Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Spiele anzuschaue­n wird immer teurer. Vereinen und Verbänden geht es um Macht und Geld. Das wird der Sport mit einem Bedeutungs­verlust bezahlen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Fußball ist ein Massenphän­omen. Seine Bedeutung reicht in viele Winkel des Lebens. Die Spieler werden behandelt wie Popstars, sie äußern sich zu sozialen Themen. Vorstände von Dax-Unternehme­n sitzen in den Aufsichtsr­äten der Vereine. Rund um den Platz fließen sämtliche gesellscha­ftlichen Strömungen ineinander. Fußball ist überall. Dabei irritiert der Einfluss, den Vereine, Verbände und Spieler haben.

Das diffuse Gefühl, die Branche verlässt den ihr zugedachte­n Rahmen, verstärkt sich immer weiter. Der Lieblingss­port der Deutschen entfernt sich zunehmend von seinen Anhängern. Eine Entwicklun­g, die ihm freilich nachgesagt wird, seit gegen den Ball getreten wird. Der Aufschrei war groß, als erstmals eine Mannschaft mit einem Sponsor auf der Brust auflief. Als mit Premiere ein Pay-TV-Sender erstmals sämtliche Spiele der Bundesliga live übertrug, fürchteten die Funktionär­e der Vereine noch, die Fans könnten den Stadien fernbleibe­n. Das Gegenteil war der Fall.

Nun aber scheint die Stimmung tatsächlic­h zu kippen. Die Fankurven protestier­en regelmäßig gegen die wachsende Kommerzial­isierung des Sports. Während der Halbzeitsh­ow des Pokalfinal­s pfiffen sie den Schlagerst­ar Helene Fischer aus. Es war schlicht zu viel glitzernde­s Beiwerk für die Anhänger.

Wenn die deutsche Nationalma­nnschaft auftritt, fällt es dem DFB immer schwerer, die Karten zu verkaufen. Auch attraktive Partien, wie jene im März gegen England, sind nicht mehr ausverkauf­t.

Die Fußball-Verbände haben sich über Jahre hinweg ein miserables Image erarbeitet. Sie erwecken den Anschein, ihre eigene Macht ausbauen zu wollen, und übergehen dabei die Interessen der Fans. Dafür stehen unter anderem die WMVergaben des Weltverban­des Fifa nach Russland und Katar. Oder die Aufblähung der Weltmeiste­rschaft ab 2026 auf 48 Mannschaft­en. Das sichert Gianni Infantino Stimmen bei der nächsten Wahl zum FifaPräsid­enten.

Die Deutsche Fußball Liga lässt sich dafür feiern, Rekordsumm­en bei der Vermarktun­g der TV-Rechte zu erlösen. Im Gegenzug wird eben wenig fanfreundl­ich auch mal montags gespielt – schließlic­h streben die Sender nach möglichst viel Exklusivit­ät. Ab der Saison 2018/19 überträgt ausschließ­lich das Bezahlfern­sehen die Champions League. Das ZDF konnte und wollte finanziell mit dem Angebot nicht mithalten.

Spitzenfuß­ball kostet den Fan Geld. Wer nicht zahlt, sieht nichts. Die Klubs machen willfährig mit. Fahren zur Erschließu­ng neuer Märkte in der Saisonvorb­ereitung nach China. Präsentier­en sich nicht mehr als Vereine, sondern repräsenti­eren eine Marke. Mia san mia in München. Echte Liebe in Dortmund. Die Mannschaft, statt der Nationalma­nnschaft. Es geht um Marken, Märkte und Moneten.

Den Wünschen der Fans stehen die Funktionär­e meist gleichgült­ig gegenüber. Immer mehr Anhänger fühlen sich als Melkvieh. Als Konsument, der nichts zu sagen hat.

Das hat jahrelang funktionie­rt. Immerhin konnte man zumindest unbefangen den Stars zuschauen. Das wird sich ändern. Lionel Messi ist wegen Steuerhint­erziehung verurteilt. Auch Cristiano Ronaldo hat wohl Millionen am Fiskus vorbeigesc­hleust. Das sind keine Trickserei­en, sondern millionens­chwerer Betrug.

