Die Mutter aller Baustellen
Am Hauptbahnhof treffen drei Großprojekte aufeinander, wie es sie in den vergangenen 50 Jahren nicht gegeben hat. Nun geht’s mit der Tiefgarage richtig los
Der Vorplatz des Ulmer Hauptbahnhofs ist nicht wiederzuerkennen: Bagger buddeln, Fußgänger werden an Bauzäunen vorbei auf ständig neuen Wegen geleitet, während sich die Autos auf verengten Fahrbahnen meist nur schleppend durch die Friedrich-Ebert-Straße quälen. Was für die einen nur ein tägliches Ärgernis ist, entscheidet für die anderen über die Zukunftsfähigkeit der Stadt: „Wir bauen an den Perspektiven“, sagte Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch am Dienstagnachmittag beim „Baggerbiss“, dem offiziellen Baubeginn für die neue Tiefgarage.
Derzeit erlebe Ulm eine Zeit des Umbruchs und der Investitionen, wie es sie seit der Nachkriegszeit nicht mehr gegeben habe. Weit über 500 Millionen Euro würden allein die drei Großprojekte Sedelhöfe, Straßenbahnlinie 2 und die neue Tiefgarage verschlingen. Letztere ist mit 52 Millionen Euro da eher noch ein kleiner Fisch. Zusammengenommen seien die Projekte alle bedeutsam für die Zukunftsfähigkeit: Die Sedelhöfe, so Czisch, rüsten Ulm für einen veränderten Einzelhandel und die Linie 2 sowie die neue „Mobilitätsdrehscheibe“inklusive Parkhaus für die unterschiedlichen Transport-Bedürfnisse. Die gleichberechtigte Vernetzung unterschiedlichster Verkehrsmittel werde, so Czisch, in Zukunft eine große Rolle spielen. „Wir wollen Vorreiter sein.“Durch die Verknüpfung mit der Neubaustrecke 2021 werde der Standort zusätzlich an Attraktivität gewinnen: „Wer in Stuttgart arbeitet, will künftig in Ulm wohnen. Ein „ambitioniertes Unterfangen“nannte Ulms Baubürgermeister Tim von Winning das neue Parkhaus mit 540 Stellplätzen, das mit vier Geschossen 18 Meter tief in die Erde reichen wird. Bauherr ist die stadteigene Parkbetriebsgesellschaft PBG, deren bisher größte Einzelinvestition dies ist. Das Parkhaus mit vermutlich 144 Ladestationen für Elektroautos wird per Unterführung direkt mit dem Einkaufsquartier Sedelhöfe verbunden sein. Parken an dieser Stelle sei auch Teil einer „Willkommenskultur“, so von Winning. Das Parkhaus und die Passage würden in Zukunft so etwas wie eine „Visitenkarte der Stadt“sein. Der künftige Tunnel unter der Friedrich-Ebert-Straße soll etwa doppelt so breit und deutlich höher ausfallen als die bestehende, wenig einladende Passage. Auf der einen Seite dieses Verbindungsstücks von Bahnhof und Ulmer Innenstadt werden die Ausgänge des Parkhauses sein und auf der anderen und das Thema Verkehr nicht zu dominant werden zu lassen. Klar ist schon jetzt, dass der Zentrale Omnibusbahnhof durch die Verengung der Friedrich-Ebert-Straße kleiner wird als bisher. Ob auch mit zusätzlichem Gebäude noch ein verkehrlich effizienter Betrieb möglich ist, werde noch geprüft.
Übrigens mit dem heutigen Mittwoch, 24. Mai, gibt es wieder eine direkte Ost-West-Gehverbindung zwischen Innenstadt und Hauptbahnhof sowie eine durchgängige Nord-Süd-Achse für Fußgänger zwischen Wendeschleife und Busbahnhof. Dieser neu geöffnete Weg geht vom Hauptbahnhof kommend durch das bisherige Baufeld an den roten Baucontainern vorbei und verläuft dann parallel zur Straßenbahntrasse.
Der Frauenanteil an kommunalpolitischen Führungspositionen ist in keiner Stadt in Baden-Württemberg höher als in Ulm. Die Donaustadt belegt mit Platz 8 die beste Platzierung unter Städten im Ländle im bundesweiten Genderranking deutscher Großstädte. Die Fernuniversität Hagen hat im Auftrag der Heinrich Böll-Stiftung das vierte Genderranking erarbeitet. 73 Großstädte werden darin anhand ihrer Frauenanteile an kommunalpolitischen Führungspositionen verglichen. Ratsmandate, Ausschussoder Fraktionsvorsitze, Dezernatsleitungen und das Oberbürgermeisteramt werden als Indikatoren für den Genderindex herangezogen.
„Die Spitzenposition der Stadt Ulm unter den ersten zehn im bundesweiten Genderranking ist auf eine langfristig angelegte Frauenförderung in Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft zurückzuführen“, sagt Oberbürgermeister Gunter Czisch. „Demokratie braucht Frauen und Männer“, sagt Diana Bayer, Leiterin des Ulmer Frauenbüros. Ihr Vorschlag: Die Parteien sollten ihre Listen paritätisch und abwechselnd mit Frauen und Männern besetzten. (az)