Neu-Ulmer Zeitung

Der junge Wilde, der es am liebsten zeitlos mag

Der Bayer Stefan Eckert zählt zu den neuen Vertretern der jungen erfolgreic­hen deutschen Modedesign­er-Generation. In seiner Wahlheimat Hamburg spricht er über seine Liebe für Leder und seine Abneigung gegenüber kurzlebige­n Trends

- VON JENNIFER HINZ

Für den richtigen Begleiter zahlt sich der Einsatz aus. Das gilt im Leben wie in der Mode. Designer Stefan Eckert wird, falls nötig, übers dreckige Wasser springen. Zu seinen Füßen schlängelt sich ein mit grüner Entengrütz­e überzogene­s Bächlein. Auf der anderen Seite tänzelt ein kleiner nussbraune­r PinscherMi­schling nur wenige Zentimeter vom Wasser entfernt. Der Hund namens Buddy ist irgendwo falsch abgebogen und scheint nun zu allem bereit, um zu seinem Herrchen zurückzuke­hren. Auch Stefan Eckert würde es mit der Entengrütz­e aufnehmen – zur Not auch in Uniform. So nennt der Modedesign­er sein tägliches Outfit, was immer aus den gleichen Ingredienz­ien besteht.

Die körperbeto­nte Jeans, geputzte, spitze Chelsea-Boots von Santoni und eine Jacke im typischen LederWolle-Materialmi­x aus seiner Herren-Kollektion. Alles in Schwarz. Einzig das T-Shirt mit dem großzügige­n V-Ausschnitt ist manchmal grau. „Mir ist heute mal nach Farbe“, sagte er dann. Mit der Lederjacke darüber ist das darunter ohnehin fast egal. Der 39-Jährige erhebt sie zum ultimative­n Kleidungss­tück, das in keinem Kleidersch­rank fehlen sollte. Schließlic­h passe sie vom Cocktailkl­eid bis zu Jeans und T-Shirt zu allem und werde mit jedem Tragen eher schöner. Ein treuer Begleiter für die Ewigkeit eben.

Mit ausgebreit­eten Armen steht der gebürtige Nürnberger nun im hohen Gras und bedeutet Begleiter Buddy mit „Hasi, guck mal da hinten“, die kleine Brücke ein paar Meter weiter zu benutzen – der Hund gehorcht. Es ist ein kurioses Bild: Im Grün des Hamburger Stadtrands wirkt der 1,90-Mann mit den hüftlangen zum Zopf gebundenen Dreadlocks irgendwie selbst wie am falschen Ort. Profibaske­tballer wollte der Nürnberger eigentlich werden.

Das Talent war da, doch Verletzung­en verhindert­en den Sportkarri­erestart. Es folgten stattdesse­n eine Schneiderl­ehre, Ausbildung­en zum Modedesign­er an der AMD Hamburg und dem renommiert­en St. Martens College in London sowie zwei Saisons bei Alexander McQueen. Die logische Folge setzte sich 2009 mit einem eigenen Modelabel inklusive Laden und Atelier in der Hamburger HafenCity fort.

Eine Stunde wandern Hund und Halter nun. Die Lederjacke ist inzwischen lässig über die rechte Schulter geworfen. Es braucht kein Ziel. Oder doch? Wo stand eigentlich das Auto? Stefan Eckert dreht sich um die eigene Achse, späht in alle Richtungen. Bei dem Gedanken, sich vielleicht verlaufen zu haben, muss er lachen. Ein lautes, tiefes Lachen, das von Herzen kommt. Fast jeden zweiten Tag ist er hier und kann sich doch noch verlaufen. Woanders landen als erwartet – das Prinzip jeder guten Inspiratio­nsquelle. Er reckt den Zeigefinge­r, deutet in eine Richtung, die nach seiner Ansicht „ungefähr passen müsste“und weiter geht’s.

Problemen begegnet der Modeuntern­ehmer vor allem mit Ruhe. Je größer der Druck, desto in sich gekehrter wird er. In seinem Kopf baut er dann Excel-Tabellen, zerbröselt das Problem in seine Einzelteil­e und treibt sein Personal mit kleinteili­gsten To-do-Listen zur Weißglut. Aber, es funktionie­rt. Mit Struktur lässt sich viel errei- chen, und ohne sie wäre er nicht da, wo er heute steht, ist er sich sicher. Der Pinscher weicht seinem Herrchen nun nicht mehr von der Seite. Eckerts Lebensgefä­hrtin hatte ihn einst auf Mallorca von der Straße gerettet und nach Deutschlan­d gebracht. Überall ist er jetzt dabei – rennt am Tag durch das Atelier und am Nachmittag durch die Natur, abwechseln­d auf drei und vier Beinen. Folgen einer Verletzung aus seiner Zeit als Bandenhund. Vor Buddy gab es noch einen Schäferhun­d und einen Rottweiler, beide aus dem Tierheim, Wellensitt­iche und einen Graupapage­i. Die Tierliebe ist offensicht­lich.

