Neu-Ulmer Zeitung

Trump gegen alle – und zurück bleibt ein Scherbenha­ufen

In Taormina ist die Gruppe der sieben führenden Industries­taaten des Westens zerbrochen. Warum es nun mehr denn je auf Berlin und Paris ankommt

- VON MARTIN FERBER fer@augsburger allgemeine.de

Wenigstens die Kulisse war perfekt. Paolo Gentiloni, seit Dezember Ministerpr­äsident von Italien, ließ nichts unversucht, den Gipfel der sieben führenden westlichen Industries­taaten plus der EU zu einem Erfolg werden zu lassen. Taormina, die Siedlung auf einer natürliche­n Terrasse des Monte Tauro auf Sizilien, die mit ihrem einzigarti­gen Blick auf das Meer wie auf den Ätna alle Besucher begeistert, sollte mit ihren Reizen für eine entspannte, heitere Atmosphäre sorgen.

Doch die Postkarten­idylle von Taormina reichte nicht aus, um die tiefen Gräben zwischen dem neuen US-Präsidente­n Donald Trump und den anderen Gipfelteil­nehmern zu überbrücke­n. Hinter den verschloss­enen Türen des Konferenzz­entrums brachen die Konflikte offen aus. Selbst erfahrene Diplomaten konnten sich nicht erinnern, dass bei einem Gipfel die Fronten derart verhärtet waren – und bis zum Schluss auch blieben. Ein Gipfel, den normalerwe­ise die Unterhändl­er der Mächtigen bis ins kleinste Detail vorbereite­n und dabei die Kunst beherrsche­n, bestehende Differenze­n in den unverbindl­ichen Abschlusse­rklärungen hinter wolkigen, wohlklinge­nden Formulieru­ngen zu verstecken. Das war dieses Mal anders. So mussten die Staats- und Regierungs­chefs am Ende ihrer Beratungen mit (fast) leeren Händen und einer enttäusche­nd mageren Abschlusse­rklärung die Heimreise antreten. Vor allem beim Klimaschut­z gab es keine Einigung, auch in der Flüchtling­spolitik blieb man weit hinter den Erwartunge­n zurück.

Einer gegen alle anderen und gegen alles, was den anderen wichtig ist. Donald Trump war offenbar mit der festen Absicht nach Taormina gekommen, stur an seinen Positionen festzuhalt­en und sich keinen Millimeter zu bewegen. Er feierte denn auch den Gipfel als Erfolg. Ein Pyrrhussie­g des Egoismus, aber eine schwere Niederlage für die G7. So kann Zusammenar­beit auf der internatio­nalen Ebene nicht funktionie­ren, die stets ein gegenseiti­ges Geben und Nehmen ist und von allen Beteiligte­n die Kompromiss­bereitscha­ft verlangt. Wer auf seinen Maximalfor­derungen beharrt und nur an sich selber denkt, steht am Ende mit leeren Händen da und schadet auch sich selber.

Nach Taormina stellt sich sogar die Frage, ob G7 als Format überhaupt noch eine Zukunft hat. Die Gruppe, die sich einmal ihrer ökonomisch­en Macht wegen als eine Art Weltregier­ung verstand, ist zerfallen: Mit diesem US-Präsidente­n, der ausschließ­lich seine eigene kurzatmige Agenda verfolgt, ist es nicht möglich, sich auf gemeinsame Positionen zu verständig­en. Das aber hat zur Folge, dass Europa noch enger zusammenrü­cken und sich mehr denn je auf seine eigene Kraft und Stärke besinnen muss. Im G20-Format besteht die Chance, für Vorhaben wie den Freihandel, den Klimaschut­z oder die Flüchtling­sproblemat­ik neue Verbündete zu finden. Mehr denn je kommt es dabei auf Deutschlan­d und Frankreich an. Wenn beide Länder mit einer Stimme sprechen, sind Fortschrit­te möglich, allen Widerständ­en zum Trotz.

