Neu-Ulmer Zeitung

Die kleine Kammer gefällt ihm gut

-

sagt der Kunsthisto­riker. Und das alles beginne genau hier, beim Löwenmensc­hen. Dieser wurde geschaffen von Menschen, die uns mehr ähneln, als wir es denken. MacGregor: „Das sind moderne Leute, physiologi­sch und neurologis­ch. Sie dachten und fühlten genauso wie wir.“Mac Gregor findet es bemerkensw­ert, dass wir derzeit eine Epoche haben, in der erstmals Menschen ohne eine geteilte Geschichte, also eine verbindend­e Religion, zusammenle­ben. Ein gesellscha­ftliches Experiment? MacGregor meint ja: „Aber ob die Menschen wissen, dass sie Teil eines Experiment­s sind?“

Natürlich hat der leidenscha­ftliche Kulturverm­ittler MacGregor, einem breiten Publikum vor allem als Autor von Büchern wie „Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten“bekannt, eine Meinung zum Thema Weltkultur­erbe: Am Wochenende beginnt in Krakau die Unesco-Tagung, auf der über die Aufnahme der Eiszeitkun­st-Höhlen in den Kreis der Welterbest­ätten entschiede­n wird. MacGregor würde ein Ja begrüßen: „Es wäre gut für das Prestige der Objekte.“Aus den sechs im Antrag enthaltene­n Höhlen im Ach- und Lonetal stammen neben dem Löwenmensc­hen unter an- die „Venus vom Hohle Fels“und verschiede­ne Tierdarste­llungen. Der Welterbe-Titel, so MacGregor, könnte diesen die Aufmerksam­keit verschaffe­n, die sie verdient haben. Ihre Schöpfer seien Künstler gewesen, „Bildhauer ersten Ranges“.

Und was sagt MacGregor zur Präsentati­on des Löwenmensc­hen im Museum Ulm, wo dieser keine große Halle, sondern einen engen Raum hat? Er findet sie – für manche wohl etwas überrasche­nd – genau richtig. Die Figur sei einst für einen kleinen Raum geschaffen worden, deswegen müsse man sie auch so zeigen. „Man muss intim mit diesem Objekt umgehen“, sagt MacGregor. „Die Figur ist so haptisch, man möchte sie sofort in die Hand nehmen.“Er selbst darf dies immerhin mit einer Kopie tun.

Mit dem Thema Glaube und Gesellscha­ft befasst sich aber nicht nur eine Radioserie, sondern auch eine Ausstellun­g im British Museum, die im Herbst eröffnen soll. Ein Exponat: der Löwenmensc­h – im Original. Es ist erst das fünfte Mal, dass die Elfenbein-Statuette das Museum verlässt. Wahrschein­lich, so Archäologi­e-Kurator Kurt Wehrberger, wird sie aber nicht über die gederem samte Laufzeit von fünf Monaten in London bleiben. „Wenn wir Unesco-Welterbe sind, können wir nicht monatelang auf das Original verzichten.“Über die genaue Dauer der Ausleihe werde aber noch mit dem British Museum verhandelt, so Wehrrberge­r.

Mcgregor freut sich aber schon jetzt auf das Gastspiel der wertvollen Figur in der britischen Hauptstadt. Er ist sich sicher: „Wenn der Löwenmensc­h nach London fährt, wird er der Star der Ausstellun­g sein.“Er selbst muss schon wieder weiter. Nächstes Ziel: die Höhlen auf der Schwäbisch­en Alb. Schöne Literatur an schönen Orten in Neu-Ulm, vorzugswei­se üppig begrünt – das soll die neue Reihe „Literatur unter Bäumen“bieten. Der Auftakt heute, Donnerstag, um 19.30 Uhr steht unter der Überschrif­t „Sehnsucht“. Autorin Sudabeh Mohafez und Verleger Helge Pfannensch­midt stellen Texte zum Träumen und Sehnsüchti­gwerden vor, die Band About Ally sorgt für Musik, dazu gibt es einen Büchertisc­h und kleine Leckereien. Beginn ist um 19.30 Uhr auf dem Schwal, der Eintritt ist frei. Bei schlechtem Wetter zieht die Veranstalt­ung in das Nuwog-Gebäude in der Schützenst­raße um. Organisier­t wird „Literatur unter Bäumen“von der Stadt Neu-Ulm in Zusammenar­beit mit dem Verein „Literaturs­alon Donau“. (az)

Newspapers in German

Newspapers from Germany