Neu-Ulmer Zeitung

Die Betrüger reden mit Engelszung­en

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allerdings mit Vorsicht zu genießen, von Entwarnung könne keine Rede sein: Denn erfasst werden in der Statistik der Polizei lediglich Fälle, bei denen der Tatort im Zuständigk­eitsbereic­h der Ermittler liegt – der Gesetzesbr­echer also vor Ort aktiv ist. Doch viele Betrüger agieren aus dem Ausland. „Die Dunkelziff­er ist hoch“, sagt Eckel.

Zugleich werden die Betrüger immer einfallsre­icher, ihre Maschen immer heimtückis­cher – gerade beim Onlinebank­ing. Dabei sei „ein stetiger Wettlauf“zwischen Anbietern und Kriminelle­n zu beobachten, sagt Eckel. Das Problem: Die Banken bemühten sich bei ihren Internetpo­rtalen und Überweisun­gsverfahre­n um einen Kompromiss zwischen einfacher Bedienung und Sicherheit. Die Täter hingegen arbeiten unermüdlic­h daran, neue Sicherheit­smechanism­en zu umgehen. Dabei setzen Betrüger längst nicht mehr allein auf technische Finessen – sondern zunehmend auch auf Überredung­skunst, das sogenannte Social Engineerin­g. Mit Engelszung­en sollen zum Beispiel die Mitarbeite­r von Banken dazu gebracht werden, ihre Sicherheit­svorschrif­ten zu missachten – um etwa ein Konto zu leeren, so Eckel. Konkret funktionie­re das so: Bei einem Angestellt­en eines Kreditinst­ituts klingelt das Telefon, der Anrufer gibt den Namen eines Kunden an und bittet, die hinterlegt­e Handynumme­r zu ändern oder eine Sicherheit­sfunktion abzuschalt­en.

In ähnlicher Form geschah das Anfang Mai in Pfaffenhof­en: Ein örtliches Kreditinst­itut erhielt ein Telefax, das angeblich von dem Inhaber einer Firma stammen sollte.

halte sich aktuell im Ausland auf und man solle aus geschäftli­chen Gründen 19 000 Euro auf ein kroatische­s Konto überweisen, ging aus dem Text hervor. Sogar eine Unterschri­ft befand sich auf dem Schreiben, das nach Angaben der Ermittler echt wirkte. Den Bankmitarb­eitern kamen trotzdem Zweifel und so kontaktier­ten sie das Unternehme­n. Das Fazit: Der Chef war nicht der Verfasser. Unbekannte hatten dessen Autogramm gefälscht, um an das Geld zu kommen. Die Überweisun­g wurde nicht getätigt – ein Schaden entstand der Firma nicht. Die Polizei ermittelt gegen den Inhaber des Kontos.

Mit dieser als „Cheftrick“(oder: CEO-Frauds) bekannten Masche

wenden sich Kriminelle längst nicht nur an Banken, auch Unternehme­n werden gezielt angegangen: So ging im Frühjahr eine nicht alltäglich­e E-Mail bei einer Firma im nördlichen Landkreis Neu-Ulm ein. Sie enthielt die Anweisung an einen Mitarbeite­r, 50 000 Euro auf ein Konto zu überweisen. Der Grund: angeblich dringende Geschäfte. Der Angeschrie­bene kam der Bitte zunächst nach, wurde dann aber stutzig und verständig­te die Polizei. Über das zuständige Kreditinst­itut konnten die Ermittler Kontakt mit der Landesbank aufnehmen, welche die Überweisun­g ins Ausland noch stoppen konnte. Der unbekannte Täter stammt wohl aus Ungarn, hieß es. In den Landkreise­n NeuEr

Ulm und Günzburg sowie im Allgäu ereigneten sich mehrere solcher Fälle.

Hinter den Attacken steckt viel kriminelle Energie: Die Täter spähen ihre Opfer regelrecht aus, um den Coup vorzuberei­ten. Sie dringen in den E-Mail-Server einer Firma ein und sehen sich die Nachrichte­n an – mitunter mehrere Monate lang. So versuchen sie herauszufi­nden, wer im Betrieb für die Finanzen zuständig ist und welchen Tonfall welcher Mitarbeite­r im Schriftver­kehr anschlägt. Also ob der Chef seine Beschäftig­en duzt oder siezt.

Auch Phishing-E-Mails werden immer profession­eller gestaltet, sagt Polizeispr­echer Eckel. Während diese Nachrichte­n, die meist Links

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