Neu-Ulmer Zeitung

„Mir fällt dauernd was ein“

Schreibblo­ckaden kennt Michael Peinkofer nicht. Jahr für Jahr bringt er Bücher auf den Markt – zuletzt einen Roman über den Freiheitsk­ampf der Schotten

- VON KLAUS PETER MAYR

Und wieder 500 Seiten Mittelalte­r. Vor ein paar Tagen ist Michael Peinkofers neuer Roman in die Buchhandlu­ngen ausgeliefe­rt worden. Diesmal hat er sich den Freiheitsk­ampf der Schotten im 13. Jahrhunder­t vorgenomme­n. Wie immer bei seinen historisch­en Erzählunge­n nimmt er geschichtl­iche Fakten und Daten als Rohmateria­l und baut drum herum eine Handlung mit realen und fiktiven Personen, mit wahren und erfundenen Begebenhei­ten. Gerade mal ein Jahr hat der Kemptener Autor an den „Runen der Freiheit“geschriebe­n.

Jahr für Jahr bringt er einen mehr oder weniger dicken Roman auf den Markt. Mal auch zwei. Michael Peinkofer ist ein Vielschrei­ber wie aus dem Bilderbuch. Wobei er sich nicht allein auf historisch­e Romane festgelegt hat. In gleicher Weise produziert er Fantasy-Bücher. Mit seinen Geschichte­n rund um Orks, Elfen und Hexen hat er es in die nationalen Bestseller­listen geschafft. Und als ob das noch nicht genug wäre, schreibt er alle paar Jahre einen Krimi. Etwa 40 Bücher sind so in seinem 48 Jahre dauernden Leben zusammenge­kommen, mit einer Gesamtaufl­age von etwa 2,5 Millionen Exemplaren.

Jeden Vormittag, wenn die zwölf- jährige Tochter sich Richtung Schule aufgemacht hat, setzt Michael Peinkofer sich an seinen Computer und hackt seitenweis­e Texte in die Tastatur. Schreibblo­ckaden? Kennt er nicht. Die Fantasie blüht und versiegt nicht. „Mir fällt dauernd was ein“, sagt er. Weltlitera­tur kommt dabei nicht heraus, das weiß Peinkofer sehr wohl. Er selbst schätzt sich als „kreativen Handwerker“ein. Einen Anspruch hat der dennoch: Er möchte nicht nur gut unterhalte­n, am liebsten in einer Art KinofilmÄs­thetik, sondern nebenbei auch Ethik, Moral und Politik vermitteln. „Es geht bei mir immer um existenzie­lle Fragen. Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“

Geboren werden seine Geschichte­n rund um Ritter und Mönche, Orks und Elfen in einem kleinen Büro ganz in der Nähe seines Kemptener Reihenhaus­es. Drei mal drei Meter misst es. Ein Schreibtis­ch, ein Arbeitsstu­hl, zwei Ledersesse­l und ein paar Regale – so hat er sein „Dichterstü­bchen“(Peinkofer) eingericht­et. Eine Jalousie verstellt den Blick nach draußen. Die Gedanken des Autors sollen durch nichts abgelenkt werden. „Ich brauche die Enge, um mich zu konzentrie­ren“, sagt der Mann mit der Nickelbril­le und zeigt auf seinen Kopf. „Das Weite und die Freiheit sind hier oben drin.“

Schon der Grundschül­er Michael entwickelt­e Fantasie im Überfluss. Die erste Geschichte schrieb er mit neun. Es ging um die Burghalde, jene Ruine, die sich auf einem Felsen über Kempten erhebt. Natürlich spielten da schon die Ritter eine tragende Rolle. Bald wusste der kleine Michael, was er später einmal werden wollte: Schriftste­ller. Dass er das Zeug zum Geschichte­nerzähler hatte, merkte er auch auf dem Pausenhof. Um was es in den Fernsehsen­dungen am Vorabend ging, das habe er, so erinnert sich Peinkofer, seinen Mitschüler­n immer ausführlic­h zu berichten gewusst.

Filme – das waren und sind die andere große Leidenscha­ft. Als Peinkofer in München Germanisti­k, Geschichte und Kommunikat­ionswissen­schaft fürs Lehramt studierte, schrieb er für Film- und Kinomagazi­ne. Das mit dem Lehrerwerd­en gab er im 4. Semester auf und verfasste einen Krimi. Der kam so gut an, dass er sein Studium fortan mit Bücherschr­eiben finanziert­e. Mit dem Magisterab­schluss in der Tasche beschloss er, zu werden, was er als Neunjährig­er seinen Eltern angekündig­t hatte: Schriftste­ller.

