Ein Gütesiegel, das lockt
Die Ernennung der sechs Höhlen und die sie umgebende Landschaft im Ach- und Lonetal zum Weltkulturerbe ist eine tolle Sache und so etwas wie das Sahnehäubchen auf einem ohnehin attraktiven Angebot. Das Ulmer Münster lockt mit seinem plakativen Rekord als höchster Kirchturm der Welt seit Jahrzehnten Touristenscharen an. Relativ neu hinzugekommen als Magnet ist das Legoland bei Günzburg, das die Region plötzlich bei Niederländern oder Belgiern auf der Suche nach einem passenden Zwischenstopp auf dem Weg in den Süden auf der Landkarte aufpoppen ließ. Und jetzt gesellen sich mit den Fundorten der EiszeitKunst Attraktionen mit dem wohl weltweit begehrtesten TourismusGütesiegel dazu. Ein Gütesiegel, das vielleicht den letzten Ausschlag zu einer Reise in die Region geben kann. Was vor den strengen Augen des Welterbekomitees besteht, erscheint auch in Reiseführern aus Ländern, in denen kaum ein Einwohner jemals von Ulm oder gar der Schwäbischen Alb gehört hat. Und allein durch das Unesco-Siegel wird wohl demnächst ein Großteil der Bürger aus der Region zu den Fundorten oder Fundstücken pilgern, die bisher noch nicht dazu gekommen sind.
Die Werbekampagne für die neuen Welterbe-Stätten der Eiszeitkunst ist frech und gelungen. In der Tat sind die Chinesische Mauer, Stonehenge oder die Pyramiden von Gizeh im Vergleich zu Löwenmensch und Co alles anderes als alt. Und auch der Ansatz, anhand der Fundorte der ältesten Musikinstrumente der Menschheit die Karte „Wiege der Musik“zu spielen, ist nachvollziehbar.
Aber der ganz große Ansturm wird trotz Welterbe freilich ausbleiben. Die 73 Meter lange Sphinx von Gizeh ist einfach besser zu vermarkten als ein 31-ZentimeterLöwenmensch. Da spielt es bei Reisegruppen keine Rolle, dass das in Ulm ausgestellte Fabelwesen 35 000 Jahre mehr auf dem Buckel hat.