Farbenfroh gegen die Wohnungsnot
Die Baugenossenschaft sieht kein Ende der Mietmisere. Sie reagiert darauf mit bunten Häusern – und einer Wettbewerbsteilnahme
Mit einigem Stolz blickt die Neu-Ulmer Baugenossenschaft (BGNU) auf das von ihr in mehreren Abschnitten neu bebaute ehemalige Braun-Areal an der Ecke Silcherund Luitpoldstraße. Das sei eine Erfolgsgeschichte geworden, sagte Geschäftsführer Uwe Fliegner bei der Jahresversammlung. Jedoch gab’s für andere Bauvorhaben in der Stadt kritische Worte.
Fliegner sieht noch längst kein Ende der Wohnungsmisere. Auf seiner Warteliste seien 250 bis 300 Interessenten vermerkt. „Und täglich klopfen neue Wohnungssuchende bei uns an, die eine nicht nur bezahlbare Unterkunft suchen.“Nachverdichtung eines Wohngebiets wie das Ulmer Ried in Ludwigsfeld halte er für „äußerst problematisch“. Daraus könnten sich Problemviertel mit sozialem Sprengstoff entwickeln.
Der Geschäftsführer warf auch noch einen Blick in die nähere Zukunft, was das Ludwigsfelder Baugebiet Ulmer Hofgut angeht, das zurzeit erschlossen werde. Dort seien der Genossenschaft 1800 Quadratmeter Baugrund reserviert worden für einen Geschosswohnungsbau und zwei oder drei Reihenhäuser. Allerdings seien erst mal die Preise abzuwarten, die vermutlich im kommenden Frühjahr von der Stadt vorgelegt würden. Erst dann könne entschieden werden, ob die BGNU kaufe und baue. „Wir würden ja gern bauen, aber die teilweise absurden gesetzlichen Vorgaben können einem die Freude daran vermiesen.“
Doch erst einmal herrscht bei der BGNU hoffnungsvolle Stimmung. Denn sie will sich für den von der Bundesregierung ausgelobten Deutschen Bauherrenpreis 2017/2018 bewerben. Ins Rennen geht die Genossenschaft mit dem neu bebauten ehemaligen Braun-Areal an der Ecke Silcher- und Luitpoldstraße. „Schön eingebettet in den Neu-Ulmer Westen sind unsere Gebäude architektonisch voll gelungen, und unsere Mieter fühlen sich dort wohl“, sagte Fliegner. „Wir glauben, dass wir reelle Chancen auf eine gute Platzierung haben.“Es zeichne sich schon ab, dass die anfangs erwarteten Gesamtkosten um 13 Millionen Euro in der Endabrechnung deutlich unterschritten würden. Wichtig sei der BGNU auch, dass kein Unterschied zwischen gefördertem und frei finanziertem Wohnungsbau zu erkennen sei. „Wir legen Wert darauf, dass hier keine Stigmatisierung stattfindet.“
Auch in die zeitgemäße Modernisierung stecken die Baugenossen viel Geld. Der Komplex Schützen-, Eck- und Silcherstraße ist in eine „dicke Wärmedämmung eingepackt worden“und hat zum Innenhof erstmals knallbunte Balkone erhalten. Für die neuerdings so richtig farbenfrohen Fassaden an ihren Wohnbauten habe die Genossenschaft schon viel Lob bekommen. „In diesem Bestand ist es nun richtig lebendig geworden“, sagte Fliegner. Die Fassaden höben sich „wohltuend von den teilweise etwas monotonen Gebäuden unserer Nachbarn ab“. Mit Kosten um 1,7 Millionen Euro werden derzeit zwei Komplexe an der Luitpoldstraße modernisiert. Sie erhalten ebenfalls Wärmedämmung, Balkone, neue Fenster und vermutlich auch wieder schöne bunte Fassaden.
Auch Oberbürgermeister Gerold Noerenberg war bei der Jahresversammlung dabei. Er danke der Baugenossenschaft für ihren Einsatz: Da sei viel Gutes geschaffen worden seit 1899. Zu seinem derzeitigen Lieblingsthema, die vom Stadtrat angestrebte Kreisfreiheit Neu-Ulms, sagte Noerenberg beschwichtigend, da sei noch nichts beschossen. Entscheiden werde der Freistaat. Die Verwaltung arbeite derzeit lediglich, wie vom Stadtrat beschlossen, den Antrag aus.