Roboter rockt Demenz WG
Wenn „Emma“Musik macht, fangen die Augen der Senioren an zu leuchten. Alle zwei Wochen bringt der Android Schwung in eine Kieler Wohngruppe
„Emma“schwingt die Arme. Ihre Stimme klingt freundlich: „Was wollen wir machen?“Erika Kratteit beugt sich vor und sucht auf dem Touch-Bildschirm des Roboters das nächste Lied aus. „So, hier“, sagt die 87-Jährige. Dann erschallen die ersten Klänge von Freddy Quinns bekanntem Schlager „Junge, komm bald wieder“. Die Augen der alten Dame fangen an zu leuchten und sie beginnt zu tanzen. Alle zwei Wochen unterhält Roboter „Emma“die Demenz-Wohngruppe der Diakonie Altholstein in Kiel.
Programmiert wurde „Emma“von Robotik-Ingenieur Hannes Eilers von der Fachhochschule Kiel. „Wir wollen erreichen, dass der Roboter Teil der Gruppe wird und von den Bewohnern nicht als Fremdkörper wahrgenommen wird“, sagt der 29-Jährige. „Dafür muss sich „Emma“integrieren.“Das klappt nach einem Vierteljahr bereits ganz gut.
Die Demenzkranken freuen sich, wenn der Roboter auf ihren Wunsch Musik macht. „Die Lieder wecken bei ihnen natürlich Erinnerungen“, sagt Pflegedienstleiter Thorben Maack.
Ein Dutzend Menschen leben in der Gruppe, zwischen 75 und 93 Jahre alt. Erika Kratteit hat „Emma“bereits in ihr Herz geschlossen. „Die Bewegungen, die Augen, das mag ich“, sagt sie. Früher habe sie im Chor gesungen. „Ich singe immer noch ganz gerne.“
Anfänglich seien die Bewohner skeptisch gewesen, sagt Teamleiterin Ingrid Fritsch. Das habe sich aber schnell gelegt. „Sie haben den Roboter berührt, ihm Fragen gestellt.“Mit vier Fragen kann „Emma“bereits umgehen, wie Eilers sagt. Eine davon lautet: Woher kommst Du? „Aus Königsberg“, antwortet Kratteit dem rund 1,60 Meter großen, weißen Roboter. „Ich komme aus Paris, das liegt in Frankreich“, entgegnet die Maschine. „Emma“reagiert auf Rufe. Sie kann auch Gesichter erkennen. Auf Wunsch macht sie Fotos: In ihrer Stirn ist eine kleine Kamera befestigt. Das Ergebnis präsentiert der Roboter Sekunden später auf dem Bildschirm. „Aber wenn man nicht mit ihr spricht, wird ihr langweilig“, sagt Ingenieur Eilers. „Dann fährt sie durch die Gegend.“
Seit Jahren arbeiten Forscher an Pflegerobotern. Das FraunhoferInstitut für Digitale Medientechnologie entwickelte „Alias“, um ältere Menschen in ihrem Alltag zu unterstützen und zu Aktivität und Kommunikation zu motivieren. Die Hochschule Ravensburg-Weingarten baute einen Assistenzroboter, um körperlich eingeschränkten Menschen das Leben zu erleichtern. Roboter „Marvin“kann beispielsweise ein Glas Wasser einschenken oder einen Apfel reichen. Ein in Thüringen entwickelter Roboter soll Schlaganfall-Patienten dabei helfen, nach der Erkrankung wieder laufen zu lernen. Auch die Japaner setzen auf Robotik in der Pflege.
„Emma“sei als Unterstützung der Betreuer da, sagt Pflegedienstleiter Maack. „Niemals aber als Ersatz.“Für ihn sind ergänzende Einsatzmöglichkeiten denkbar: Beispielsweise könnte der Roboter die Demenzkranken daran erinnern, Medikamente zu nehmen oder Behin treuer informieren, wenn einer von ihnen die Wohngruppe verlässt. „Dafür muss sich aber preislich noch etwas tun.“17000 Euro hat „Emma“gekostet, bezahlt von der Fachhochschule. „Wir entwickeln mit der Einrichtung zusammen immer wieder neue Ideen, was der Roboter hier machen kann“, sagt Eilers. Zunächst hat er mit einer deutlich kleineren Version gearbeitet. „Grace“sollte alten Menschen helfen, fit zu bleiben und dafür mit ihnen unterschiedliche Fitness-Übungen absolvieren. Daraus ist nun aber mehr geworden.
Die 45 Kilogramm schwere „Emma“ist wesentlich mobiler. „Wir planen, daraus ein Forschungsprojekt zu machen.“Mit den Demenzkranken soll der Roboter demnächst Memory spielen.
Doch an diesem Tag steht weiter Musik auf dem Programm. „Inzwischen stehen alle auf, wenn wir „An der Nordseeküste“von Klaus und Klaus singen und dann tanzen wir zusammen“, sagt Eilers. So auch an diesem Vormittag. Mitten drin Erika Kratteit. Sie hält „Emma“die Hand und lächelt.
Trotz guter Wirtschaftsdaten liegt Deutschland bei der Gesundheitsversorgung im weltweiten Vergleich nur auf Platz 20. Laut Studie, für die Daten aus 195 Ländern verglichen wurden, hat der Zwergstaat Andorra das beste Gesundheitssystem, Island kam auf Platz zwei. Unter den Staaten mit mehr als einer Million Einwohnern führt die Schweiz die Rangliste an, gefolgt von Schweden und Norwegen. Deutschland hat unter den westeuropäischen Staaten die zweitgrößte Kluft zwischen der erwarteten und der tatsächlichen Gesundheitsversorgung – gemessen an Wohlstand und Entwicklung könnte die Bundesrepublik besser dastehen.
Großbritannien hinkt in Westeuropa am stärksten hinter den Erwartungen her. Mit Ausnahme von Australien (Platz sechs) und Japan (Platz elf) sind die 20 besten Plätze nur von Ländern in Westeuropa belegt, wo es fast überall eine allgemeine Gesundheitsversorgung gibt. Finnland hat Platz sieben, gefolgt von Spanien, den Niederlanden und Luxemburg. Die USA, wo die neue Regierung unter Präsident Donald Trump die von Vorgänger Barack Obama durchgebrachte Gesundheitsreform rückgängig machen will, liegen auf Platz 30.
Die Studie betrachtet auch die Entwicklung der Gesundheitssysteme seit 1990 und kommt zu dem Schluss, dass es in nahezu allen Ländern seitdem Verbesserungen gab. Allerdings fallen dadurch die Länder, die ihren Bürgern nicht einmal eine Grundversorgung bieten, noch weiter zurück. Dies sind vor allem Länder in Afrika und Ozeanien, wobei die Zentralafrikanische Republik Schlusslicht ist. „Trotz Verbesserungen in den vergangenen 25 Jahren bei der Qualität und dem Zugang zu Gesundheitsversorgung ist die Ungleichheit zwischen den besten und den schlechtesten gewachsen“, sagt Studienleiter Christopher Murray von der University of Washington in Seattle.
Gemessen am allgemeinen Wohlstand im Land gehören Indonesien, die Philippinen, Indien und Brunei zu den asiatischen Staaten mit der schlechtesten Gesundheitsversorgung. In Afrika sind dies Botsuana, Südafrika und Lesotho.