Neu-Ulmer Zeitung

Kicken gegen die Krankheit

Kevin Aleth arbeitet als Talentspäh­er und leidet unter einem seltenen Gendefekt. Bei einem Turnier in Pfuhl geht es auch um dessen Bekämpfung und Erforschun­g

- VON MICHAEL KROHA

Kevin Aleth ist 25 Jahre jung. Er war Jugendtrai­ner bei den Stuttgarte­r Kickers, für Bayern München, 1860 München und den 1. FC Kaiserslau­tern hat er schon nach Talenten gesucht. Aktuell leitet er das Nachwuchs-Scouting des Zweitligis­ten SV Sandhausen. Ein vermeintli­ch tolles und spannendes Leben. Doch Aleth wünscht sich ein anderes, ein „normales“Leben. Denn er ist an der unheilbare­n Krankheit „Von-Hippel-Lindau“(VHL) erkrankt. Um VHL ins Bewusstsei­n der Öffentlich­keit zu rücken, hat er ein Benefiztur­nier mit namhaften Nachwuchst­eams ins Leben gerufen. Am morgigen Samstag wollen sich rund 40 Mannschaft­en in Pfuhl dafür qualifizie­ren.

Im vergangene­n Jahr hat Aleth mehr als 150 Tage stationär im Krankenhau­s verbracht. Wie oft er operiert wurde, kann er schon gar nicht mehr sagen. Allein das Interview für diesen Artikel musste er dreimal kurzfristi­g absagen. „Ich kann leider wieder nicht. Mir ist eine Narbe an der Bauchspeic­heldrüse geplatzt, ich habe innere Blutungen“, schrieb Aleth einmal in einer E-Mail. Doch im vierten Anlauf kam dann das Gespräch mit dem jungen Mann aus Murrhardt im Rems-Murr-Kreis in einer Gaststätte in Offenhause­n zustande. Die Linsen und Spätzle auf seinem Teller lässt er beinahe vollständi­g wieder zurückgehe­n. „Lecker, aber zu viel“, sagt er. Seit einer Operation im Oktober des vergangene­n Jahres, bei der die Galle, der Zwölffinge­rdarm, der Dünndarm und ein Teil des Magens entfernt wurden, kann er nicht mehr so viel essen – seither hat er 35 Kilo abgenommen.

Von seiner Krankheit hat er erfahren, da war er 18 Jahre alt. „Ich stand in Stuttgart auf dem Rollfeld. Wir wollten nach Malle in den Urlaub fliegen“, erzählt er. Bei einer jährlichen Vorsorgeun­tersuchung wurde ein Tumor im Kopf entdeckt. „Dann hat mich der Arzt angerufen.“Dass irgendwann diese Diagnose kommen würde, damit hatte er gerechnet, denn die Krankheit ist erblich. Seine 52 Jahre alte Mutter und auch seine zwei Jahre jüngere Schwester leiden darunter. „Bei mir ist es aber extremer“, sagt er.

Mehrere Ausbildung­en hat Aleth begonnen, alle musste er krankheits­bedingt abbrechen. Einem richtigen Beruf wird er wohl nie nachgehen können. Dafür bestimmt die Krankheit zu sehr seinen Alltag. Finanziell kommt er durch eine Erwerbsmin­derungsren­te über die Runden. Seit einem Kreuzbandr­iss in jungen Jahren spielt er selbst nicht mehr Fußball, aber er bringt es anderen bei und sichtet junge Talente. Seine ehrenamtli­chen Tätigkeite­n als Scout und Co-Trainer verhelfen Aleth zu ein wenig Normalität in einem Leben, das ansonsten von Arztbesuch­en und Krankenhau­saufenthal­ten bestimmt ist.

Über einen Freund wurde er dann auf die Idee gebracht, mit einem Benefiztur­nier die Krankheit bekannter zu machen und mit dem Erlös, den „Verein VHL betroffene­r Familien“sowie die Forschung nach den Ursachen der Krankheit zu unterstütz­en. Seit 2014 wird der „Hip- pel-Lindau-Cup“auf dem Sportgelän­de der SF Dornstadt ausgetrage­n. Mithilfe von Aleths Kontakten zu den Nachwuchsa­bteilungen zahlreiche­r Profiklubs gehören auch viele Jugendteam­s von Fußball-Bundesligi­sten wie Bayern München, RB Leipzig und Borussia Mönchengla­dbach zu den Teilnehmer­n. Auch zahlreiche prominente Fußballspi­eler, Firmen, Vereine und Sponsoren unterstütz­en das Turnier.

Seit drei Jahren können sich auch die Juniorente­ams von Amateurklu­bs für das Benefiztur­nier am 24. Juni in Dornstadt qualifizie­ren. In diesem Jahr finden die Vorrundent­urniere beim TSV Pfuhl und beim VfL Sondelfing­en in Reutlingen statt. In Pfuhl, wo gleichzeit­ig das alljährlic­he Hühnerfest stattfinde­t, werden am morgigen Samstag rund 40 E-Jugendteam­s aufspielen, darunter auch Mannschaft­en aus dem Allgäu, vom Bodensee und aus Augsburg. Denn wie fast jeder Fußballer in Deutschlan­d wollen auch diese Jungs einmal gegen Bayern München spielen. Nur geht es diesmal auch um den guten Zweck.

 ?? Foto: Ulrike Bastgen ?? Viele Vereine unterstütz­en Kevin Aleth und sein Anliegen, indem sie ihm beispielsw­eise Trikots zur Verfügung stellen. Der Erlös aus deren Versteiger­ung kommt der Erforschun­g der Krankheit VHL zugute.
Foto: Ulrike Bastgen Viele Vereine unterstütz­en Kevin Aleth und sein Anliegen, indem sie ihm beispielsw­eise Trikots zur Verfügung stellen. Der Erlös aus deren Versteiger­ung kommt der Erforschun­g der Krankheit VHL zugute.

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