Berühmte Wanne
Sind Sie auf Facebook oder Twitter? In diesem ständigen Strom aus Interessantem und Nichtigkeiten? Hier ein paar Netzfundstücke aus den vergangenen Wochen, die nicht im digitalen Nirgendwo verschwinden sollten: ● Stefan Leifert, Korrespondent im ZDF-Studio Brüssel, fragte rhetorisch: „Könnten wir uns darauf einigen, statt einander der ,fakenews‘ zu bezichtigen, künftig wieder ,stimmt nicht, denn...‘ oder so was zu sagen?“Schöner Satz zur „Debattenkultur“in sozialen Medien. Er sollte auch bei jeder Diskussion über die gezielt im Netz verbreiteten Falschmeldungen angebracht werden. ● Wo wir gerade dabei sind: Als ein Journalist auf den Start von „BR Verifikation“hinwies, antwortete ihm ein anderer: „VerifikationsTeam haben wir seit 72 Jahren. Heißt Redaktion bei uns.“Der BR jedenfalls hat nun „eine zwei Köpfe starke BR-Einheit zur Enttarnung von Falschnachrichten“Pressemitteilung. ● Die katholische Kirche denkt in Jahrtausenden, denken Sie? Sie ist altmodisch? Was die Nutzung sozialer Medien angeht, trifft das nicht zu. So bot das Bistum Limburg kürzlich „Instawalks“im Limburger Bischofshaus an. Der Bischofssitz kostete mindestens 31 Millionen Euro; der später zurückgetretene Bischof hatte den Bau durch Sonderwünsche massiv verteuert, Kosten verschleiert. Interessierte konnten jetzt „die besondere Architektur des Bischofshauses“erleben, so das Bistum. Sie konnten dort fotografieren und die Fotos auf ihrem Instagram-Account teilen. Sie erinnern sich? Den Bau verantwortete ein gewisser FranzPeter Tebartz-van Elst. Seine (künftige) Badewanne – auf dem Foto links – wurde zum Sinnbild für Verschwendung. Sie war bei den „Instagramern“das begehrteste Fotoobjekt. laut seiner Der Termin beim Friseur ist vorbei, die Haare sind geschnitten, doch o Graus! Der Blick in den Spiegel offenbart, dass einem die neue Frisur nicht steht. Die detailverliebten Japaner haben für diese niederschmetternde Erfahrung ein eigenes Wort: „Age-otori“beschreibt das Gefühl, nach einem Haarschnitt schlechter auszusehen als zuvor. Als „Bakkushan“wird in Japan wiederum eine Frau bezeichnet, die nur von hinten hübsch ist.
Und das sind bei weitem nicht die einzigen fremdsprachigen Begriffe, für die es im Deutschen keine Entsprechung gibt: In seinem amüsanten Buch „Einzigartige Wörter“hat Autor David Tripolina 333 solcher Begriffe zusammengetragen. Sie zu lesen, ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich. Ein Gewinn für jeden „Small Talk“; Wissen, das bei allen möglichen Gelegenheiten von Nutzen sein kann. So bezeichnet das italienische Wort „Abbiocco“im genussfreudigen Italien die plötzliche Schläfrigkeit nach einem guten Essen. Wer im üblicherweise sonnenwarmen Spanien „Friolero“ sagt, meint das Kältegefühl, das dringend nach einer Umarmung verlangt. Bei einem „Pochemuchka“handelt es sich in Russland um einen Menschen, der eindeutig zu viele Fragen stellt. Und ein „Maskrosbarn“ist im Schwedischen ein Mensch, der trotz schwieriger Kindheit ganz nett ist.
Es gibt weitere schöne Beispiele: Norweger schwören auf ein „Utepils“, das sich mit Bier im Freien übersetzen lässt. Fast schon zum Modewort geworden ist in Deutschland der dänische Begriff „Hygge“, der für ein behagliches Gefühl von Wärme und Zufriedenheit steht. Hierzulande völlig unbekannt dagegen: Wenn ein Mensch in Malaysia „Pisanzapra“sagt, dann meint er die Zeit, die es braucht, eine Banane zu essen.
Was beim Lesen von Tripolinas Buch auffällt, ist, dass besonders die Finnen noch für die merkwürdigste Situation ein Wort haben. Das dürfte zumindest Fans des für seine schrägen Filme bekannten Meisterregisseurs Aki Kaurismäki nicht wundern. „Kalsarkännit“etwa bezeichnet den Zustand eines Menschen, der sich nur mit seiner Unterhose bekleidet zu Hause betrinkt und keinerlei Anstalten macht, aus dem Haus zu gehen. Sollte er sich doch zum Verlassen des Hauses aufraffen wollen, kann ihn aus heiterem Himmel „Jaksaa“überfallen – die plötzliche Unlust auszugehen. Was ihn vor „Morkkis“bewahrt. Laut Tripolina bezeichnet das Wort die „Verlegenheit und Scham über die betrunkenen Possen der vergangenen Nacht“.
Auch ein paar deutsche Begriffe tauchen in seiner Auswahl auf. Dass sich etwa „Gemütlichkeit“, „Heimat“oder „Weltschmerz“allenfalls schwer in einem Wort in eine andere Sprache übersetzen lassen, ist bekannt. Dass Begriffe wie „Schnapsidee“, „Kummerspeck“, „Sitzfleisch“, „Fremdschämen“oder „Warmduscher“zu den angeblich unübersetzbaren deutschen Begriffen gehören, überrascht auf den ersten Blick doch ein wenig. O
Einzigartige Wörter. 333 Begriffe, die es nur in einer Spra che gibt – und was sie bedeuten. Riva, 160 Seiten, 9,99 Euro.