Neu-Ulmer Zeitung

Comedians arbeiten sich an Donald Trump ab

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gründlich vergangen. Selbst manchen Kabarettis­ten. „Natürlich ist eine Witzfigur in der Politik immer lustig, aber da sind mir die Pointen dann oft auch zu einfach“, kritisiert etwa Komiker Dieter Nuhr im Gespräch mit unserer Zeitung diejenigen seiner Kollegen, die mit ihrem Spott auf Trump bei Witzen über dessen Frisur stehengebl­ieben sind.

Andernorts ist man ohnehin weiter. So wurde ein Video des australisc­hen Komikers Mark Humphries hunderttau­sendfach auf Youtube angeklickt, in dem er den Sender CNN spielt, als sei der eine Person. Trump wirft CNN unfaire und fal- sche Berichters­tattung über ihn vor. „Mein Name ist CNN“, fängt Humphries alias CNN an und berichtet über seine Leidensges­chichte. Anstelle seines Kopfes ist nur das CNN-Senderlogo zu sehen. Wie im Prügelvide­o. „Es begann online, wo Donald Trump mich verfolgte und ,Fake News‘ nannte.“

Er habe versucht, sagt Humphries als CNN, die Angriffe mit einem Lachen abzutun. Aber bald habe sich das Mobbing auf den Arbeitspla­tz ausgeweite­t – dabei sei doch das Fragestell­en während Pressekonf­erenzen im Weißen Haus eine seiner Lieblingsb­eschäftigu­ngen ... „Was wäre ich nur ohne das!“CNN bricht in Tränen aus.

An Humphries Sätzen ist viel Wahres. „Wir müssen unsere Jobs weiter machen“, sagt er am Ende seines Satire-Videos. Frank Überall vom Deutschen Journalist­en-Verband appelliert­e ähnlich an die deutschen Korrespond­enten in den USA: „Berichten Sie weiter kritisch und unvoreinge­nommen.“Darin schwang mit, dass kritische Distanz und Unvoreinge­nommenheit ab- handen kommen könnten. Sowie die Frage: Wie sollte man mit Trump umgehen? Verharmlos­t man ihn, wenn man ihn karikiert, parodiert oder über ihn scherzt?

Das fragte sich im März bereits der Medienreda­kteur Jakob Biazza von der Süddeutsch­en Zeitung. Witze über Dinge, die Menschen fassungslo­s machen, seien gut für deren Psychohygi­ene, schrieb er. Humor könne als Waffe aber auch schnell stumpf werden. Sein Fazit: Wer bloß nachäffe, egal wie gekonnt, agiere nicht im Geiste irgendeine­r Aufklärung. Er entlarve nichts. „Das gilt im besonderen Maße für alle, die die Welt profession­ell verhandeln – für die Medien, die Werbung, die Politik, die Comedians.“

Gerade die profession­ellen Witzemache­r haben sich in den vergangene­n Monaten regelrecht an Trump abgearbeit­et, auch in Deutschlan­d. Ob das nun die „heute-show“mit Oliver Welke war, Carolin Kebekus in „Pussy Terror TV“oder Jan Böhmermann. Das Moderatore­nDuo Joko und Klaas veralberte den US-Präsidente­n mit – erfundenen – „Donald-Trump-Hits“wie „Ein bisschen Hass muss sein“. Die Gags: oft platt. Da witzelte Welke bereits über den Präsidents­chaftskand­idaten Trump nicht sonderlich kreativ. Aus dem Präsidente­nflugzeug Air Force One wurde „Hair Force One“. Da trat Carolin Kebekus plump als Melania Trump auf: viel Schminke, enges Kleidchen.

Anspruchsv­oller ging es in der ZDF-Show „Die Anstalt“zu, in der sich Max Uthoff und Claus von Wagner dem Phänomen Trump widmeten. Die Kabarettis­ten ließen zwar ebenfalls, pardon, kein gutes Haar an ihm. Arbeiteten zugleich jedoch politische Hintergrün­de heraus.

Der Republikan­er Trump will eine Mauer zu Mexiko bauen? Stimmt schon, aber bereits der frühere demokratis­che Präsident Bill Clinton hat Grenzzäune zum Nachbarlan­d errichtet – die Trump-Vorgänger Barack Obama, ebenfalls von den Demokraten, mächtig aufgerüste­t hat. Trump will die USA gegen Flüchtling­e abschotten? Richtig. Aber was ist mit der zunehmende­n Abschottun­gspolitik der Europäisch­en Union? Uthoff und von Wagner machten es sich mit ihrer Kritik an Trump nicht leicht – und hoben sich damit von der Mehrheit deutscher Comedians ab.

Vom Niveau eines Alec Baldwin sind diese meilenweit entfernt. Der Schauspiel­er wurde zu einer Art „Lieblingsf­eind“von Trump. Seine Trump-Parodien, die in der US-Satire-Show „Saturday Night Live“, „SNL“, zu sehen waren, haben weltweit Maßstäbe gesetzt. Baldwin hält Trump den Spiegel vor, und der scheint sich darin wiederzuer­kennen. Zumindest ärgerte er sich und ließ das seine Millionen TwitterFol­lower – und Baldwin – wissen. Der gab kürzlich bekannt, er wolle seine Parodien im Herbst fortsetzen.

Fortsetzen wird sich ebenfalls die Diskussion, wie am besten mit Trump umzugehen sei. Es ist eine Diskussion, die immer neu entbrennt, wenn Trump sich zu einer seiner (Twitter-)Tiraden hinreißen lässt. Vor allem für Journalist­en können dann schnell Grenzen überschrit­ten sein – des guten Geschmacks

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