht auf ein anonymes Nummernkonto irgendwo in Übersee geflossen, sondern direkt ins schwäbische Leipheim bei Günzburg. Dort hatte die Vermarktungsgesellschaft der Familie eines in Untersuchungshaft sitzenden Münchner Patentanwalts ihren Sitz. Der Mann steht im Verdacht, das Institut für Rundfunktechnik, ein gemeinsames Forschungsinstitut öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, um bis zu 200 Millionen Euro betrogen zu haben. Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Geldwäsche auch gegen seine Frau – eine aus dem Schwäbischen stammende Ärztin, die in München praktizierte – sowie gegen den Sohn der beiden. Die Haftbefehle gegen Mutter und Sohn sind, wie die Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage mitteilte, außer Vollzug gesetzt.
Der ebenso kuriose wie komplizierte Kriminalfall hat in München und dort insbesondere beim Bayerischen Rundfunk (BR) bereits für erhebliches Aufsehen und Aufregung Ins Rollen kam er durch eine Strafanzeige des BR gegen den Patentanwalt, der das Institut für Rundfunktechnik (IRT) seit Mitte der 1970er Jahre in patentrechtlichen Fragen beraten hat. Konkret besteht laut Staatsanwaltschaft der Verdacht, dass der Mann für das IRT besonders nachteilige Verträge mit einer internationalen Gesellschaft für die Verwertung von Patentrechten ausgehandelt und gleichzeitig hintenrum Erlöse in Millionenhöhe in die eigene Tasche gewirtschaftet hat.
Die Summen sind enorm. Den insgesamt entgangenen Gewinn für die Rundfunkanstalten schätzt die Staatsanwaltschaft auf rund 200 Millionen Euro. Beim IRT, das nicht unerheblich aus den Gebühren der Fernsehzuschauer finanziert wird, sollen nur knapp 14 Millionen angekommen sein. Mehr als 100 Millionen aber sollen bei der Vermarktungsgesellschaft der Familie des Patentanwalts gelandet sein, die in Leipheim ihren Sitz hatte.
Leipheims Bürgermeister Christian Konrad hat die Familie nie zu Gesicht bekommen, obwohl sich das Büro der Gesellschafterfirma seit über einem Jahrzehnt in einem Gebäude mitten in der Innenstadt und nicht weit vom Rathaus entfernt befindet. Die Firma sei für die Stadt ein „Glücksfall“gewesen, „es gab nie Ärger, die Gewerbesteuern sind immer zuverlässig gezahlt worden“, berichtet Konrad. Über die Jahre hinweg sei so eine niedrige zweistellige Millionensumme zusammengekommen, von der Leipheim durchaus profitiert habe. Der Bürgermeister mag gar nicht daran denken, sollgesorgt. te die Stadt im Falle eines Prozesses die Steuern zurückzahlen müssen. „Das wäre der Worst Case“, sagt Konrad. Dann stehe die Stadt möglicherweise vor dem Bankrott.
Erhebliche Aufregung gibt es auch bei den Rundfunkanstalten und beim IRT. Dort versucht man vor allem zu klären, wie ein mutmaßlicher Betrug diesen Ausmaßes über fast zwei Jahrzehnte hinweg unentdeckt bleiben konnte. Der Patentanwalt genoss allem Anschein nach blindes Vertrauen und offenbar kam auch niemand auf den Gedanken, dass die wertvollen Patente eigentlich viel mehr Geld hätten einbringen müssen.
Das Vermögen des Patentanwalts und seiner Familie wurde, so weit es greifbar war, bereits durch richterlichen Arrestbefehl gesichert. Dazu gehören Immobilien und Grundstücke – unter anderem eine Luxusvilla im Münchner Westen, die mit Alarmanlage, Überwachungskamera und hohen Zäunen gesichert ist – sowie teure Autos, Schmuck und ein Gemälde von Chagall. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt wegen des Verdachts auf Betrug, Untreue und Parteiverrat. Möglicherweise komme auch noch Bestechung oder Bestechlichkeit hinzu.
Er gilt als eine der höchsten Auszeichnungen der Zeitungsbranche: Seit 1980 werden mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung herausragende journalistische Leistungen prämiert. Jetzt hat ihn ein Redakteur unseres Hauses gewonnen: Maximilian Czysz wurde für seine Serie „Auf Spurensuche: Das geheime Waldwerk Kuno“mit dem Preis in der Kategorie Geschichte belohnt.
Auf acht Sonderseiten ging der 41-jährige Familienvater aus Fischach (Landkreis Augsburg) der Geschichte der versteckten Rüstungsanlage im Scheppacher Forst zwischen Burgau und Zusmarshausen nach. Dort wurde gegen Kriegsende die Me 262 gebaut, der erste serienreife Düsenjäger der Welt. Dafür wurden auch KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter eingesetzt. Die aufwendigen Recherchen, die um die ganze Welt führten, fanden ein starkes Echo bei den Lesern. Der Serie folgten ein umfangreiches Magazin, Vorträge und eine Sonderausstellung. Die Jury der Adenauer-Stiftung bescheinigte Czysz „ein großartiges Stück Erinnerungsarbeit, fern jeder oberlehrerhaften Attitüde.“(AZ)
Stirbt ein Mensch bei einem Verkehrsunfall, sind im Schnitt 113 andere Menschen unmittelbar betroffen. Darunter sind elf Angehörige, vier enge Freunde, 46 Bekannte – und 42 Einsatzkräfte wie Sanitäter, Feuerwehrleute oder Polizisten. Das ergab eine Studie der Verkehrssicherheitskampagne „Runter vom Gas“. „Nicht angepasste Geschwindigkeit ist die Unfallursache Nummer eins“, sagte Ute Hammer, Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). Die Ablenkung durch Handys nehme zu, oft sei auch zu geringer Abstand ein Unfallgrund. Diese drei Themen greift die neue Kampagne auf. Rund 700 Plakate sollen an den Autobahnen aufgestellt werden.
Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist laut der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Dorothee Bär (CSU), aber kein Thema. Studien belegten, dass rund 33 Prozent des Verkehrs über Autobahnen laufen, während sich dort nur sechs Prozent der tödlichen Unfälle ereigneten.