Hehler bricht sein Schweigen
Der 72-Jährige gibt zu, kiloweise Diebesgut bei sich versteckt zu haben. Er erklärt, wie aus einem Freundschaftsdienst ein Verbrechen wurde
Mit Spannung war beim Landgericht Memmingen der vierte Tag im HehlereiProzess gegen einen 72-jährigen Gastwirt aus dem Landkreis erwartet worden, nachdem der Richter zum Ende des vergangenen Verhandlungstermins angedeutet hatte, dass nur noch ein Geständnis den Angeklagten vor der Haft retten könne (wir berichteten). Am Mittwochmorgen trug nun Verteidiger Mihael Milosevic im Auftrag seines Mandanten ein Geständnis vor. Danach ging alles ganz schnell: Das Urteil lautete auf ein Jahr und zehn Monate mit Bewährung.
Er habe, so hatte der Angeklagte eingangs mitteilen lassen, mehreren Landsleuten gelegentlich bei diversen Behördenangelegenheiten geholfen und diese hätten dabei mitbekommen, dass er seit mehr als dreißig Jahren Münzsammler ist. Deshalb hätten sie ihn überredet, Schmuck, Uhren und Münzen bei ihm zu verstecken. Die Beute stammte laut den Beweisen, die eine eigens gebildete polizeiliche Ermittlungsgruppe präsentiert hatte, aus einer Einbruchsserie, die über ein Jahr gedauert hatte. Die Liste der Tatorte reichte von Stuttgart über die Ulm/Neu-Ulmer Gegend bis nach Diedorf bei Augsburg. Der Angeklagte ließ seinen Verteidiger auch zugeben, seit vielen Jahren unerlaubterweise eine Pistole mit Munition besessen zu haben, die die Polizei bei ihm anlässlich der Suche nach Diebesgut gefunden hatte.
Der ansonsten völlig unbescholtene und fleißig arbeitende Gastwirt schäme sich abgrundtief, versicherte sein Verteidiger. Nach dem Geständnis konnten die Vorwürfe des „banden-„ und „gewerbsmäßigen“Handelns vom Gericht zurückgenommen werden, da dem Angeklagten mehr, denn die bis dahin bereits vorgelegten Beweise reichten ihm völlig aus. Zwei Schreiben eines Ulmer Pfandhauses und eines Neu-Ulmer Juweliers bestätigten darüber hinaus, dass der Angeklagte seit gut dreißig Jahren als Münzsammler aktiv sei.
Die Staatsanwältin plädierte angesichts des Geständnisses auf zwei Jahre mit Bewährung. Verteidiger Milosevic, der vom Vorsitzenden Richter Jürgen Hasler das wohl seltene Lob zu hören bekam, dass er den Angeklagten „sehr gut anwaltlich beraten“habe, bat in seinem Abschlussvortrag um eine „bewährungsfähige“Strafe, deren Höhe er ins Ermessen des Gerichtes stellte.
Das Urteil lautete schließlich ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung wegen Hehlerei und unerlaubten Waffenbesitzes. Darüber muss der Angeklagten tausend Euro an den Förderverein Bewährungshilfe zahlen sowie die sicherlich nicht geringen Verfahrenskosten. Gerade der Besitz einer „Ceska“-Pistole hatte – vom Angeklagten vermutlich unerwartet – großen Einfluss auf den Verfahrensgang und das Urteil. Allein dafür wäre, so Richter Hasler, eine Haftstrafe unausweichlich gewesen. „Ohne Geständnis hätten wir Sie eingesperrt“versicherte er dem 72-Jährigen, wie er es bereits angedeutet hatte.
Dass sich der Angeklagte bisher tadellos geführt, seine Familie versorgt und sein Leben lang gearbeitet hatte, wurde ihm zugutegehalten. Andererseits, so Hasler in der Urteilsbegründung, sei es um so tragischer, dass er sich im fortgeschrittenen Alter zu solch einem Fehler habe hinreißen lassen. Obwohl er als Sammler wissen müsse, „wie weh es tut, eine Sammlung zu verlieren“und Einbrüche „abscheuliche Straftaten“seien, habe er sich nicht einmal die erste Hausdurchsuchung als Warnung dienen lassen, sondern habe danach nochmals neues Diebesgut bei sich aufbewahrt.
Die umfangreichen polizeilichen Ermittlungen sowie die Aussagen von V-Leuten und die Telefonüberwachung, deren Protokolle verlesen worden waren, hätten zusammen mit den eindeutigen Zeugenaussagen der Einbruchsopfer die Schuld des Angeklagten klar bewiesen. Deshalb könne nun, führte Richter Hasler weiter aus, den Geschädigten endlich ihr Eigentum zurückgegeben werden, worauf diese teilweise mehrere Jahre hatten warten müssen. Das Urteil ist rechtskräftig, alle Parteien erklärten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Somit wurde die mehr als drei Jahre andauernde Ermittlungsarbeit und die darauf folgenden Gerichtsverfahren von Erfolg gekrönt.