„Hätte die Öffentlichkeit gleich von all den Pannen im Fall Amri erfahren, hätte Innenminister de Maizière sicher zurücktreten müssen.“
Betrachten wir den Fall Anis Amri: Hätte die Öffentlichkeit schon kurz nach dessen Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt von all den Pannen und Versäumnissen der Behörden erfahren, hätte CDUBundesinnenminister Thomas de Maizière sicher zurücktreten müssen. Stattdessen wurde wieder einmal nur über schärfere Gesetze diskutiert. Doch die bestehenden waren im Fall Amri völlig ausreichend: Er hätte lange vor dem Anschlag verhaftet und abgeschoben werden müssen. Selbst der marokkanische Geheimdienst hatte rechtzeitig ausdrücklich davor gewarnt, dass Amri einen Anschlag plane – und nichts ist passiert. Stattdessen erleben wir den Skandal, dass im Berliner LKA Akten offenbar vorsätzlich gefälscht werden und hören immer nur den Ruf nach schärferen Gesetzen und Klagen über Datenschutz. läuft. Die Alternative wäre eine Große Koalition gewesen. Und die finde ich – ehrlich gesagt – ätzend: Wir haben in den vergangenen vier Jahren im Bundestag wirklich einen Niedergang der parlamentarischen Sitten erlebt. Die Große Koalition hat über 180 Stimmen mehr als die erforderliche Mehrheit. Da muss keiner mehr um Mehrheiten kämpfen, selbst wenn es mal dreißig, vierzig Abweichler in den eigenen Reihen gibt. Die Frage nach der Wahl wird sein, ob die großen Parteien nicht einfach diesen Weg weitergehen wollen, nicht etwa weil es gut fürs Land wäre, sondern weil es so bequem ist. Interview: Michael Pohl O
Konstantin von Notz ist Vize Fraktionschef der Grünen im Bun destag. Der 46 jährige Rechtsanwalt aus Mölln (Schleswig Holstein) ist Mitglied des Innenausschusses und hat sich einen Namen als Experte für Netz und Digi talpolitik gemacht.