Warum BMW Manager wütend sind
In München ist Zurückhaltung eigentlich höchstes Gebot. Jetzt brechen Dämme
Gegenüber Münchnern bestehen mannigfache Vorurteile. So wird ihnen eine gewisse Lässigkeit, ja Lust zur Anarchie nachgesagt. Das mag zwar in dem ein oder anderen Fall zutreffen, schließlich gilt die Landeshauptstadt als nördlichster Stützpunkt Italiens. Bei der in München sitzenden BMW AG herrscht aber eine ganz unmünchnerische, beinahe preußisch-disziplinierte Unternehmenskultur.
Wer je ein Werk oder eine Pressekonferenz des Konzerns besucht hat, erlebt Menschen, die nichts dem Zufall überlassen und damit verhindern wollen, dass die Marke Kratzer abbekommt. Chefs des Unternehmens, ob Harald Krüger oder sein Vorgänger Norbert Reithofer, bewahren in der Öffentlichkeit Zurückhaltung. Deftige Sprüche, wie sie echte Münchner lieben, sind unter den BMW-Preußen verpönt.
So sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer unserer Zeitung: „BMW hält sich streng an EthikRegeln.“Corporate Governance, also die Grundprinzipien einer guten und mit allen Gesetzen konformen heißt es, BMW-Manager seien so erbost über die Daimler-Attacke, dass überlegt werde, die in der Branche üblichen regelmäßigen Gespräche mit den Wettbewerbern aus Stuttgart einzustellen. Damit würde innerhalb der deutschen Autoindustrie ein so noch nicht da gewesener Kleinkrieg entstehen.
Auf alle Fälle setzen sich BMWVerantwortliche jetzt auch offiziell lautstark zur Wehr, schließlich schaden die nicht enden wollenden Vorwürfe dem Unternehmen substanziell. In den vergangenen Tagen ist der Börsenkurs des Konzerns von Werten über 84 auf rund 79 Euro zurückgegangen.
Um weiteren Schaden zu verhindern, nehmen BMW-Verantwortliche deutlich zu den Vorwürfen in der Diesel-Affäre Stellung. In einer entsprechenden Mitteilung vom 23. Juli heißt es: „Grundsätzlich gilt: Fahrzeuge der BMW Group werden nicht manipuliert und entsprechen den gesetzlichen Anforderungen.“Das gelte selbstverständlich auch für Dieselautos.
Dabei beruft sich BMW auf die Ergebnisse nationaler und internationaler Untersuchungen durch Behörden. Manager des Konzerns sticheln auch in früher unüblicher Weise gegenüber der Konkurrenz, indem der Konzern seine vermeintliche Überlegenheit in Sachen „Abgasreinigung“offensiv herausstellt: „Die bei BMW eingesetzte Technologie unterscheidet sich deutlich von anderen im Markt.“Denn die gefährliche Stickoxide enthaltenden Abgase würden mit mehreren Komponenten gereinigt. Das Unternehmen hat sich also für eine aufwendigere und teurere Methode als Konkurrenten entschieden, etwa durch den Einbau eines Stickoxid-Speicher-Katalysators. BMW-Leute erklären selbstbewusst: „Deshalb erübrigt sich für die Euro-6-DieselPkw der BMW Group ein Rückruf oder eine Nachrüstung.“
Der Konzern würde folglich davon profitieren, nicht nur auf die Abgasreinigung durch Harnstoffeinspritzung (AdBlue) gesetzt zu haben. Auto-Experte Dudenhöffer bestätigt das, er fügt jedoch hinzu: „BMW ist zwar sauber, aber nicht rein.“Denn nach Tests der Deutschen Umwelthilfe, des KraftfahrtBundesamts sowie der Zeitschrift Auto Motor und Sport hätten einige BMW-Modelle im Fahrbetrieb unterhalb bestimmter Außentemperaturen plötzlich höhere Stickoxidwerte ausgestoßen. Für Dudenhöffer ist das aber „nicht gesetzeswidrig“. Die Münchner hätten mit ihrem Sinn für das Einhalten von Verordnungen wiederum vieles richtig gemacht. Wenn da nicht die üble Stuttgarter Selbstanzeige wäre.