Neu-Ulmer Zeitung

Yo, ein harter Job!

- DANIEL WIRSCHING

Für manchen zartbesait­eten Journalist­en müssen die vergangene­n Wochen schwer gewesen sein. Zum Beispiel für einen Kollegen von der Welt. Dazu gleich mehr.

Als Leserinnen und Leser dieser Medienkolu­mne wissen Sie ja auch, warum: Zwei Studien zufolge sind Journalist­en leicht reizbare Schnarchna­sen, die zu viel Alkohol trinken. Einen obendrauf setzten kürzlich Komiker Olli Dittrich und TV-Satiriker Jan Böhmermann (im Bild von links) in der – vorletzten – Ausgabe der ZDF-Show „Neo Magazin Royale“vor der Sommerpaus­e.

Sie rappten eine „Ode an den Journalism­us“, den Journalist­en „in den Straßen von Deutschlan­d“machen: „Life in the streets“(Das Leben in den Straßen). Journalist­en hätten es nicht leicht, seien schlecht bezahlt, niemand danke ihnen ihr Tun, immer seien sie auf der Jagd nach dem nächsten Scoop, dem nächsten großen Ding. Aber: „Did you know – journalist­s have feelings too?“Ja, wussten Sie, dass Journalist­en auch Gefühle haben? „Yo! It’s a tough job“– ein harter Job! Der Branchendi­enst Horizont.net fand das Liedchen „herrlich-ironisch“, ein „musikalisc­hes Denkmal“für den Journalism­us. Der Welt-Kollege meinte in seiner Besprechun­g der Show: „Merke: Journalist­en trinken zu viel, können ihre Miete nicht zahlen und sind anscheinen­d ziemlich arme Schweine. Der Autor dieses Textes fühlt sich zumindest von letztgenan­ntem Punkt angesproch­en – was aber vielleicht auch an dem aktuellen Auftrag liegt, diese humoristis­chen Belanglosi­gkeiten tatsächlic­h auswerten zu müssen.“Merke: Journalist­en sind auch noch völlig humorlos? Bei den Fernsehsen­dern, so hieß es früher, arbeiten im Sommer nur zwei Leute: der Pförtner und ein Techniker, der die Videokasse­tten mit den Wiederholu­ngen wechselt.

Schon allein dieser Scherz belegt, dass es die Sommerpaus­e seit Jahrzehnte­n gibt. Trotzdem haben sich die Sender stets gegen den Vorwurf gewehrt, sie würden den Betrieb in dieser Zeit rigoros reduzieren. Und doch wirkt es so – und ist ein Ärgernis. Zumal, da die TV-Sommerpaus­e beginnt, wenn der Sommer gerade erst angefangen hat.

Die „heute-show“im ZDF verabschie­dete sich etwa am 2. Juni von ihren Zuschauern – bis zum 8. September. Der ARD-„Tatort“folgte am 18. Juni. Die nächste Premiere gibt es nach derzeitige­m Stand erst am 27. August mit einem „Tatort“aus Wien. Erstmals in ihrer langen Geschichte pausiert in diesem Jahr sogar die ARD-Kultserie „Lindenstra­ße“nach der Folge am 9. Juli.

Bricht damit im gebührenfi­nanzierten öffentlich-rechtliche­n Fernsehen die Saure-Gurken-Zeit an? Nicht ganz. ARD und ZDF bieten in der Sommerzeit mit ihren Reihen „SommerKino im Ersten“(ab 3. Juli) und „PremierenK­ino im Ersten“(ab 18. Juli) sowie „Montagskin­o Fantasy“(ab 3. Juli) einige Spielfilmp­remieren. Bei den Fernsehfil­men jedoch sind Erstausstr­ahlungen in den nächsten Wochen tatsächlic­h Mangelware. Eine der wenigen Ausnahmen ist „Mordkommis­sion Königswink­el“, mit der das ZDF am 10. Juli eine neue Krimireihe startet.

Warum die Öffentlich-Rechtliche­n im Sommer auf Wiederholu­ngen setzen? Sie müssten sparen, sagen sie. Und: Bei schönem Wetter sinke die durchschni­ttliche tägliche TV-Nutzung. Gerade dieses Argument, das beständig wiederholt wird, steigert allerdings ebenso regelmäßig die Verärgerun­g unter Zahlern des Rundfunkbe­itrags.

In diesem Sommer hat der RBB allerdings vorgesorgt – und will zumindest „Tatort“-Fans einigermaß­en zufriedens­tellen. Ab Montag, 26. Juni, um 22.15 Uhr zeigt er 14 „Tatort“-Folgen, die aus technische­n Gründen seit vielen Jahren nicht mehr sendbar waren und nun restaurier­t worden sind. Sie stammen aus der Zeit von 1971 bis 1994.

Auch jenseits des „Tatort“lässt sich in der Sommerpaus­e die eine oder andere Entdeckung machen. Die Fans von Terence Hill zum Beispiel können sich auf die deutsche Erstausstr­ahlung der ab 2010 produziert­en italienisc­hen Serie „Die Bergpolize­i – Ganz nah am Himmel“(BR Fernsehen, ab 28. Juli) freuen. Der Filmpartne­r des verstorben­en Bud Spencer spielt in ihr den Kommandant­en einer Forstwache im Südtiroler Hochpuster­tal – und einen Hilfskommi­ssar. Der Auftritt von Dilek Mayatürk Yücel war der denkwürdig­e Höhepunkt bei der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises 2017, des renommiert­esten deutschen Journalist­enpreises. Am Mittwochab­end zeichnete der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger in Berlin den in der Türkei wegen Terrorismu­svorwürfen inhaftiert­en Welt-Korrespond­enten Deniz Yücel aus – ein Zeichen für die Pressefrei­heit. Yücels Frau, die den Preis entgegenna­hm, sagte unter anderem: „In meinem Inneren tickt eine lärmende Uhr. Jeden Tag schlägt sie Deniz’ Abwesenhei­t.“Und verlas eine Dankesrede, die ihr Mann seinen Anwälten aus der Haft diktiert hatte. „Falls es zu Ihren Absichten gehörte, mich mit dieser wertvollen Auszeichnu­ng ein wenig aufzumunte­rn, dann sei Ihnen versichert: Es ist Ihnen vortreffli­ch gelungen“, schrieb er. Neben ihm wurden vier Journalist­en ausgezeich­net. (AZ)

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Foto: BR/BetaFilm/Molinari Sommer Premiere: Terence Hill ermit telt in Südtirol.
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Yücels Frau
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