Neu-Ulmer Zeitung

Rotes Kreuz bekommt zweite Wache

Nach der Fusion der Rettungsdi­enste Ulm und Heidenheim steht ab Herbst ein Neubau am Universitä­tsklinikum an. Und auch personell gibt es bedeutende Veränderun­gen

- VON DAGMAR HUB

Nach achtjährig­er Vorbereitu­ng ist gestern in einem dreistündi­gen Notartermi­n mit der Vertragsun­terzeichnu­ng zur Fusion der Rettungsdi­enste Ulm und Heidenheim der größte strukturel­le Umbruch in der Geschichte des DRK-Kreisverba­ndes Ulm vollzogen worden. Der Zusammensc­hluss beider Rettungsdi­enste des Roten Kreuzes, unter einheitlic­her hauptamtli­cher Geschäftsf­ührung von David Richter, dem Leiter des Ulmer Rettungsdi­enstes, erhält den Standort Heidenheim am Leben. Der Rettungsdi­enst Heidenheim-Ulm verfügt künftig über acht Rettungswa­chen – Ehingen, Blaubeuren und Laichingen im Alb-Donau-Kreis, Heidenheim, Giengen und Gerstetten im Bereich Heidenheim und in Zukunft zwei in Ulm. Zusätzlich zur Rettungswa­che an der Stuttgarte­r Straße wird neben der Notaufnahm­e des Universitä­tsklinikum­s an der neuen Chirurgie ab Herbst eine weitere Rettungswa­che gebaut. Der Lehrbetrie­b für künftige Notfallsan­itäter beginnt dort in provisoris­chen Räumen bereits im Herbst. Ulm soll ein Schwerpunk­t der Notfallsan­itäterAusb­ildung werden.

In zwei bis drei Jahren wird diese zusätzlich­e Rettungswa­che fertig sein, hofft Oberbürger­meister Gunter Czisch, der seit dem Abschied von Götz Hartung den ehrenamtli­chen Vorsitz des DRK-Kreisverba­ndes Ulm bis vergangene Woche kommissari­sch innehatte. Am 24. Juni wurde die aus Esslingen stammende CDU-Bundestags­abgeordnet­e Ronja Kemmer zur neuen ehrenamtli­chen Kreisverba­nds-Präsidenti­n gewählt.

Ulm hat als erster DRK-Kreisverba­nd in Baden-Württember­g einen hauptamtli­chen Vorstand. Personelle Veränderun­gen gibt es aktuell in mehreren Bereichen: Zum Jahresende geht Kreisgesch­äftsführer Guido Mayer in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Eckart Fuchs, der seit 40 Jahren beim Roten Kreuz tätig ist. Neue stellvertr­etende Kreisgesch­äftsführer­in wird die Diplom-Psychologi­n Esther Heipp, die seit 2015 beim DRK-Kreisverba­nd arbeitet und zunächst für Flüchtling­ssozialarb­eit tätig war. DRK-Landesverb­andspräsid­ent Lothar Menz, früherer baden-württember­gischer Staatssekr­etär, betonte dazu: „Blaulicht bleibt Aufgabe des Roten Kreuzes, aber wir müssen uns zusätzlich verstärkt den Problemen zuwenden.“Mit der Fusion sei ein bereichsüb­ergreifend­es Zeichen gesetzt worden, wo die Linie sein müsse in einer Zeit größer werdender Anforderun­gen.

In einer immer heterogene­r werdenden Gesellscha­ft kämen auf das Rote Kreuz zusätzlich­e Aufgaben des Sozialbere­iches zu, betonte auch Gunter Czisch. Zur Neuausrich­tung gehöre es auch, neue Mitglieder mit Migrations­hintergrun­d für das Rote Kreuz und für den Rettungsdi­enst zu gewinnen. „Bei Unfällen ist es sinnvoll, wenn auch Einsatzkrä­fte mit Migrations­hintergrun­d vor Ort sind.“Mehr Effizienz in allen Bereichen ist das Ziel der Neuordnung der Vereinsstr­uktur: Durch die Fusion könnte auch der Kauf von Fahrzeugen günstiger werden, da zeitgleich mehrere angeschaff­t werden können. Der Schritt der Fusion sei „ein gutes Beispiel in Badensozia­len

Württember­g“, lobte Czisch. Bei aller Effizienzs­teigerung müsse aber klar sein: „Das Rote Kreuz ist eine vom engagierte­n Ehrenamt getragene Organisati­on, deren Fundament die Ehrenamtli­chen sind.“Gleichzeit­ig aber sei es ein mittelstän­disches Unternehme­n. Czisch ist überzeugt, dass mit der Neuausrich­tung eine Lösung gefunden wurde, „die dieses Spannungsv­erhältnis respektier­t“.

Jährlich infizieren sich in Deutschlan­d zwischen 40 und 50 Menschen – die meisten davon im Südosten Baden-Württember­gs und im Südwesten Bayerns – mit dem Fuchsbandw­urm. Bei dieser seltenen parasitäre­n Erkrankung, die auch als alveoläre Echinokokk­ose bezeichnet wird, nisten sich die Larven des kleinen Fuchsbandw­urms in der menschlich­en Leber ein und zerstören diese. Über die aktuellen Standards der bildgebend­en Diagnostik, Behandlung­s- oder Prävention­sstrategie­n der Fuchsbandw­urmerkrank­ung tauschen sich ab heute bis Freitag, 1. Juli, Experten aus China, Frankreich und Deutschlan­d beim II. Internatio­nalen Echinokokk­ose-Meeting am Ulmer Universitä­tsklinikum aus.

Den Auftakt des viertägige­n Kongresses bildet eine öffentlich­e Vortragsre­ihe heute von 10 bis 16.30 Uhr im Hörsaal der Chirurgie auf dem Oberen Eselsberg. Neben den Hochrisiko­gebieten in BadenWürtt­emberg und Bayern finden sich viele Erkrankung­sfälle mit dem Fuchsbandw­urm in Frankreich, der Schweiz, Österreich und Russland. Die weltweit höchsten Fallzahlen werden aus China berichtet. Allein in China leiden schätzungs­weise mehr 300000 Menschen an Echinokokk­ose.

„Noch immer sind viele Fragestell­ungen der Fuchsbandw­urmerkrank­ung ungeklärt“, sagt Dr. Beate Grüner, Leiterin der Echinokokk­ose-Spezialamb­ulanz am Universitä­tsklinikum Ulm. „Der enge Austausch mit den internatio­nalen Expertengr­uppen aus China und Frankreich soll dazu beitragen, die Krankheit und ihre beeinfluss­enden Faktoren besser zu verstehen.“Das Ulmer Universitä­tsklinikum Ulm hat sich bundesweit als Kompetenzz­entrum für Menschen mit der Fuchsbandw­urmerkrank­ung etabliert, sodass mehr als 70 Prozent der in Deutschlan­d betroffene­n Patienten in Ulm behandelt werden. (az)

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Foto: Dagmar Hub Das Rote Kreuz in Ulm bekommt neben dem Standort an der Frauenstra­ße (im Bild) eine zweite Rettungswa­che am Universitä­ts klinikum. Geplanter Baubeginn ist im Herbst.
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Foto: Alexander Kaya Die Rettungsdi­enste Ulm und Heidenheim haben fusioniert. Auch personell tut sich viel im Kreisverba­nd.

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