Ein Krankenhaus hat auch Gefühle
Nur mal angenommen, die Liebe ist tatsächlich ein seltsames Spiel. Und der Mensch nimmt nach geraumer Zeit nicht nur die Eigenarten seines Partners an. Und auch nicht nur den Dackelblick seines Hundes und dieser wiederum das Faible seines Herrchens für Gummibärchen, Weißbier und Sportschau. Sondern irgendwann verschwimmt sogar die Trennungslinie zwischen Mensch und Materie. Wenn Sie schon mal beobachtet haben, in welcher Innigkeit Teenager und Smartphones miteinander verbunden sind, dann wissen Sie, was ich meine. Wenn das wirklich so ist, warum sollte dann nicht auch ein Krankenhaus Gefühle haben? Gefühle und Charakter.
Nehmen Sie das Allgäu, diesen wunderbaren Landstrich im Süden unserer Region. Seinen Bewohnern wird nachgesagt, bisweilen eine gewisse Sturheit an den Tag zu legen. Das kann man auch als Lob auffassen. Stur im Sinne von hartnäckig, standhaft, unermüdlich, treu. Was der Allgäuer lieb gewonnen hat, gibt er so schnell nicht auf. Was soll nun ein Krankenhaus empfinden, das mit seinen Patienten über Jahrzehnte hinweg, sinnbildlich gesprochen, gemeinsam Sportschau geguckt, sich gegenseitig Dackelblicke zugeworfen hat und jetzt im hohen Bogen aus der Allgäuer Familie gesprengt wird?
Sturheit natürlich, gnadenlose Sturheit. Logisch also, dass der Sprengmeister auch beim zweiten Versuch in Marktoberdorf nur scheitern konnte (wobei der Mann auch aus dem Allgäu kommt, er hätte es wissen müssen). Ich würde nicht darauf wetten, dass die Abrissbirne der Sturklinik den endgültigen Garaus macht. Dann jedoch hätte man ein neues Problem. So eine Abrissbirne hat auch Gefühle.