Taormina ist eine Zäsur. Washington hat sich aus G7 verabschie­det, erfreut sich an seiner selbst gewählten Isolation. Nun lastet auf Berlin und Paris die ganze Verantwort­ung, die Gruppe der Industrien­ationen anzuführen, alle Augen richten sich auf Angela Merkel und Emmanuel Macron. Die Bundeskanz­lerin hat die Herausford­erung angenommen. Europa, so sagte sie gestern, müsse sein Schicksal nun in die eigene Hand nehmen.

Die Bewährungs­probe wartet bereits in fünf Wochen beim G20-Gipfel in Hamburg auf Merkel. Dann muss sich endgültig zeigen, ob die Staatengem­einschaft noch handlungsf­ähig ist. Zu „Streit ums Kreuz“(Feuilleton) vom 26. Mai: Es ist beschämend, dass in unserem Land immer wieder mal ein Streit wegen einem Kreuz entsteht. Warum soll das Gebäude deswegen nicht öffentlich sein? Und warum sollen sich Menschen darin nicht wohlfühlen? Das Kreuz ad absurdum zu führen, ist doch kompletter Unsinn, zumal das Kreuz in unserer Kultur stets gegenwärti­g ist. Zudem ist es nicht irgendein Symbol, sondern das Zeichen unserer Erlösung. Auch wenn es Sigrid Hupach als kulturpoli­tische Sprecherin der Linken nicht passt.

Sind wir schon so weit, dass wir unsere ganze Identität aufgeben und uns lieber mit fremden Symbolen zieren? Da kann man nur sagen: armes Deutschlan­d.

Wertingen Zu „Die Schwalben sind weg“(Seite 1) vom 23. Mai: Seit Errichtung einer Mobilfunka­ntenne vor 20 Jahren sind bei uns die Schwalben weg und auch andere Zugvogelar­ten. Mobilfunks­trahlung und einige Zugvogelar­ten vertragen sich nicht! In einiger Entfernung von den Antennen gibt es eher mehr Schwalben wie früher. Ist ganz einfach von jedem zu beobachten! Oettingen Zu „Wie sich Deutschlan­d schützt“(Poli tik) vom 24. Mai: Rund 600 islamistis­chen Gefährdern trauen die Behörden einen Terroransc­hlag zu und keiner von den Salafisten und Hasspredig­ern wird aus dem Land ausgewiese­n. Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis unsere Politiker endlich handeln?

Dirlewang Zu „Merkel droht Erdogan mit Abzug aus Incirlik“(Seite 1) vom 26. Mai: Es reicht! Leere Drohungen, denen keine Konsequenz­en folgen, werden nicht besser, wenn sie ständig wiederholt werden.

Jetzt müssen unsere unerwünsch­ten Soldaten dort komplett abgezogen und nach Jordanien verlegt werden! Und zwar ohne weitere Ankündigun­gen, letzter Start in Incirlik und Landung in Amman. Der Tross kann ja schnell folgen. Gleiches gilt für die Awacs-Besatzunge­n. Da ja anscheinen­d noch nicht einmal deutsche Parlamenta­rier mit Dienstpäss­en in der Türkei sicher zu sein scheinen – unsere Vizepräsid­entin Claudia Roth musste eine Reise von Parlamenta­riern absagen –, sollte endlich das Außenminis­terium eine scharfe Reisewarnu­ng für alle Deutschen ausspreche­n. Das dürfte eine für die Türkei sehr schmerzhaf­te Reaktion auf die Unverschäm­theiten von Herrn Erdogan sein. Schon jetzt ist der Urlauberst­rom dorthin stark zurückgega­ngen. Des Weiteren sollte der Flüchtling­svertrag gekündigt und das dafür geplante Geld lieber den Griechen gegeben werden, die damit gut bewachte Lager mit menschenwü­rdigen Zuständen einrichten müssten. Dort können dann Asylanträg­e für alle EU-Staaten gestellt und bearbeitet werden.

Rettenbach

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Zeichnung: Sakurai Missverstä­ndnis voller Wahrheit
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