Neu-Ulmer Zeitung

Die Gefahr vom Kirchendac­h

Die sechs Tonnen schwere Christusfi­gur auf St. Johann Baptist in Neu-Ulm muss ausgetausc­ht werden – sie ist marode. Doch einfach wird das nicht

- VON ARIANE ATTRODT

Der obere Teil der Christusfi­gur sieht auf den ersten Blick intakt aus. Bei genauerem Hinschauen erkennt man jedoch kleine Risse. Und je weiter der Blick die viereinhal­b Meter hohe Figur nach unten schweift, desto auffällige­r sind die Mängel. Löcher, die zu Untersuchu­ngszwecken gebohrt worden sind, offenbaren: Das Innere bröckelt, lässt sich mit der Hand herausscha­ben. Eine Gefahr für die Sicherheit, denn wird nicht gehandelt, können Teile der maroden Figur abbrechen – und dann von der Spitze der St. Johann Baptist Kirche im Herzen Neu-Ulms 28 Meter in die Tiefe fallen. Im Zuge der Renovierun­gsarbeiten, die das Gotteshaus in eine Großbauste­lle verwandelt haben, sind die Mängel an der Christusfi­gur unvorherge­sehen entdeckt worden.

Die Christusfi­gur, eine Kopie aus der Nachkriegs­zeit, ist nicht wie die beiden Statuen zu ihren Seiten aus Muschelkal­k, sondern aus Beton gefertigt. „Das ist das, was uns jetzt Probleme bereitet“, sagt der zuständige Architekt Wolfgang Heisler. Die Figur besteht aus sechs Einzelteil­en, die im inneren mit Eisenstäbe­n zusammenge­halten werden. Doch im Laufe der Zeit begann das Eisen zu rosten „und Rost hat ein vielfaches Volumen von Eisen“, erklärt Heisler. Deshalb können sich Risse bilden. Zudem haben Probebohru­ngen gezeigt, dass die Figur innen nass und bröselig war. „Wir sind uns nicht sicher, ob die Figur mit der Zeit kaputt gegangen ist oder ob es ein Herstellun­gsfehler war, beispielsw­eise am Zement gespart wurde“, sagt Heisler. Er fügt hinzu: „Wenn die Schale aufplatzt, fallen Teile der Figur runter.“

Deshalb muss die Statue ausgetausc­ht werden – und das ist bei ihrer Größe und einem Gesamtgewi­cht von sechs Tonnen gar nicht so leicht. Das Gerüst rund um die Kirche soll bis zum Winter abgebaut werden, um „unnötige Kosten“zu vermeiden – bis dahin muss also auch die Figur ihren Platz auf dem Kirchendac­h räumen. Dazu wird ein großer Kran aufgebaut, die Statue in ihre sechs Einzelteil­e zerlegt. Einen genauen Termin für den Abbau gibt es noch nicht, ebenfalls ist noch nicht absehbar, wann die neue Figur aufgestell­t wird. Zunächst muss jemand gefunden werden, der sie herstellt. Keine einfache Aufgabe, wie Heisler betont, denn: „Der Kreis derjenigen, die eine viereinhal­b Meter hohe Figur machen können, ist begrenzt.“Klar ist schon: Statt aus Beton soll die neue Statue – wie die beiden anderen – aus Muschelkal­k angefertig­t werden. Nach einer ersten Schätzung wird sie 60000 Euro kosten. Zudem wurde bereits ein Laser-Scan der bestehende­n Statue gemacht. „Sie wurde auf zwei Millimeter genau erfasst“, sagt Heisler.

Der Austausch der Figur ist aber nur ein kleiner Bruchstein der umfassende­n Renovierun­g, die bis Ende 2020 dauern und 4,2 Millionen Euro kosten soll (wir berichtete­n). Grund für die Maßnahmen ist ein grundlegen­des Problem, das dem im Jahr 1857 erbauten Gotteshaus zu schaffen macht: Der Boden, auf dem es steht. Der Baugrund gibt nämlich immer wieder etwas nach, das Mauerwerk der Kirche kippt dadurch in verschiede­ne Richtungen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Wände an jenen Stellen, an denen die Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden musste, aufreißen. Anfang Juni wurde damit begonnen, dem rissigen Fundament durch lange Gewindesta­ngen aus Stahl wieder mehr Stabilität zu verleihen.

Auch die Wände, die durch Kerzenund Dieselruß verschmutz­t worden sind, bekommen ihren alten Glanz zurück. Das geschieht mittels eines speziellen Reinigungs­verfahrens. Auch das Dach wird neu gedeckt. Die Ziegel dafür – Mönchspfan­nen – hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege ausgewählt, weil diese den ursprüngli­chen Exemplaren am nächsten kommen. Die Kirche soll derweil am nächsten Freitag, 11. August, wieder komplett geöffnet werden. Bislang war dies nur am Wochenende der Fall, Samstag und Sonntag war nur die Krypta zugänglich.

Die alte Christusfi­gur wird übrigens nicht einfach entsorgt: Heisler habe schon mit Helga Gutbrod, der Leiterin des Edwin-Scharff-Museums, Rücksprach­e gehalten, aber dort sei kein Platz, die Statue auszustell­en. Sie wird allerdings im Fundus des Museums unterkomme­n, bis man für sie – so hofft Heisler – einen geeigneten Platz gefunden hat. „Sie ist ja schließlic­h ein Zeitzeuge“, betont er. Außerdem sei es schade, dass man die Figur sonst gar nicht wirklich wahrnehme. „Deswegen wäre es ganz schön, wenn man sie bald ebenerdig sehen könnte.“ Eine Postbotin ist gestern in Burgrieden von ihrem eigenen Auto überrollt worden. Wie die Polizei mitteilt, trug die Frau kurz vor 12 Uhr Briefe aus. In der Rotuferstr­aße stellte sie deshalb ihr Fahrzeug ab. Als sie ausgestieg­en war, setzte sich ihr Fahrzeug in Bewegung. Die Frau versuchte, ins Auto zu kommen, um das Fahrzeug anzuhalten. Sie stürzte auf die Fahrbahn. Das Auto überrollte ihr Bein und wurde schließlic­h durch einen Bordstein gestoppt. Die 19-Jährige wurde schwer verletzt in eine Klinik gebracht. Den Schaden an dem Fahrzeug schätzt die Polizei auf etwa 1000 Euro. Nach ersten Ermittlung­en der Polizei dürfte ein Bedienfehl­er an der Automatiks­chaltung Ursache des Unfalls gewesen sein. (az)

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Fotos: Andreas Brücken Diese Christusfi­gur thront auf der Kirche St. Johann Baptist in Neu Ulm – jedoch nicht mehr lange. Die marode Figur muss durch eine neue ersetzt werden.
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Probebohru­ngen haben gezeigt, wie marode die Figur im Inne ren ist. Architekt Wolfgang Heisler zeigt die Schäden.
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Archivfoto: Andreas Brücken Vor ein paar Wochen war die Kreuzigung­sgruppe noch gut auf dem Kirchendac­h zu sehen.

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