Neu-Ulmer Zeitung

Mantel? Kleid? Ja, was denn? Und warum in Blau?

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trägt sie einen Traum aus Weiß und Rot, den polnischen Nationalfa­rben. Hätte sie sich für Deutschlan­d dann nicht was Schwarz-Rot-Goldenes schneidern lassen müssen? Ist das vielleicht Europablau, ausgerechn­et jetzt, wo die Briten die Europäisch­e Union verlassen? Experten der britischen Klatschpre­sse wissen da besser Bescheid. Die Kornblume gilt als florales Wahrzeiche­n Deutschlan­ds, daher die Farbe. Und: Es handelt sich um einen dreivierte­llangen, langärmlig­en Mantel, der quasi in einen Faltenrock übergeht – ein Produkt von Designerin Catherine Walker. Jedenfalls, so der Tenor, sieht es „wahnsinnig gut aus“.

Mit Kate schreitet Prinzessin Charlotte die Gangway hinab auf den roten Teppich, spielt fröhlich mit dem kleinen Sträußchen, das sie überreicht bekommt. Die Kleine gilt als stets gut gelaunter Sonnensche­in, anders als ihr Bruder, der häufig mürrisch dreinblick­t.

Im gepanzerte­n Jaguar, begleitet von einer Polizeiesk­orte, geht es ins Regierungs­viertel. Doch die Menschen am Brandenbur­ger Tor müssen sich noch gedulden. Zuerst machen Kate und William Angela Merkel im Bundeskanz­leramt ihre Aufwartung. Immerhin: Die Mode-Experten der britischen Klatschpre­sse finden Merkels türkisfarb­enes Jacket und ihre weiße Hose „smart“. Die Bundeskanz­lerin hat im Wahlkampf über die schönen Bilder mit dem glamouröse­n Paar sichtlich nichts einzuwende­n. Im Kanzleramt sind die Mitarbeite­r hohen Besuch gewohnt, selbst Staatsober­häupter sind hier kaum mehr als einen kurzen Blick wert. Doch für das Prinzenpaa­r lassen viele ihre Mittagspau­se sausen. „Alle wollen Kate sehen“, sagt eine Mitarbeite­rin des Kanzleramt­s. Zum leichten Lunch mit der Kanzlerin – Lachs und Thunfisch zur Vorspeise, Kabeljau mit Gemüse als Hauptgang und Joghurt mit Erdbeeren zum Nachtisch – haben Kate und William ihren Nachwuchs nicht mitgebrach­t.

Vor dem Brandenbur­ger Tor sammeln sich unterdesse­n immer mehr Menschen. Junge Frauen in Glitzertop­s mit Union-Jack-Motiv, Männer mit Bowler-Hut, einer hat sich als königliche­r Gardesolda­t mit Bärenfell-Mütze verkleidet. „Papa, warum kommen die eigentlich hier- her?“, fragt eine Zehnjährig­e. „Keinen blassen Schimmer“, gibt der ratlose Vater zu. Ein 17-jähriger Schüler aus Bayreuth, auf Klassenfah­rt in Berlin, hat dagegen eine recht genaue Vorstellun­g von den Gründen der königliche­n Visite zu diesem Zeitpunkt: „Propaganda“, sagt er und zeigt auf sein UnionJack-Fähnchen, das ihm gerade ein junger Mann im blauen Anzug in die Hand gedrückt hat – „wahrschein­lich war der von der britischen Botschaft“. Propaganda – das Wort hat einen negativen Beiklang, doch ganz falsch liegt der junge Mann nicht.

Der Besuch, das ist in diplomatis­chen Kreisen kein Geheimnis, ist eine außenpolit­ische Mission, die auf ausdrückli­chen Wunsch der britischen Regierung stattfinde­t. Ziel ist die Pflege des angekratzt­en Ansehens des Vereinigte­n Königreich­es auf dem europäisch­en Festland. Der Brexit hat auf dem Kontinent viele Sympathien gekostet, über die Modalitäte­n des Ausstiegs aus der EU droht nun ein erbitterte­r Streit.

Für die dringend nötige CharmeOffe­nsive schicken die Briten ihre größten Sympathiet­räger. Wo Kate und William auftauchen, entfachen sie weltweit regelrecht­e Jubelstürm­e. Und wenn dann noch Charlotte und George dabei sind, kennt die Begeisteru­ng keine Grenzen. Gestern

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