Neu-Ulmer Zeitung

Eine Landkarte als Terrorbewe­is

In ihrem Haftbefehl für den deutschen Menschenre­chtler Peter Steudtner und seine Mitstreite­r beruft sich die türkische Justiz auf völlig abstruse Indizien. Das hat System

- VON SUSANNE GÜSTEN

Eine sprachwiss­enschaftli­che Karte Asiens und Unterstütz­ung für Hungerstre­ikende: Die Begründung für die Haftbefehl­e gegen den deutschen Menschenre­chtler Peter Steudtner und fünf Kollegen in Istanbul sind selbst für die türkische Justiz dünn. Die sechs Aktivisten sitzen unter anderem wegen Unterstütz­ung für eine Terrororga­nisation in Haft – doch welche Organisati­on das sein soll, können weder Staatsanwa­lt noch Richter sagen, wie Regierungs­gegner in der Türkei kritisiere­n. Dahinter stecke ein Generalver­dacht gegen Menschenre­chtler, deren Arbeit als grundsätzl­ich staatsfein­dlich gesehen werde und die deshalb aus dem Verkehr gezogen werden sollten.

Die Chancen auf Freilassun­g der zehn Menschenre­chtler, die Anfang Juli bei einem Seminar auf der Insel Büyükada bei Istanbul von der Polizei abgeholt worden waren, standen spätestens nach einer Äußerung von schaften nennt und erklärt – den Verdacht, im Nahen Osten sollten Grenzen verändert werden. Erdogan-freundlich­e Blätter behaupten, dass die Konferenz auf Büyükada von amerikanis­chen und britischen Geheimdien­sten gesteuert wurde.

So werden Verschwöru­ngstheorie­n im EU-Bewerberla­nd Türkei zur Grundlage von Haftbefehl­en. Internatio­nale Reaktionen auf die Haftbefehl­e bestärken Erdogan-Anhänger nur in ihrer Sicht der Dinge. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sei mit ihrer Kritik an den Verhaftung­en „den Agenten zur Hilfe geeilt“, hieß es in der regierungs­nahen Zeitung Star am Mittwoch.

Fatih Polat, Chefredakt­eur der Opposition­szeitung Evrensel, sieht hinter dem Fall eine Dynamik, bei der rechtsstaa­tliche Beweise und andere Kriterien keine Rolle mehr spielen. Nach der Vorverurte­ilung durch die regierungs­nahe Presse und Erdogan seien die Haftbefehl­e keine Überraschu­ng mehr gewesen, schrieb Polat. In dem Moment, in

Die vorzeitige Entlassung von vier Soldaten wegen der Beteiligun­g an entwürdige­nden Aufnahmeri­tualen in der StauferKas­erne in Pfullendor­f war rechtens. Die 5. Kammer des Verwaltung­sgerichts Sigmaringe­n wies gestern die Klage der Betroffene­n ab.

Nach Überzeugun­g des Gerichts stellten die Vergehen eine ernsthafte Gefährdung der militärisc­hen Ordnung dar. Der Verbleib der vier jungen Männer hätte eine ernstliche Gefahr für die Einsatzber­eitschaft der Streitkräf­te bedeutet. Zudem habe die reale Gefahr von Nachahmung­staten gedroht. Deshalb musste der Dienstherr, sprich die Bundeswehr, die Möglichkei­t haben, gegen diese Disziplinl­osigkeiten konsequent vorzugehen und ein Zeichen zu setzen. „Es gab keine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst“, erklärte der Vorsitzend­e Richter Jörg Müller.

Die Entlassung von zwei Zeitsoldat­en sowie zwei freiwillig Wehrpflich­tiger sollte die Bundeswehr auch vor künftigem Schaden schützen. Das Verhalten der Kläger wertete das Gericht als Dienstpfli­chtverletz­ung, weil sie gegen die im Soldatenge­setz geforderte Kameradsch­aftspflich­t, Achtung und Vertrauen verstoßen hätten.

Während der dreistündi­gen Verhandlun­g wurden den Beteiligte­n und Prozessbeo­bachtern zwei Videos vorgeführt, in denen die Nachstellu­ng einer Gefangenna­hme zu sehen war. Die Aufnahmen zeigen eine Gruppe vermummter Soldaten, die unter anderem an einem Stuhl fixierte Kameraden mit Wasser abspritzen.

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Foto: dpa Der deutsche Menschenre­chtler Peter Steudtner wurde in der Türkei verhaftet. Ihm wird Unterstütz­ung für eine Terrororga­nisation vorgeworfe­n.

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