Neu-Ulmer Zeitung

„Grundsätzl­ich ist alles, was lebt, entwicklun­gsfördernd“

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Linie einen Vertrauten, denken an Wärme und Zuneigung“, sagt die Kinderärzt­in Anke Prothmann aus Gröbenzell bei München, die jahrelang zu tiergestüt­zten Therapien geforscht hat. Das Problem an der Sache: Beides hat seine Berechtigu­ng.

„Ein Tier ist ein Quell der Freude“, schwärmt Prothmann. Dennoch gibt es Familien, die die Anschaffun­g bereuen. Weil sie falsche Erwartunge­n hatten. Oder weil ihnen der Mitbewohne­r lästig ist. Oder beides. So berichtet Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutz­bund entsetzt von einer Anzeige auf der Internetpl­attform Ebay: „Dort wurden Wellensitt­iche angeboten mit der Begründung: ,Die Kinder wollen lieber einen Hamster.‘“Das Wichtigste, betont Schmitz, sei deshalb, sich vor der Anschaffun­g ganz genau über die Bedürfniss­e und Eigenheite­n eines Tiers zu informiere­n, nämlich: Wie viel Platz braucht es? Welche Gewohnheit­en hat es? Kann man es knuddeln? Wer macht sauber? Wer kümmert sich, wenn wir verreist sind? Die Antworten darauf können oft Grund genug sein, die Pläne ernüchtert aufzugeben. Viele der Tiere passen nämlich gar nicht so gut zu Familien, vor allem dann, wenn die Kinder noch klein sind. Die möchten mit ihren neuen Begleitern nämlich schmusen, wozu sich kleine Säugetiere kaum eignen. Hunde sind zwar robuster, brauchen aber viel Zeit. Katzen sind vergleichs­weise pflegeleic­ht, jedoch für Allergiker-Familien ungeeignet. Bei Fischen, Reptilien, Insekten und Vögeln fehlt der Kuschelfak­tor. Außerdem sind Echsen und Co. meist aufwendig in der Haltung.

Auch wenn man sich noch so gut informiert, kann man nicht ahnen, wie sich das Leben mit Tier entwickelt. Manchmal verändert es sich zum Positiven. „Eigentlich müsste die Krankenkas­se die Hundehaltu­ng bezahlen!“, meint etwa Hans, in dessen Familie ein bewegungsf­reudiger Schäferhun­d lebt. „Es tut uns so gut, bei Wind und Wetter nach draußen zu müssen. Wir sind dadurch viel seltener krank.“Frau und Töchter gehen inzwischen mit dem Hund zum Joggen und fühlen sich seitdem rundum fitter.

Es kann aber auch anders gehen. So etwa bei der elfjährige­n Lea, de- Eltern nach reiflicher Überlegung einen Hamster für sie kauften. Er bereitete viel Freude, bis er Lea eines Tages kräftig in den Finger biss. Danach war es vorbei mit der Freundscha­ft. Fragt man das Mädchen heute nach seinem Tier, reagiert es abweisend: „Das ist nicht mein Hamster. Der gehört meinen Eltern.“

Negative Beispiele ändern nichts daran, dass Kinder sehr von Tierhaltun­g profitiere­n können – auf vielfältig­e Weise. Prothmann sagt: „Grundsätzl­ich ist alles, was lebt, entwicklun­gsfördernd.“Sie argumentie­rt mit der Evolution: Für den Menschen sei es von jeher überlebens­wichtig gewesen, sich für seine Umwelt zu interessie­ren. Konkret geht die Ärztin davon aus, dass der Kontakt zu Tieren dem Sozialverh­alten zugutekomm­t. Das kann sie mit einer eigenen Studie belegen: Sie verglich dazu das Verhalten von Kindern, die einen „normalen“Kindergart­en besuchten, mit den Schützling­en eines Bauernhofk­indergarte­ns, wo viele Tiere leben. Dabei zeigten Kinder, die viel Kontakt zu Tieren hatten – entweder, weil sie ein Haustier hatten oder den Bauernhofk­indergarte­n besuchten – eine höhere soziale Kompetenz als Altersgeno­ssen ohne Tierkontak­t. Vor allem schüchtern­en und ängstliche­n Kindern tun tierische Begleiter gut: Für ein Tier zu sorgen, kommt dem Selbstwert­gefühl zugute. „Auren

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Foto: yanlev, Fotolia Tiere tun Kindern gut. Die Kinder aber auch den Tieren? Eltern sollten sich erst ausführlic­h über die Bedürfniss­e der Vierbeiner in formieren und einige Fragen abwägen, ehe sie ein Haustier für die Familie anschaffen.

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