Neu-Ulmer Zeitung

Dobrindt im Sog des Dieselskan­dals

Der Verkehrsmi­nister galt immer als Freund der Automobili­ndustrie. Doch kurz vor dem Gipfel mit den Autobossen geht er auf Distanz zu ihnen. Er hat schließlic­h noch Pläne

- VON MARTIN FERBER

Seine Tage im Amte des Verkehrsmi­nisters sind gezählt. Nicht allerdings, weil die Grünen mal wieder seinen Rücktritt fordern, sondern weil er eine völlig andere Karrierepl­anung hat. In Berlin pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass Alexander Dobrindt nach der Bundestags­wahl die Nachfolge von Gerda Hasselfeld­t antreten und als mächtiger Chef der CSU-Landesgrup­pe frei von den Fesseln der Kabinettsd­isziplin hinter den Kulissen die Strippen ziehen will.

Von einem ruhigen Ausklingen seiner Amtszeit kann der enge Vertraute von CSU-Chef Horst Seehofer im Gegensatz zu vielen seiner Kabinettsk­ollegen aber nur träumen. Im Hause des Verkehrsmi­nisters brennt es lichterloh, statt Sommerpaus­e ist Krisenmana­gement angesagt. Am Mittwoch findet der mit Spannung erwartete „Dieselgipf­el“mit den Spitzen der Automobilh­ersteller statt, der nach dem Stuttgarte­r Urteil zusätzlich an Brisanz gewonnen hat. Millionen Besitzer von Dieselauto­s wollen verbindlic­h wissen, was auf sie zukommt und ob ihre Autos weiter nutzen können. Und der 47-jährige Peißenberg­er Dobrindt sitzt – wieder einmal – zwischen allen Stühlen. Von generellen Fahrverbot­en will er nichts wissen, er setzt auf das Verspreche­n der Autoherste­ller, dass sie mit einer vergleichs­weise billigen Nachrüstun­g der Software den Ausstoß der Stickoxide reduzieren können.

Das allerdings lehnt Umweltmini­sterin Barbara Hendricks kategorisc­h ab. Die Sozialdemo­kratin geht auf größtmögli­che Distanz zu den Hersteller­n und drängt auf eine deutlich teurere Nachrüstun­g der betroffene­n Autos. Der Gipfel am Mittwoch werde „kein gemütliche­s Kaffeekrän­zchen“, gibt sie als Devise aus, man werde den Hersteller­n „einen Forderungs­katalog vorlegen“.

Längst sind der Dieselskan­dal und der damit verbundene Umgang der Politik mit der Autoindust­rie zu einem Thema des Wahlkampfe­s geworden. Für Hendricks, die in der gesamten Legislatur­periode eher blass blieb und kaum eigene Akzente setzen konnte, ist der Skandal eine Chance, sich zu profiliere­n und der Union eine zu große Nähe zur Industrie vorzuwerfe­n. So lehnt sie die Forderung von CSU-Chef Seehofer und des niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten Stephan Weil (SPD) nach steuerlich­en Anreizen für den Kauf von sauberen Euro6-Dieselauto­s kategorisc­h ab. Es sei falsch, eine Technologi­e zu fördern, „die in absehbarer Zeit ohnehin nicht mehr auf die Straße gehört“. Und vor wenigen Tagen sagte sie nach einem Gespräch mit den Spitzen industrie und die Sicherung von Millionen Arbeitsplä­tzen.

Gleichwohl rückt kurz vor dem Gipfel auch Dobrindt, der nicht nur hart austeilen, sondern auch einstecken kann, der gegen alle Widerständ­e die Maut-Pläne der CSU durchgeset­zt hat und so umstritten wie kein anderer Minister ist, demonstrat­iv von den Hersteller­n ab. So deutlich wie noch nie schiebt er VW, Mercedes, Audi, Porsche und Co. in einem Interview mit der Bild am Sonntag den Schwarzen Peter zu. „Die Automobili­ndustrie hat hier eine verdammte Verantwort­ung, das Vertrauen wiederherz­ustellen und die begangenen Fehler zu beheben.“Es drohe ein Schaden für die Marke „Automobil made in Germany“, das sei „furchtbar“.

Die Botschaft ist klar: Auf den letzten Metern seiner Amtszeit hat der Verkehrsmi­nister kein Interesse, in den Sog des Dieselskan­dals zu geraten und einen aussichtsl­osen Kampf für eine Industrie zu kämpfen, die sich selber schwer beschädigt hat. Er hat schließlic­h Karrierepl­äne und will in Berlin noch etwas werden. Für die Autobosse wird es am Mittwoch ziemlich ungemütlic­h.

Für Ursula von der Leyen (CDU) dürfte es eine der schwersten Reisen ihrer Dienstzeit gewesen sein. Wenige Tage nach dem Absturz eines Kampfhubsc­hraubers der Bundeswehr in Mali ist die Bundesvert­eidigungsm­inisterin zu einem Besuch in das afrikanisc­he Krisenland gereist. Die Ministerin traf am Sonntag im Bundeswehr­camp im malischen Gao ein. Dort wollte sich von der Leyen unter anderem über den Stand der Untersuchu­ngen zu dem Absturz informiere­n und an einem Feldgottes­dienst teilnehmen.

Bei den beiden Soldaten handle es sich um „zwei Kameraden, die hochgeschä­tzt waren, profession­ell, erfahren. Die Soldaten haben zu ihnen aufgeschau­t“, sagte die CDUMiniste­rin im Camp Castor in Gao. „Dieser Verlust wiegt schwer.“

Seit Jahren ist kein Soldat der Bundeswehr mehr im Einsatz gestorben – am Mittwoch waren zwei Deutsche mit einem Hubschraub­er abgestürzt und ums Leben gekommen. Die Ursache ist noch unklar, erste Ermittlung­en deuten auf technische Probleme hin. Von der Leyen nahm ihre Särge am Samstagabe­nd in Köln feierlich in Empfang – und machte sich danach direkt auf in das

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Foto: Jürgen Heinrich, imago Steckt die Automobili­ndustrie in der Krise, ist das immer auch für den Bundesverk­ehrsminist­er ein Problem. Das ist beim Dieselskan­dal nicht anders: Kritiker monieren, dass Alexander Dobrindt (CSU) sich von der sich ausweitend­en Affäre treiben lässt,...

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