Neu-Ulmer Zeitung

Hat wirklich niemand etwas bemerkt?

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durchgefüh­rten Kontrollen, die jedoch „sicher nicht genug waren“.

Auch Richterin Birgit Geißenberg­er zweifelte daran, dass man das Fehlen derart hoher Beträge nicht bemerkt. Die Zeugin sagte: „Wenn man die Jahresabsc­hlüsse nebeneinan­derlegt, konnte man das nicht unbedingt sehen.“Die Angeklagte habe ihre Tätigkeit gut versteckt. Sie selbst sei nur bei den Kontoauszü­gen stutzig geworden und ordnete die Sonderprüf­ung an, deren Ergebnisse unserer Zeitung vorliegen.

Auf die Frage, was die Angeklagte mit so viel Geld gemacht habe, antwortet sie schlicht: „Löcher gestopft.“Alles sei in die Pflege und in alternativ­e Medikament­e für ihre Eltern geflossen. In den Jahren 2012 und 2013 hat die 54-Jährige insgesamt rund 10 000 Euro auf das Konto der Genossensc­haft zurücküber­wiesen. Und das, so betont ihre Anwältin Hedi Lutz, sei in einer Zeit gewesen, in der noch niemand Verdacht geschöpft habe und sei deswegen hoch anzurechne­n. Die Angeklagte würde den Schaden eigenen Angaben zufolge gerne wiedergutm­achen, aber sie sei krank – wie lange, sei ungewiss. „Die Frage ist, ob ich überhaupt wieder arbeiten kann“, sagte die Angeklagte. Ein vorliegend­es psychologi­sches Gutachten bescheinig­te der Frau eine „Fühllosigk­eit“und Anpassungs­schwierigk­eiten, die jedoch erst schlimm wurden, als der Strafantra­g im Herbst des vergangene­n Jahres eingegange­n ist.

Staatsanwa­lt Grimm forderte eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren auf Bewährung, da der Schaden massiv sei und mehrere Geschädigt­e betreffe. Verteidige­rin Lutz wies auf die psychologi­sch schwierige­n Umstände hin und plädierte für eine Bewährungs­strafe. Das Gericht beantragte für die offenen rund 100000 Euro eine Einziehung und verurteilt­e die Frau schließlic­h zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung.

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