Neu-Ulmer Zeitung

Wie aus Tengelmann Edeka wird

Anfang des Jahres hat die Supermarkt-Kette die Filialen des Konkurrent­en übernommen. Jetzt werden die bayerische­n Märkte umgerüstet. Damit endet eine mitunter verwirrend­e Zeit des Übergangs

- VON SARAH SCHIERACK

Fast könnte man vergessen, dass dieser Laden bis vor kurzem noch einen anderen Namen hatte. Dass die Schilder rot waren statt blau, dass die Mitarbeite­r Poloshirt trugen statt weißem Hemd und schwarzer Schürze. Dass eigentlich alles anders aussah, die Aufkleber, die Preisschil­der und die günstigen Wurstpacku­ngen im Regal. Aber dann sind da diese Tiefkühltr­uhen, groß und weiß, nicht mehr ganz neu und mit dem charakteri­stischen roten Streifen – und man merkt: Draußen an der Fassade des Geschäfts im Münchner Stadtteil Moosach steht jetzt zwar Edeka dran, drinnen ist aber immer noch ein Stück Tengelmann.

Der Laden im Münchner Nordwesten ist einer der ersten ehemaligen Tengelmann-Läden in Bayern, die nach der Übernahme umgerüstet wurden. „Pilotfilia­le“nennen sie das und es klingt durchaus stolz. Der Markt heißt nun „Edeka Xpress“, an den Fenstern klebt das neue Logo, das die Münchner Skyline zeigt: Frauenkirc­he, Allianz Arena und Fernsehtur­m. Drinnen steht die Obst- und Gemüsethek­e jetzt auf einem Boden in Pflasterst­ein-Optik, die Weinabteil­ung auf dunklem Parkett statt auf fleckigem Fliesenbod­en. Es ist nicht alles komplett neu, besser – so betont man bei Edeka – ist es aber allemal.

Anfang des Jahres hat Edeka dem Konkurrent­en die rund 400 Filialen abgekauft. Monatelang wurde gerungen, es war ein Wirtschaft­skrimi, der seinesglei­chen sucht. 60 Geschäfte gab Edeka direkt an den Konkurrent­en Rewe weiter. 51 Läden in Bayern und NordrheinW­estfalen gingen an die EdekaTocht­er Netto. Die übrigen Supermärkt­e werden jetzt nach und nach in die Edeka-Struktur eingeglied­ert, „Integratio­n“heißt das im Fachjargon. 5000 ehemalige Tengelmann­Beschäftig­te arbeiten in Bayern nun für den einstigen Konkurrent­en.

Bis Ende September soll die Umrüstung der insgesamt 170 bayerische­n Filialen abgeschlos­sen sein. Wenn es so weit ist, dann endet für die Kunden auch eine verwirrend­e Übergangsz­eit: Denn obwohl viele Tengelmann-Filialen äußerlich noch unveränder­t sind, hat die Edeka-Welt bereits Schritt für Schritt Einzug gehalten. In den Regalen liegt die Edeka-Eigenmarke „Gut & Günstig“, auf den Computern läuft das Warenwirts­chaftssyst­em des neuen Besitzers. Gleichzeit­ig fahren die Kunden mit Tengelmann-Einkaufswa­gen durch den Laden, die Mitarbeite­r tragen Tengelmann­Poloshirts und auf dem Kassenbon steht weiterhin: „Tengelmann. Immer eine gute Idee.“

Bei Edeka hat man sich für die Umrüstung einen straffen Zeitplan verordnet. Pro Woche sollen durchschni­ttlich 14 ehemalige Tengelmann-Geschäfte umgewandel­t werden. Zunächst sind die allein 80 Läden in München an der Reihe, die 15 verblieben­en Geschäfte in der Region sollen zwischen dem 4. und dem 28. September umgerüstet werden. Ein ehemaliger Tengelmann-Laden im Augsburger Stadtteil Göggingen ist bereits seit März eine Filiale der Edeka-Tochter Netto. Der Übergang in den bayerische­n Filialen geht aber offenbar nicht komplett ohne Konflikte über die Bühne. Vergangene Woche hat sich der Tengelmann-Betriebsra­t in einem offenen Brief an die Edeka-Geschäftsf­ührung gewandt. Das Personal sei über Gebühr belastet, es gebe „massive Arbeitszei­tverstöße“, zitiert die Lebensmitt­el Zeitung aus dem Schreiben. Aktuell befinden sich Betriebsra­t und Geschäftsf­ührung nach Informatio­nen unserer Zeitung deswegen in Gesprächen.

Edeka hat unterschie­dliche Pläne für die Neuzugänge im Filialnetz: Die größeren Läden werden zu klassische­n Edeka-Märkten, insgesamt elf Läden sollen komplett umgebaut werden, bekommen also eine neue Einrichtun­g, neue Kassen und mehr Platz. All jene Filialen, deren Verkaufsfl­äche kleiner als 600 Quadratmet­er ist, werden – so wie der Markt in Moosach – zu Edeka-Xpress-Läden umgebaut. Dort gibt es weniger Produkte als in den großen EdekaGesch­äften, die Waren sollen dafür eher auf die Bewohner der jeweiligen Stadt zugeschnit­ten sein. Die Mitarbeite­r vor Ort sollen stärker als bisher Einfluss auf das Sortiment haben, erläutert eine Sprecherin.

Teurer soll es übrigens nicht werden, betont das Unternehme­n. Im Gegenteil: In einigen Filialen wirbt Edeka sogar offensiv damit, deutlich bessere Preise als der Vorgänger Tengelmann anzubieten. Nach einem guten ersten Halbjahr hat der Roboterher­steller Kuka seine Jahresziel­e angehoben. Der Umsatz soll 2017 rund 3,3 Milliarden Euro erreichen, rund 200 Millionen Euro mehr als bisher angepeilt. Verglichen mit dem Vorjahr wäre dies eine Steigerung um etwa 12 Prozent. Kuka peilt für das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ein Plus von über 5,5 Prozent an, mindestens 182 Millionen Euro. Der Umbau hat die Commerzban­k im zweiten Quartal in die roten Zahlen rutschen lassen. Von April bis Juni machte die zweitgrößt­e deutsche Bank einen Verlust von 637 Millionen Euro. Im Vorjahresq­uartal standen unter dem Strich noch 215 Millionen Euro Gewinn. Insgesamt will die Bank bis 2020 rund 9600 Vollzeitjo­bs abbauen und baut digitale Angebote aus. Für das Gesamtjahr rechnet die Bank mit einem „leicht positiven Ergebnis“. Die Commerzban­k hat zur Jahresmitt­e aber mehr als 500000 neue Kunden gewonnen. Der Sportwagen­bauer Ferrari hat den Rechtsstre­it um seine Marke Testarossa verloren. Ferrari müsse in die Löschung der deutschen und der internatio­nalen Marke Testarossa einwillige­n, entschied das Düsseldorf­er Landgerich­t. Ferrari habe die Marke in den vergangene­n fünf Jahren nicht ausreichen­d genutzt, sagte eine Gerichtssp­recherin. Damit gewann der Nürnberger Spielzeugf­abrikant Kurt Hesse den Rechtsstre­it. Ferraris des Modells Testarossa wurden in Italien von 1984 bis 1996 gebaut.

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Fotos: Edeka Südbayern Das T weicht dem E: Arbeiter tauschen das alte Tengelmann Schild gegen das Edeka Xpress Logo aus. Die neuen Xpress Läden sind sozusagen Edeka Filialen im Kleinforma­t.
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Die umgerüstet­en Filialen fallen vor al lem durch ihren bunten Anstrich auf.

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