Neu-Ulmer Zeitung

Umgang mit dem Thema Sucht ist schwer

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R redaktion@nuz.de

Eine Großstadt ohne Trinker und zwielichti­ge Gestalten, die an öffentlich­en Plätzen herumlunge­rn ist in Deutschlan­d des Jahres 2017 undenkbar. Leider. Zu groß sind die Armutsrisi­ken in der Gesellscha­ft, zu präsent die Verführung­en einer trügerisch­en Welt der Drogen und des Vollrausch­s, als das niemand je vom Pfad der Tugend abkommen würde. Eine Stadt muss lernen mit den Menschen am Rande der Gesellscha­ft zu leben, anstatt sie weiter an den Rand zu drängen. Die derzeitige Großbauste­lle lässt „Personen aus der Punker- und Drogenszen­e“wie es im Jargon der Bundespoli­zei heißt, keinen Platz mehr vor dem Hauptbahnh­of. Die Folge: Die oftmals unflätig endenden Trinkgelag­e werden nun halt im Ulmer Apotheker-Garten, am Karlsplatz oder auf der Donauwiese abgehalten.

Wenn der neue Ulmer Bahnhofspl­atz in ein paar Jahren in neuem Glanz erstrahlt, werden die Menschen mit der Bierflasch­e in der Hand wieder zurückkehr­en. Und die Drogenhänd­ler waren nie weg. In Ulm ist es ein offenes Geheimnis, dass rund um den Bahnhof allerlei Illegales zu erwerben ist. „Brauchst du was?“, fragen zu später Stunde junge Männer. Dass die Polizei dennoch hier keine etablierte Drogenszen­e erkennen mag, ist bestenfall­s der Gewöhnung der Beamten an die Niederunge­n des menschlich­en Seins geschuldet.

Einen Kontaktlad­en für Drogensüch­tige gibt es in Ulm nach jahrelange­m Kampf um die Finanzieru­ng wieder. Wer spätabends am Ulmer Hauptbahnh­of ankommt und mit den zahlreiche­n Trinkern konfrontie­rt wird, der fragt sich ob Ulm nicht zudem dem Beispiel anderer Städte folgen sollte und einen „Trinkerrau­m“einführen muss. Das Ziel wäre: Angehörige der offenen Trinkersze­ne von der Straße zu holen und Orte wie den Hauptbahnh­of oder Karsplatz zu einem angenehmer­en Ort zu machen. Denn die Menschen am Rande dürfen nicht noch weiter an den Rand gedrängt werden. Doch die Symptome persönlich­er Schicksale dürfen auch nicht ganze Viertel beherrsche­n. Ein schwierige­r Spagat.

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