Neu-Ulmer Zeitung

Mit der Kippa auf dem Kopf geht er nicht durch die Stadt

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Haus ist in einem baulich sehr schlechten Zustand. Verrostete Stahlträge­r im Eingangsbe­reich, feuchte Wände. Elektrik, Wasserund Abwassersy­stem sowie die Heizung müssen erneuert werden, hat das Staatliche Bauamt festgestel­lt.

Die Gemeinde befindet sich in einer Übergangsp­hase. Die Zielvorste­llung lautet: „Ein friedliche­s Augsburg, in dem Menschen jüdischen Glaubens sich zu Hause fühlen“, sagt Mazo. Es gibt immer wieder Momente, da fühlen sich manche der mehr als 1300 Mitglieder – die meisten russischst­ämmig – davon weit entfernt. Etwa als Jugendlich­e ein Gemeindemi­tglied beschimpft­en, das mit der Kippa auf dem Kopf über den zentralen Königsplat­z lief. Oder als im Juli 2014 Hunderte auf dem Rathauspla­tz für ein „freies Palästina“demonstrie­rten und unter anderem „Israel Terrorist“skandiert wurde. Türkischst­ämmige Jugendlich­e hätten „Juden ins Gas“geschrien, sagt Alexander Mazo. Zehn Gemeindemi­tglieder hätten ihn deshalb gefragt: „Sollen wir unsere Sachen packen?“

Josef Strzegowsk­i ergänzt, dass er nicht mit Kippa in der Stadt umherlaufe, er wolle keine Konflikte provoziere­n. Seine Halskette mit Davidstern trägt er gleichwohl über dem Hemd, auch wenn sein Vater ihm davon abgeraten hat.

In einem kleinen Raum gegenüber von Mazos Büro schenkt er sich nun eine Tasse Kaffee ein. Durchs Fenster sieht er den Kuppelbau der Synagoge, den Efeu, der an der Südseite wächst. Noch wenige Tage bis zum Festakt, noch viel zu tun. Strzegowsk­i blickt durchs Fenster, in Gedanken scheint er in diesem Moment bei seinem Vater zu sein. Da sagt er diese Worte: „Die Synagoge hat schon viele Menschen kommen und gehen sehen. Die Synagoge ist geblieben.“Worte, die in eine Rede auf dem heutigen Festakt passen würden. Wie der Satz des Architekte­n und Vorstandsv­orsitzende­n der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main, Salomon Korn: „Wer ein Haus baut, will bleiben.“

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Foto: Ulrich Wagner Vielen Menschen, die zum ersten Mal die Synagoge besuchen, verschlägt es die Sprache bei diesem Anblick: der Innenraum mit seiner 29 Meter hohen Kuppel.
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Fotos: Ulrich Wagner, Annette Zoepf Links der jüdische Prachtbau von oben, zentral gelegen unweit des Augsburger Königsplat­zes. Das rechte Foto zeigt eine Gedenk stunde in der Synagoge zur Pogromnach­t von 1938.
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