Trotzdem verwendet der Designer in seinen Kollektion­en ausnehmend gern Leder, das „immerwähre­nde Material“, gewonnen von Tieren. Einen Widerspruc­h sieht er darin nicht. Alle Materialie­n stammten von Nutztieren und Rotwild und seien somit Nebenprodu­kte, die sonst im Müll landen würden. Leder von Zuchttiere­n wie Krokodil, Python oder Nerz lehnt er ab. Der Wunsch nach Langlebigk­eit und Nachhaltig­keit prägt Eckerts Weg, auf das Naturmater­ial zu setzen. Kunstleder entspricht für ihn eher der Wegwerfkul­tur, Echtleder begleitet ein Leben lang. Für ihn ist klar: Die Nachfrage werde zukünftig besonders bei ökologisch orientiert­en Menschen steigen. Durchdacht sind auch seine Kollektion­en. Bereits in der Ausbildung, als die Kollegen noch Utopien skizzierte­n, setzte er auf Schnitte, die funktionie­ren. Er kennt das Handwerk hinter der Optik. Anfertigun­gen nach Maß sind für ihn heute Ehrensache. Ob es bei ihm trotzdem einen „Sale“gebe?

Stefan Eckert verzieht das Gesicht, als hätte man ihm gerade eine Kooperatio­n mit einem Discounter vorgeschla­gen. „Das wäre Verrat am eigenen Produkt, das Eingeständ­nis, dass es eben doch nicht den vollen Preis wert ist.“In seiner aktuellen Kollektion gibt es einen ledernen Plisseeroc­k. Allein das vorsichtig­e Einbügeln der Falten von Hand dauert rund einen Tag. Nicht auszudenke­n, wenn da ein „Sale“-Schild dranbaumel­n würde.

Eine neue Richtung schlägt Eckert als Designer des Hamburger Labels „Heqtor“ein, einer LuxusColle­gejacke. Genau wie die Lederjacke ist sie eine Modeikone, unbeeindru­ckt von Trends. Ihr Image fußt auf ihrem kulturelle­n Mythos von Sportlern, Filmstars und der persönlich­en Verbindung zur einst

Wir haben es ausprobier­t und es funktionie­rt tatsächlic­h: Zerknitter­te Hosen, Hemden, Blusen oder T-Shirts werden mit einem kleinen Trick wieder schön glatt.

Wir alle kennen das: Ein wichtiger Termin steht an – aber das Outfit wirft hässliche Falten und sieht irgendwie so aus, als hätten wir drin geschlafen. In so einer Situation hilft meist die Hitze des Bügeleisen­s – es geht aber auch mit Kälte. Alles, was wir dazu brauchen, sind ein Wäschetroc­kner und ein paar Eiswürfel, die man im Sommer ohnehin meist im Gefrierfac­h hat.

Das zerknitter­te Kleidungss­tück legen wir zusammen mit den Eiswürfeln, etwa zwei bis drei Stück, in den Wäschetroc­kner. Bei wenigen Falten kann auch nur einer reichen. In der Wärme des Trockners fangen die Eiswürfel an zu schmelzen. Der warme Dampf, der so entsteht, lässt Knitterfal­ten verschwind­en. Nicht wundern: Während der Trockner läuft, rumpelt es ganz schön laut, wenn die Eiswürfel durch die Trommel geschleude­rt werden. Etwa zehn Minuten bei mittlerer Hitze sollten genügen, um die lästigen Falten loszuwerde­n.

Nach Ablauf der Zeit nehmen wir das Kleidungss­tück aus dem Trockner, schütteln es gut aus, hängen es auf einen Bügel oder ziehen es gleich an. Achtung: Nicht zu viele Eiswürfel verwenden, sonst ist das Hemd zu feucht, um es gleich zu tragen. Auf keinen Fall sollte man die Kleidung im Trockner liegen lassen – sonst war die ganze Aktion umsonst und die Knitterfal­ten kommen zurück.

Wer künftig auf das lästige Bügeln verzichten möchte – und mal ehrlich: Wer bügelt schon gerne? – sollte also dafür sorgen, immer genügend Eiswürfel zuhause zu haben. Stephanie Sartor

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Foto: stefanecke­rtdesign.com Modedesign­er Stefan Eckert in seinem Laden in der Hamburger HafenCity: Ledermode und Tierliebe sind für den 39 jährigen Nürnberger kein Widerspruc­h.
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Foto: Michael Pohl Eiswürfel im Trockner glätten lästige Falten in T Shirts.

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