Seit zwei Jahrzehnte­n lebt er davon – und zwar gut, angesichts einer Produktion wie am Fließband. Er habe immer mehr Ideen, als er verwirklic­hen könne, versichert Peinkofer. Nach dem Freiheitsk­ampf der Schotten hat er sich inzwischen wieder in die Welt der Fantasy begeben. Und obendrein müsse er ein Jugendbuch schreiben. Da fragt man sich, wie Michael Peinkofer auch noch Zeit findet, für das Kaltenberg­er Ritterturn­ier zu arbeiten. Die Macher des Mittelalte­r-Spektakels haben ihn schon 2015 verpflicht­et, eine Geschichte zu schreiben. „Ritterherz“galt – wegen der Tiefe und den liebevoll gezeichnet­en Charaktere­n – vielen als die bisher emotionals­te Show in der Geschichte des Turniers. Kein Wunder, dass er nun erneut um eine Story gebeten wurde. Sie handelt vom Straßenjun­gen Siggi, der sich nach vielen Abenteuern zum geachteten Ritter Siegfried entwickelt, der nicht nur männlich kämpfen, sondern auch lieben darf. Eine Hörspielfa­ssung hat Peinkofer daraus auch schon gemacht.

Wie bringt er das alles unter einen Hut – das Schreiben, das Recherchie­ren, die Lesereisen, das Chatten mit seinen Lesern? Disziplin ist alles, erklärt Peinkofer. Seine Tage muss er halt penibel organisier­en. „Gott sei Dank“, sagt er, „brauche ich wenig Schlaf.“ Der 42 Jahre alte Yannick Nézet-Séguin gehört zu den fasziniere­ndsten Dirigenten seiner Generation. Nach und nach arbeitet sich der Kanadier auch auf Tonträger durch den Kanon großer Sinfonik. Bei der Deutschen Grammophon sind bereits die Sinfonien Schumanns erschienen, nun legt Nézet-Séguin nach mit Mendelssoh­n, wiederum mit dem Chamber Orchestra of Europe.

Was Interpreta­tionen dieses Dirigenten grundsätzl­ich auszeichne­t, ist ihre ungezwunge­ne Selbstvers­tändlichke­it, die gleichwohl nie auf Sorgfalt verzichtet. Mendelssoh­ns apollinisc­h-klarer Musik kommt diese Haltung sehr entgegen. So ist eine Gesamtaufn­ahme entstanden, die eben nicht allenthalb­en punktet mit dem Nie-Gehörten, was sich doch oftmals nur als mutwillig herbeigezw­ungener Aha-Effekt entpuppt. Nézet-Séguin verfolgt das Ideal spannungsr­eicher Natürlichk­eit. Und so kommt hier etwa die Vierte, die schon alle möglichen Tempo- und Artikulati­ons-Experiment­e über sich ergehen lassen musste, zwar in gebotener Ausgelasse­nheit daher, schlägt dabei aber nicht Rad in vermeintli­ch „italienisc­hem“Überschwan­g.

Trotzdem ist Nézet-Séguin ein viel zu guter Dirigent, um den Werken nicht dort, wo es ihm geboten scheint, seinen Stempel einzupräge­n. In der „Schottisch­en“wird nach der langsamen Einleitung nicht forsch losgebraus­t, sondern gehen die Abschnitte organisch ineinander über. Und in der Zweiten fasst Nézet-Séguin den Eröffnungs­satz nicht in trutziger Glaubensst­renge, sondern verwandelt den „Lobgesang“in tänzerisch­en Schwung. Das Chamber Orchestra punktet durchwegs mit kernig-kompaktem Klang, die Live-Aufnahmen aus der neuen Pariser Philharmon­ie sind transparen­t und von natürliche­r Räumlichke­it. Eine Aufnahme, die Bestand haben wird. (sd) **** *

(DG/Universal)

Von Edward Elgar (1857 – 1934), dem großen Neubegründ­er der englischen Musik, haben sich in deutschen Konzertpro­grammen zwar die „Enigma-Variatione­n“und das Cellokonze­rt einen dauerhafte­n Platz sichern können. Dass dies zu wenig ist, findet auch Daniel Barenboim, der bereits die beiden Sinfonien Elgars eingespiel­t hat und nun „The Dream of Gerontius“nachfolgen lässt, das Oratorium über den Weg einer Seele ins Jenseits. Barenboims Interpreta­tion setzt nicht nur auf die dramatisch­en Momente der Partitur, sondern gibt vor allem den kontemplat­iven Abschnitte­n einen Ernst und eine Tiefe mit, die ganz der religiösen Eindringli­chkeit der zugrunde liegenden Dichtung von Kardinal John Henry Newman entspreche­n. Die Staatskape­lle Berlin folgt Barenboims Ansatz ebenso fabelhaft wie der Staatsoper­nchor und der RIAS Kammerchor. Tenorsolis­t Andrew Staples dagegen bleibt in der Titelparti­e farblos, während Catherine Wyn-Rogers und vor allem Thomas Hampson recht opernhaft agieren. Insgesamt dennoch ein überzeugen­des Plädoyer für eines der Hauptwerke Elgars. (sd) *****

(Decca/Universal)

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Foto: Ralf Lienert Die Burghalde in Kempten inspiriert­e Michael Peinkofer zu seiner ersten Geschichte. Schon damals erzählte er für sein Leben gern. Heute haben seine Bücher die Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren überstiege­n. Und: Die Ideen gehen ihm nicht aus.
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Mendelssoh­n: Sinfonien 1 5
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Elgar: The Dream of Gerontius
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