NSU: Angehörige der Opfer klagen
Mehrere Familienmitglieder wollen Schadenersatz – weil der Staat die Täter hätte festnehmen können, es aber nicht getan hat.
Während sich der NSUProzess in München nach vier Jahren langsam dem Ende nähert, wird in Nürnberg ein zweites Verfahren im Zusammenhang mit der rassistisch motivierten Mordserie vorbereitet. Zwei Familien haben den Staat auf Schadenersatz verklagt – Angehörige der beiden NSU-Mordopfer Enver Simsek und Ismail Yasar, die mutmaßlich beide in Nürnberg von den Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurden.
Einer der Kläger ist Abdulkerim Simsek. Er war noch ein Kind, als sein Vater am 9. September 2000 ermordet wurde. Ein Bild habe sich seitdem in seinem Gedächtnis festgesetzt: „Wie mein Vater schwer verletzt auf der Intensivstation im Krankenhaus lag, mit den Schussverletzungen“, schildert er. „Wie uns gesagt hat, dass er sterben wird.“Schon zu Jahresbeginn hat Simsek gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester vor dem Landgericht Nürnberg die Klage gegen den Staat eingereicht, genauer: gegen den Freistaat Bayern, den Freistaat Thüringen und die Bundesrepublik Deutschland. Es geht um 50000 Euro für jedes Familienmitglied. Dasselbe fordert die Familie Yasar. Das Nürnberger Gericht bestätigt, dass beide Klagen „anhängig“sind. „Erst haben Nazis unser Leben zerstört, weil der Staat uns nicht schützen konnte oder wollte“, begründet Simsek seinen Schritt. „Und dann hat uns der Staat noch einmal verraten“, sagt er und meint damit die Polizisten, die seine Familie verdächtigten und seiner Mutter vorgaukelten, sein Vater habe ein Doppelleben mit einer Geliebten geführt – frei erfunden, wie sich herausstellte und inzwischen im Aktenbestand des Münchner NSUProzesses nachzulesen ist.
Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, der beide Familien vertritt, wirft in den Klageschriften staatlichen Stellen vor, sie hätten das untergetauchte NSU-Trio – Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe – im Jahr 1998, spätestens aber 2000 verhaften können. Das hätten die Behörden aber versäumt. Außerdem habe der Staat mehrere hunderttausend Euro an V-Leute ausbezahlt, die mit dem Geld die Terroristen unterstützt hätten. Nach den Morden hätten die Ermittler die Opferfamilien oder deren Umfeld verdächtigt. „Unsere Klage stützt sich auf die Erkenntnisse zahlreicher Untersuchungen, etwa von parlamentarischen Untersuchungsausman schüssen, und natürlich auch aus der Beweisaufnahme im NSU-Prozess“, sagt Daimagüler.
Die Klagen der Familien Simsek und Yasar werden wohl nicht die einzigen bleiben. Auch ein Angehöriger des in Rostock von Mundlos und Böhnhardt ermordeten Mehmet Turgut hat seinen Anwalt Bernd Behnke mit einer Klage beauftragt. Behnke sagte, er warte zunächst das Ende des NSU-Prozesses ab. Eine Amtshaftungsklage vor einem deutschen Gericht schätzt er als „sehr schwierig“ein. „Aber“, so Behnke, „es gibt auch die Möglichkeit, vor ein ausländisches Gericht zu ziehen und dort den deutschen Staat zu verklagen.“Er denke dabei an ein türkisches Gericht. Auch Daimagüler plant weiter: „Wir werden notfalls alle Instanzen ausschöpfen.“
Bundesverkehrsminister Dobrindt und CSU-Chef Seehofer lehnen pauschale Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Großstädten ab. „Klar ist, dass wir pauschale Fahrverbote für den falschen politischen Ansatz halten“, sagte Dobrindt am Sonntagabend in München. Zuvor hatte er auf Einladung von Bayerns Ministerpräsident Seehofer an einer Sondersitzung der zuständigen Fachminister der Staatsregierung in der Staatskanzlei teilgenommen.
Fahrverbote seien neue Maßnahmenbündel zur kurz-, mittel- und langfristigen Verbesserung der Luftqualität immer vorzuziehen, so Dobrindt. „Es ist etwa notwendig, dass die Fahrzeuge, die sich ständig in der Stadt aufhalten, als Erstes deutlich optimiert werden.“Dies gelte etwa für den öffentlichen Personennahverkehr und den Einsatz von Elektrobussen.
Seehofer meinte dazu: „Mein Ziel ist es immer, bei Umweltverschmutzungen möglichst die Verursachung zu verhindern.“Dies sei besser, als über Fahrverbote entstandene Verschmutzungen zu kompensieren. Die Autoindustrie sei gefordert, neue Möglichkeiten aufzuzeigen, wie es auch einst beim Katalysator der Fall gewesen sei. Generell müsse in Deutschland die Elektromobilität weiter gefördert und verbessert werden, ergänzte Dobrindt. Auch verbesserte Parkand-ride-Angebote und Carsharing würden helfen, die Luft in der Stadt zu verbessern. Die Politik müsse zudem mit der Autoindustrie in Kontakt bleiben, um Stickoxid-Emissionen weiter zu senken.
In München hatte zuletzt Oberbürgermeister Reiter (SPD) ein generelles Fahrverbot für Diesel in der Stadt in die Diskussion gebracht. Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs muss Bayern noch 2017 Pläne für Dieselverbote in der Landeshauptstadt vorlegen.
In der Diskussion um den Bau der dritten Startbahn für den Münchner Flughafen hält die Staatsregierung an ihrer Forderung nach Errichtung fest. „Ohne einen Bau wird es für den Flughafen ab 2020 nur noch gedämpftes Wachstum geben. Die dritte Startbahn entscheidet nicht nur über das Wachstum, sondern ob der Flughafen und Bayern als Wirtschaftsstandort in den Sinkflug gehen“, so Finanz- und Heimatminister Söder.