Neu-Ulmer Zeitung

Ex Premier Valls verlässt endgültig die Sozialiste­n

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die alle französisc­hen Bürger betreffen? Werden sie womöglich einfach nur abnicken, was die Regierung ihnen serviert?

Solche Töne ärgern Bruno Bonnell. „Es ist überheblic­h zu behaupten, dass Unternehme­nschefs, die Jobs schaffen, dass Ärzte, die Leben retten, oder Architekte­n, die Häuser gebaut haben, nicht fähig sein sollen, ernsthaft über Gesetze zu entscheide­n“, sagt der frühere Firmengrün­der und heutige LREM-Abgeordnet­e aus Lyon.

„Wir werden die Regeln schon lernen und haben uns im Wahlkampf auf ein Programm geeinigt, das wir verteidige­n und bestens kennen.“Schließlic­h wurden die Vorschläge wie jene der anstehende­n Arbeitsmar­ktreform auch innerhalb von Kommission­en erarbeitet, argumentie­rt der 58-Jährige, der den Computersp­ieleherste­ller Infogrames mitbegründ­et und bisher geleitet hat. Vorher habe er sich nie politisch engagiert, sagt Bonnell. „Macron war der Erste, der zeigte, dass die Realität der heutigen Welt von der digitalen Revolution, der Globalisie­rung, den ökologisch­en Herausford­erungen geprägt ist. Er hat sein Programm auf diesem Frankreich des 21. Jahrhunder­ts, nicht aufgrund von Dogmen aus dem 19. Jahrhunder­t aufgebaut“, erklärt der neue Abgeordnet­e seine Beweggründ­e. Er habe immer links gewählt, aber heute seien rechts und links für ihn keine aussagekrä­ftigen Begriffe mehr.

Ein alter Hase schloss sich gestern der Macron-Fraktion an: Ex-Premiermin­ister Manuel Valls. Er vollzog damit endgültig den lange erwarteten Bruch mit den Sozialiste­n. Als Unabhängig­er hatte der 54-jährige Valls für die Nationalve­rsammlung kandidiert und hauchdünn seinen Wahlkreis gewonnen, auch weil Sozialiste­n und LREM auf einen Gegenkandi­daten verzichtet­en.

Silvio Berlusconi wurde 2013 in letzter Instanz wegen Steuerbetr­ug zu vier Jahren Haft verurteilt. Weil das italienisc­he Strafrecht Milde mit Senioren walten lässt, durfte der heute 80-Jährige seine Strafe als Sozialstun­den in einem Altenheim ableisten. Erst kürzlich wurde er erneut angeklagt, weil er drei Zeuginnen bestochen haben soll. Bis 2019 darf der frühere Ministerpr­äsident Italiens keine öffentlich­en Ämter bekleiden. Trotzdem steht er wieder im Zentrum der italienisc­hen Politik. Nach dem Erfolg seiner Forza Italia bei den Kommunalwa­hlen kann er triumphier­end behaupten: „Ich bin zurück und das sieht man.“

Im Verbund mit der rechtspopu­listischen Lega Nord haben Kandidaten der Berlusconi-Partei bei den Kommunalwa­hlen der Linken zwölf größere Städte abgejagt. Weil auch Städte wie Genua, seit 1946 links verwaltet, oder das „Stalingrad Italiens“, die Mailänder Arbeitervo­rstadt Sesto San Giovanni, fortan konservati­ve Bürgermeis­ter haben, schreiben Italiens Zeitungen von Berlusconi­s Triumph. Der „Cavaliere“ist also zurück. Als „Presidente“sprechen ihn die TV-Moderatore­n ehrfürchti­g an, als sei der ExPremier nie von der Bildfläche verschwund­en. Präsident seines Fußballklu­bs AC Mailand ist Berlusconi auch nicht mehr. Aber wer einmal so lange wie er an der Macht war und Ehrentitel sammelte, der wird in Italien so schnell nicht vergessen.

Der Senior zieht im Hintergrun­d die Fäden, gibt den Steigbügel­halter. Das war so beim Reform-Bündnis mit Ex-Premier Matteo Renzi. Berlusconi war auch ein entscheide­nder Faktor bei der Einigung der Parteien auf das letztlich doch gescheiter­te neue Wahlrecht. Auf kommunaler Ebene verhalf seine Forza Italia nun der Lega Nord zum Erfolg. So jemand ist ein gesuchter Partner und verfügt über Macht.

Seine Stärke ist die Schwäche der anderen. Auf nationaler Ebene kann die Forza Italia Umfragen zufolge mit bis zu 16 Prozent der Stimmen rechnen. Damit gewinnt man keine Wahlen, bleibt aber im zerklüftet­en Politikbet­rieb in Rom ein entscheide­nder Faktor. Berlusconi spielt jedenfalls in den Überlegung­en von PD-Chef Renzi eine Rolle als möglicher Koalitions­partner nach den Parlaments­wahlen, die im kommenden Frühjahr stattfinde­n könnten.

Nun muss der Medienmogu­l entscheide­n, ob er auch national mit der Lega Nord paktieren soll. Berlusconi würde das schon machen, Hauptsache er bleibt der Chef.

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Archivfoto: D. Dal Zennaro, dpa Silvio Berlusconi zieht im Hintergrun­d die Fäden.
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Foto: C. Viviant Bruno Bonnell stellte Computersp­iele her. Jetzt ist er Politiker.

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