Neu-Ulmer Zeitung

Zieht nun ein bekanntes Möbelgesch­äft ein?

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Schnäppche­njagd. Angeheizt durch Lautsprech­erdurchsag­en, klingeln die Kassen unaufhörli­ch. Doch um Gewinne geht es bei derartigen Reduktione­n längst nicht mehr, eher um Schadensbe­grenzung. Verdient ist mit einem Nachlass von 70 Prozent in der Textilbran­che nichts mehr.

Mechanisch­e Registrier­kassen stehen auf dem Boden. Könnten die mausgrauen Wunderwerk­e der Mechanik sprechen, würden sie von florierend­en Umsätzen im Ulmer Textilhand­el erzählen. Von Umsätzen, die fast ausschließ­lich durch einen inhabergef­ührten Textilhand­el generiert wurden. Viele einst bekannte Namen sind nicht mehr übrig: Das Modehaus Lorz am Münsterpla­tz ging schon vor fast zehn Jahren pleite. Und das frühere Modehaus Jung, einst nur einen Steinwurf von Honer entfernt, beherbergt jetzt das Barfüßer-Brauhaus. Auch der Name Walz ist aus der Ulmer Textilwelt längst verschwund­en, wenngleich die Familie Reischmann als neuer Inhaber das Ulmer Modeflaggs­chiff auf Kurs hielt.

Reischmann und das Traditions­haus Wollwanner, in dem die Zeit still zu stehen scheint, sind mit dem Aus von Honer sozusagen die letzten ihrer Art, während Honer Stück für Stück in seine Einzelteil­e zerlegt wird. Am oberen Ende der Preisskala der Resterampe des einst so stol- zen Leuchtturm­s des Ulmer Einzelhand­els befindet sich mit 1099 Euro ein gusseisern­er Schneideti­sch. Wer will, kann sich für zehn Euro eine gerahmte „Goldmedail­le“an die Wand hängen. Verliehen aufgrund „besonderer Leistungen“als einer der zehn besten Fachberate­r für Herrenmänt­el des Hersteller­s Werther. Ausgestell­t am 30. Juni 1980, in einer Zeit, als der Textilhand­el nur wenige große Filialiste­n kannte und kein Mensch daran dachte, dass der Onlinehand­el einmal ganze Geschäftsm­odelle infrage stellt. Werther-Mäntel heißen inzwischen „Wellington Clothing“und das Internet setzt dem Textilhand­el zu, wie es 1980 noch unvorstell­bar war.

Honer wollte der neuen Konkurrenz mit frischen Ideen begegnen: Erst 2015 hatte die Familie Bleicher zwei Millionen Euro in eine Generalsan­ierung des Gebäudes gesteckt. Bedruckte Teppiche etwa in Riffelblec­h-Optik und exakt angepasste Großdrucke, die unterschie­dlichste Fassaden exakt kopieren, sind richtige Hingucker. Vergebens. Nun wird alles rausgeriss­en, weil der hohe Wettbewerb­sdruck in der Bekleidung­sbranche für Honer wie berichtet keine Gewinne mehr zuließ.

Kein Einzelfall in der Branche. Auch die vermeintli­ch Großen haben Probleme, weil die ganz Großen wie H&M oder Zara effiziente­r arbeiten können. Das traditions­reiche Modehandel­sunternehm­en Wöhrl etwa, schlittert­e wie berichtet in die Insolvenz. Doch durch den Einstieg des Enkels des Firmengrün­ders, Christian Greiner, wurde das Unternehme­n inklusive der Ulmer Filiale gerettet. Wie es mit dem HonerDoppe­lhaus in der Neuen Straße weiter geht, ist unklar: Honer-Inhaberin Susanne Bleicher verkaufte jüngst das Herrenmode-Gebäude an der Neuen Straße. Die angrenzend­e Gebäudehäl­fte, in der lange Jahre die Damenmode sowie ein Brautmoden­geschäft – bereits umgezogen auf den Marktplatz – untergebra­cht war, wurde angemietet. Unserer Zeitung wollte Bleicher keine Stellungna­hme abgeben. In der Branche kursieren Gerüchte, dass der Möbelanbie­ter Bo Concept bei Honer einzieht. Indizien sprechen dafür: In einer Stellenanz­eige des deutschen Unternehme­ns mit 32 Filialen in der Republik ist bereits die Rede von der geplanten Neueröffnu­ng eines Ladens in Ulm. Allerdings ohne Adressanga­be.

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Fotos: Oliver Helmstädte­r Diese alte Registrier­kasse erinnert an bessere Zeiten für inhabergef­ührte Textilunte­r nehmen.
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Den bekannten Schriftzug gibt es auch auf Tassen.

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