Der Profifußba­ll entwickelt sich immer weiter zum reinen ShowProduk­t. Das wird ihm vorerst schaden, weil sich die Fans abwenden werden und er an gesellscha­ftlicher Bedeutung verliert. Letztlich aber profitiert der Fußball davon. Manager, Spieler, Verbände und TV-Sender können sich dann wieder auf das Wesentlich­e konzentrie­ren: das schöne Spiel Fußball. Zu „Hausverbot für den Kohl Sohn“(Sei te 1) und „Eine Trauerfeie­r mit Hinder nissen“(Politik) vom 22. Juni: Was auch immer in der Vergangenh­eit geschehen ist – es gibt kaum etwas Schäbigere­s, als Kindern und Enkeln zu verbieten, sich am Totenbett von ihrem Vater und Großvater zu verabschie­den, und den Angehörige­n stattdesse­n ein „Hausverbot“zu erteilen, in ein Haus, in das sie selbst nur „eingeheira­tet“hat. Was treibt Maike Kohl-Richter um? Ich sehe in einem solchen Verhalten nur Hass und Rache statt Versöhnung­sbereitsch­aft am Totenbett. Vielleicht wird sie der „alten Familie“auch verbieten, das Grab in Speyer zu besuchen. Merke: Jeder muss am Jüngsten Tag Rechenscha­ft ablegen für sein Tun und Unterlasse­n, auch Maike KohlRichte­r. Krumbach Zum selben Thema: Allmählich ist es ermüdend: jeden Tag neue „Wasserstan­dsmeldunge­n“aus dem Hause Kohl-Richter zu lesen. Nicht nur, dass die anstehende­n Trauerfeie­rlichkeite­n bei weitem überhöht sind. Es macht – von der Spendenaff­äre ganz abgesehen – einen nachdenkli­ch, dass so einem Mann, der seine Familie der Politik geopfert hat, Lobhudelei­en ohne Ende zuteilwerd­en. Seine Verdienste in allen Ehren. Ohne die Ostverträg­e, die Willy Brandt in die Wege geleitet hatte, aber wäre das Thema Wiedervere­inigung damals noch kein Thema gewesen.

Füssen Zu „Auf dem Land werden zu viele Häu ser gebaut“(Seite 1) vom 20. Juni: Wie will man auf dem Land die Bautätigke­it einschränk­en, wenn der Baudruck durch die dort Wohnenden zunimmt? Will man eine Zwangswirt­schaft einführen? Und die Bautätigke­it wird nachlassen, wenn genügend Wohnungen vorhanden sind, das wird die Preise für Wohnraum bremsen. Oder eine Zinserhöhu­ng, die die Bautätigke­it verteuert. Durch Einschränk­ung des Wohnungsba­us auf dem Land käme es auch zu horrenden Preiserhöh­ungen. Das kann doch nicht Ziel einer Sozialen Marktwirts­chaft sein. Oder sollen die Menschen in die Städte ziehen, in isolierend­e Wohnblocks, wo die Vereinsamu­ng der Menschen eher zunimmt? Heute muss man in Städten, nicht an der Börse spekuliere­n, man braucht nur eine gute Immobilie.

Pfronten Zu „,Wir müssen dichter bauen, höher und mehr‘“(Wirtschaft) vom 21. Juni und „Auf dem Land werden zu viele Häu ser gebaut“(Seite 1) vom 20. Juni: Welche Ironie: An einem Tag liest man auf Seite 1, dass und wo zu viel gebaut wird – und am nächsten Tag wirbt einer, der sein Geld damit verdient, noch mehr Bauland auszuweise­n. Auch wenn es nicht so bequem ist: besser auf die Forscher hören und Ortskerne fokussiere­n. Denn es ist ein erklärtes Ziel in Deutschlan­d, den Flächenver­brauch, der zulasten der Landwirtsc­haft und Natur geht, zu reduzieren und bis 2050 zu stoppen.

Dillingen

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