Erosion des Rechtsstaats
Deutschland ist ein Rechtsstaat. Doch er muss mit Inhalt gefüllt werden. Ohne funktionierende Polizei und Justiz verkommt er zur bloßen Hülle ohne Substanz.
Vor diesem Hintergrund darf der Appell der Gewerkschaft der Polizei und des Deutschen Richterbundes nicht als das übliche Klagelied von Interessenverbänden abgetan werden, sondern als ein Weckruf, bevor es zu spät ist. Schon jetzt ist die Personalmisere bei Polizei und Justiz groß, die jahrelangen Sparrunden des Bundes und der Länder haben ihre tiefen Spuren hinterlassen. Das untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat und gefährdet die innere Sicherheit. Geradezu dramatisch aber ist der Blick in die Zukunft: Allein in den nächsten vier Jahren erreicht jeder fünfte Polizist die Altersgrenze, bis 2030 scheiden mehr als 40 Prozent der Richter und Staatsanwälte aus dem aktiven Dienst. Zwar hat es bei der Einstellung neuer Polizisten bereits eine Trendwende gegeben, doch die reicht noch immer nicht aus, um die tatsächlich bestehenden Defizite auszugleichen.
Die Erkenntnis ist banal, wird aber gerne verdrängt: Die Sicherheit wird nicht dadurch verbessert, indem man ständig die Gesetze verschärft – sondern indem man die Polizei und die Justiz in die Lage versetzt, sie anzuwenden und umzusetzen. Die Zahlen liegen auf dem Tisch. Sie sind dramatisch. Höchste Zeit, dass gehandelt wird. wieder mehr Polizisten eingestellt, doch das reiche nicht, um die Defizite der Vergangenheit auszugleichen.
Zudem würden allein bis 2021 44 000 Beamte in Pension gehen, das ist jeder fünfte Polizist. Malchow verwies darauf, dass bis 2021 insgesamt 74 000 Neueinstellungen bei der Polizei geplant seien, davon würden etwa 56000 die dreijährige Ausbildung bestehen, womit es unter dem Strich 12000 Polizisten mehr gebe als wegen des Erreichens der Altersgrenze ausscheiden. „Das hört sich gut an“, sei aber nicht ausreichend, da allein der Bund rund 6500 neue Stellen bei der Bundespolizei und dem BKA schaffe. In den Ländern hingegen finde keine entsprechende Erhöhung statt, dabei sei gerade dort der Bedarf am größten. Nötig seien 20 000 zusätzliche Polizisten bis 2021.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssten Bund und Länder in den kommenden vier Jahren nicht 74 000, sondern 90 000 bis 94 000 neue Polizisten ausbilden. Das Fazit Malchows: „Es wird dringend Zeit für mehr Sicherheit im Alltag, für mehr Polizistinnen und Polizisten, die sichtbar auf der Straße unterwegs sind und Ermittlungen führen – und die Bürger schützen, unabhängig vom Geldbeutel.“
Als Bivsi ihre Freunde im Düsseldorfer Flughafen erblickt, fließen Tränen. Vor zwei Monaten war die in Deutschland geborene 15-Jährige aus Duisburg nach Nepal, die Heimat ihrer Eltern, abgeschoben worden. Ein Land, das die Gymnasiastin nie zuvor in ihrem Leben betreten hatte, dessen Sprache sie kaum spricht. Nach wochenlangem Kampf, Protesten und Petitionen von Mitschülern, Lehrern und Politikern ist das anfangs Unmögliche erreicht worden: Bivsi und ihre Eltern durften am Mittwoch nach Deutschland zurückkehren.
Ein Dutzend Klassenkameraden erwarten Bivsi mit Transparenten, auf denen, umrahmt von rosa Herzchen, „Willkommen zurück Bivsi, Bhim und Shri Maya“steht. Allen fehlen die Worte. Stattdessen innige Umarmungen. Bivsi und ihre Freundinnen Sara aus Afghanistan, Rosemarie aus Vietnam und Marcia aus Angola liegen sich in den Armen. Sie alle sind Schüler der 9d eines Gymnasiums im Zentrum Duisburgs. „Wir sind ein bisschen stolz, dass wir es geschafft haben“, sagt Sara. Auch Schulleiter Ralf Buchthal umarmt Bivsi. „Hartnäckig zu bleiben, hat zum Erfolg geführt“, sagt er. Die Klasse, in der rund die Hälfte der Schüler einen Migrationshintergrund hat, ist ein Beispiel für Integration in Duisburg.
Es waren die Schüler, die zuerst protestierten, als Bivsi am 29. Mai direkt aus dem Unterricht geholt und zusammen mit ihren Eltern in