Was ist uns die Natur?
Das Verhältnis des Menschen zur Umwelt ist vielfältig: emotional und wissenschaftlich, wirtschaftlich und religiös. Die darin liegenden Widersprüche werden sich künftig noch fatal verschärfen. Oder aber: lösen! Eine Provokation
Von der Ferne betrachtet ist das Verhältnis eindeutig. Der Mensch ist der große Umgestalter der Natur. Es gibt praktisch keinen Flecken auf der Erdoberfläche mehr, auf dem seine Einflüsse keine Spuren hinterlassen hätten. Und auch um den Planeten herum kreisen und in den Untiefen der Tiefsee liegen die Zeugnisse seines Wirkens. Einige Wissenschaftler sprechen darum bereits vom „Anthropozän“, dem ersten Erdzeitalter also, das aufgrund folgenreicher Dominanz einer einzelnen Spezies benannt werden sollte, nach dem Menschen.
Je näher man an ihn herangeht, desto vielfältiger wird das Bild. Er spaziert durch die Natur, um zur Ruhe zu kommen; er setzt sich ihr surfend, kletternd, fliegend als Sportler und Abenteurer aus; er studiert sie als Forscher; er imitiert sie, versucht sie zu übertreffen und selbst zu gestalten als Ingenieur; er verehrt sie als Dichter; er nutzt ihre die Natur flanieren – die dann ja auch als durch ihn gezähmte noch natürlich wäre. Und wer vermisste schon die Härten der Wildnis und die plötzlichen Extreme, die überall und jederzeit den Tod bringen können? Wir könnten uns währenddessen doch weiter in noch abenteuerlicheren Herausforderungen zu Lande, zu Wasser und in der Luft beweisen. Der Konsument könnte frei vor seinem Gewissen stehen. Und selbst für den Gläubigen würde vieles bleiben – sicher mehr als bislang überhaupt vorstellbar –, wenn der Mensch erst noch tiefer in die Komplexität des Lebens vorgedrungen ist. Ja, Wunder. Wunder der Natur, lesbar gemacht, und dann für die Natur wiederum nutzbar gemacht.
Hört sich das nach Apokalypse an, die sonst gerne mit Feldern wie der Genforschung assoziiert wird? Felder, von deren Errungenschaften der Mensch ohnehin heute schon alltäglich profitiert, es nur als moralisch fragwürdig ansieht – und Fortschritte, ohne deren Errungenschaften