Kicken gegen die Krankheit
Kevin Aleth arbeitet als Talentspäher und leidet unter einem seltenen Gendefekt. Bei einem Turnier in Pfuhl geht es auch um dessen Bekämpfung und Erforschung
Kevin Aleth ist 25 Jahre jung. Er war Jugendtrainer bei den Stuttgarter Kickers, für Bayern München, 1860 München und den 1. FC Kaiserslautern hat er schon nach Talenten gesucht. Aktuell leitet er das Nachwuchs-Scouting des Zweitligisten SV Sandhausen. Ein vermeintlich tolles und spannendes Leben. Doch Aleth wünscht sich ein anderes, ein „normales“Leben. Denn er ist an der unheilbaren Krankheit „Von-Hippel-Lindau“(VHL) erkrankt. Um VHL ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, hat er ein Benefizturnier mit namhaften Nachwuchsteams ins Leben gerufen. Am morgigen Samstag wollen sich rund 40 Mannschaften in Pfuhl dafür qualifizieren.
Im vergangenen Jahr hat Aleth mehr als 150 Tage stationär im Krankenhaus verbracht. Wie oft er operiert wurde, kann er schon gar nicht mehr sagen. Allein das Interview für diesen Artikel musste er dreimal kurzfristig absagen. „Ich kann leider wieder nicht. Mir ist eine Narbe an der Bauchspeicheldrüse geplatzt, ich habe innere Blutungen“, schrieb Aleth einmal in einer E-Mail. Doch im vierten Anlauf kam dann das Gespräch mit dem jungen Mann aus Murrhardt im Rems-Murr-Kreis in einer Gaststätte in Offenhausen zustande. Die Linsen und Spätzle auf seinem Teller lässt er beinahe vollständig wieder zurückgehen. „Lecker, aber zu viel“, sagt er. Seit einer Operation im Oktober des vergangenen Jahres, bei der die Galle, der Zwölffingerdarm, der Dünndarm und ein Teil des Magens entfernt wurden, kann er nicht mehr so viel essen – seither hat er 35 Kilo abgenommen.
Von seiner Krankheit hat er erfahren, da war er 18 Jahre alt. „Ich stand in Stuttgart auf dem Rollfeld. Wir wollten nach Malle in den Urlaub fliegen“, erzählt er. Bei einer jährlichen Vorsorgeuntersuchung wurde ein Tumor im Kopf entdeckt. „Dann hat mich der Arzt angerufen.“Dass irgendwann diese Diagnose kommen würde, damit hatte er gerechnet, denn die Krankheit ist erblich. Seine 52 Jahre alte Mutter und auch seine zwei Jahre jüngere Schwester leiden darunter. „Bei mir ist es aber extremer“, sagt er.
Mehrere Ausbildungen hat Aleth begonnen, alle musste er krankheitsbedingt abbrechen. Einem richtigen Beruf wird er wohl nie nachgehen können. Dafür bestimmt die Krankheit zu sehr seinen Alltag. Finanziell kommt er durch eine Erwerbsminderungsrente über die Runden. Seit einem Kreuzbandriss in jungen Jahren spielt er selbst nicht mehr Fußball, aber er bringt es anderen bei und sichtet junge Talente. Seine ehrenamtlichen Tätigkeiten als Scout und Co-Trainer verhelfen Aleth zu ein wenig Normalität in einem Leben, das ansonsten von Arztbesuchen und Krankenhausaufenthalten bestimmt ist.
Über einen Freund wurde er dann auf die Idee gebracht, mit einem Benefizturnier die Krankheit bekannter zu machen und mit dem Erlös, den „Verein VHL betroffener Familien“sowie die Forschung nach den Ursachen der Krankheit zu unterstützen. Seit 2014 wird der „Hip- pel-Lindau-Cup“auf dem Sportgelände der SF Dornstadt ausgetragen. Mithilfe von Aleths Kontakten zu den Nachwuchsabteilungen zahlreicher Profiklubs gehören auch viele Jugendteams von Fußball-Bundesligisten wie Bayern München, RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach zu den Teilnehmern. Auch zahlreiche prominente Fußballspieler, Firmen, Vereine und Sponsoren unterstützen das Turnier.
Seit drei Jahren können sich auch die Juniorenteams von Amateurklubs für das Benefizturnier am 24. Juni in Dornstadt qualifizieren. In diesem Jahr finden die Vorrundenturniere beim TSV Pfuhl und beim VfL Sondelfingen in Reutlingen statt. In Pfuhl, wo gleichzeitig das alljährliche Hühnerfest stattfindet, werden am morgigen Samstag rund 40 E-Jugendteams aufspielen, darunter auch Mannschaften aus dem Allgäu, vom Bodensee und aus Augsburg. Denn wie fast jeder Fußballer in Deutschland wollen auch diese Jungs einmal gegen Bayern München spielen. Nur geht es diesmal auch um den guten Zweck.