Yo, ein harter Job!
Für manchen zartbesaiteten Journalisten müssen die vergangenen Wochen schwer gewesen sein. Zum Beispiel für einen Kollegen von der Welt. Dazu gleich mehr.
Als Leserinnen und Leser dieser Medienkolumne wissen Sie ja auch, warum: Zwei Studien zufolge sind Journalisten leicht reizbare Schnarchnasen, die zu viel Alkohol trinken. Einen obendrauf setzten kürzlich Komiker Olli Dittrich und TV-Satiriker Jan Böhmermann (im Bild von links) in der – vorletzten – Ausgabe der ZDF-Show „Neo Magazin Royale“vor der Sommerpause.
Sie rappten eine „Ode an den Journalismus“, den Journalisten „in den Straßen von Deutschland“machen: „Life in the streets“(Das Leben in den Straßen). Journalisten hätten es nicht leicht, seien schlecht bezahlt, niemand danke ihnen ihr Tun, immer seien sie auf der Jagd nach dem nächsten Scoop, dem nächsten großen Ding. Aber: „Did you know – journalists have feelings too?“Ja, wussten Sie, dass Journalisten auch Gefühle haben? „Yo! It’s a tough job“– ein harter Job! Der Branchendienst Horizont.net fand das Liedchen „herrlich-ironisch“, ein „musikalisches Denkmal“für den Journalismus. Der Welt-Kollege meinte in seiner Besprechung der Show: „Merke: Journalisten trinken zu viel, können ihre Miete nicht zahlen und sind anscheinend ziemlich arme Schweine. Der Autor dieses Textes fühlt sich zumindest von letztgenanntem Punkt angesprochen – was aber vielleicht auch an dem aktuellen Auftrag liegt, diese humoristischen Belanglosigkeiten tatsächlich auswerten zu müssen.“Merke: Journalisten sind auch noch völlig humorlos? Bei den Fernsehsendern, so hieß es früher, arbeiten im Sommer nur zwei Leute: der Pförtner und ein Techniker, der die Videokassetten mit den Wiederholungen wechselt.
Schon allein dieser Scherz belegt, dass es die Sommerpause seit Jahrzehnten gibt. Trotzdem haben sich die Sender stets gegen den Vorwurf gewehrt, sie würden den Betrieb in dieser Zeit rigoros reduzieren. Und doch wirkt es so – und ist ein Ärgernis. Zumal, da die TV-Sommerpause beginnt, wenn der Sommer gerade erst angefangen hat.
Die „heute-show“im ZDF verabschiedete sich etwa am 2. Juni von ihren Zuschauern – bis zum 8. September. Der ARD-„Tatort“folgte am 18. Juni. Die nächste Premiere gibt es nach derzeitigem Stand erst am 27. August mit einem „Tatort“aus Wien. Erstmals in ihrer langen Geschichte pausiert in diesem Jahr sogar die ARD-Kultserie „Lindenstraße“nach der Folge am 9. Juli.
Bricht damit im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen die Saure-Gurken-Zeit an? Nicht ganz. ARD und ZDF bieten in der Sommerzeit mit ihren Reihen „SommerKino im Ersten“(ab 3. Juli) und „PremierenKino im Ersten“(ab 18. Juli) sowie „Montagskino Fantasy“(ab 3. Juli) einige Spielfilmpremieren. Bei den Fernsehfilmen jedoch sind Erstausstrahlungen in den nächsten Wochen tatsächlich Mangelware. Eine der wenigen Ausnahmen ist „Mordkommission Königswinkel“, mit der das ZDF am 10. Juli eine neue Krimireihe startet.
Warum die Öffentlich-Rechtlichen im Sommer auf Wiederholungen setzen? Sie müssten sparen, sagen sie. Und: Bei schönem Wetter sinke die durchschnittliche tägliche TV-Nutzung. Gerade dieses Argument, das beständig wiederholt wird, steigert allerdings ebenso regelmäßig die Verärgerung unter Zahlern des Rundfunkbeitrags.
In diesem Sommer hat der RBB allerdings vorgesorgt – und will zumindest „Tatort“-Fans einigermaßen zufriedenstellen. Ab Montag, 26. Juni, um 22.15 Uhr zeigt er 14 „Tatort“-Folgen, die aus technischen Gründen seit vielen Jahren nicht mehr sendbar waren und nun restauriert worden sind. Sie stammen aus der Zeit von 1971 bis 1994.
Auch jenseits des „Tatort“lässt sich in der Sommerpause die eine oder andere Entdeckung machen. Die Fans von Terence Hill zum Beispiel können sich auf die deutsche Erstausstrahlung der ab 2010 produzierten italienischen Serie „Die Bergpolizei – Ganz nah am Himmel“(BR Fernsehen, ab 28. Juli) freuen. Der Filmpartner des verstorbenen Bud Spencer spielt in ihr den Kommandanten einer Forstwache im Südtiroler Hochpustertal – und einen Hilfskommissar. Der Auftritt von Dilek Mayatürk Yücel war der denkwürdige Höhepunkt bei der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises 2017, des renommiertesten deutschen Journalistenpreises. Am Mittwochabend zeichnete der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger in Berlin den in der Türkei wegen Terrorismusvorwürfen inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel aus – ein Zeichen für die Pressefreiheit. Yücels Frau, die den Preis entgegennahm, sagte unter anderem: „In meinem Inneren tickt eine lärmende Uhr. Jeden Tag schlägt sie Deniz’ Abwesenheit.“Und verlas eine Dankesrede, die ihr Mann seinen Anwälten aus der Haft diktiert hatte. „Falls es zu Ihren Absichten gehörte, mich mit dieser wertvollen Auszeichnung ein wenig aufzumuntern, dann sei Ihnen versichert: Es ist Ihnen vortrefflich gelungen“, schrieb er. Neben ihm wurden vier Journalisten ausgezeichnet. (AZ)