Auch die Maßlosigkeit der Scheichs wird den Fußball nicht zerstören
222 Millionen Euro für den Ballzauberer Neymar sind eine schwindelerregend hohe Summe. Warum das Rad nicht überdreht werden darf
Die Aufregung um einen Fußballer namens Neymar ist groß. Für sagenhafte 222 Millionen Euro wechselt der Brasilianer vom FC Barcelona zum Klub Paris Saint-Germain. Das ist natürlich eine schwindelerregend hohe Summe. Doch all denjenigen, die jetzt darüber spekulieren, dass der Profi-Fußball bald an seiner Maßlosigkeit ersticken werde, sei gesagt: Er wird überleben. Und zwar so lange, wie die Abermillionen Fans weltweit diesem Sport nicht ihre Liebe entziehen.
Es ist ja nicht neu, dass Menschen, auch Sportler, dorthin wechseln, wo sie mehr Geld verdienen. Das galt schon für den Augsburger Fußballstar Helmut Haller, der sich 1962 nicht nur dem FC Bologna anschloss, weil in Italien die Tortellini besser schmecken. Und das gilt heute für die vielen südamerikanischen und afrikanischen Ballzauberer, die ihre Heimat verlassen, um in den europäischen Profi-Ligen ihre Konten zu füllen.
Doch vor allem aus zwei Gründen führt das Neymar-Geschäft den Fußball in eine zweifelhafte neue Dimension. Erstens ist der vermeintliche Riesen-Deal nur ein Mosaikstein in einer weitaus größeren politischen Strategie. Sie soll das sagenhaft reiche Wüsten-Emirat Katar in die Zukunft tragen, wenn Öl und Gas nicht mehr fließen. Nach den Plänen werden Tourismus und Finanzdienstleistungen irgendwann an die Stelle der alten Quellen treten. Damit dies funktioniert, braucht es neue Attraktionen und ein sauberes Image.
Die umstrittene arabische Monarchie investiert daher insgesamt etwa 150 Milliarden Euro in die Fußball-WM 2022, die es nie hätte bekommen dürfen, weil sie nicht in einen glühend heißen Wüstenstaat gehört. Neymar soll zwar für den Klub Paris Saint-Germain spielen, der dem Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, gehört. Doch das ist nur ein Beifang. Vor allem erwarb das Emirat die Marketingrechte an dem brasilianischen Weltstar.
Neymar wird das sympathische Gesicht einer Fußball-WM, die eigentlich eine hässliche Fratze hat. Berichte von Korruption bei der Vergabe durch die Fifa und nordkoreanische Zwangsarbeiter auf den Stadion-Baustellen haben das Image der WM 2022 verbeult. Der junge Brasilianer soll diese Schäden weglächeln. Aus Sicht der herrschenden Scheich-Familie sind die 222 Millionen also eher Peanuts. Das lässt erahnen, dass demnächst noch mehr Petrodollars den Fußball-Markt fluten. Selbst die Summe von einer Milliarde Euro ist nicht mehr undenkbar.
Das viele Geld wird kaskadenartig über die Klubs in die Taschen von Spielern und ihren cleveren Beratern fließen. Die Kluft zum Fan im Stadion, das sich heute meist Arena nennt, um attraktiver zu wirken, wird immer größer. Drohende Über-Kommerzialisierung nennt man das. Und das ist der zweite Grund, weshalb das Neymar-Geschäft zweifelhaft ist.
Auf der anderen Seite entwickelt sich der Fußball aber schon seit über 50 Jahren zu einem immer lukrativeren Geschäft, ohne dass seine Faszination Schaden nimmt. Der weltweit wohl beliebteste Sport ist inzwischen eine der attraktivsten Marketing-Plattformen überhaupt. Die Anhänger strömen in die Arenen und die Werbepartner reißen sich um die Top-Plätze. Dieses Geschäft funktioniert allerdings nur so lange, wie die Vermarkter das Rad nicht überdrehen und das Interesse am Fußball nicht abflacht.
Doch so weit ist es noch nicht. Der Fußball hat die einst umstrittene Einführung der Trikotwerbung überstanden. Die russischen und chinesischen Oligarchen haben ihn bislang so wenig kaputt gekriegt wie österreichische Brause-Millionen. So schnell schaffen das die Scheichs auch nicht. Zu „Am Tag nach dem Diesel Gipfel“(Wirtschaft) vom 4. August: Der „oberflächliche“Leser könnte durch die diversen Artikel und Kommentare den Eindruck gewinnen, dass mit der „Verbannung“des Diesels das Umweltproblem gelöst wird. Mitnichten! Fahrzeuge mit Benzinmotoren haben bei gleicher Motorleistung einen deutlich höheren CO2-Ausstoß, der für die Klimaerwärmung und den damit einhergehenden Folgen verantwortlich ist. Der Strom für Elektrofahrzeuge kommt zwar aus der Steckdose, aber die Herstellung kommt noch zu einem sehr hohen Anteil aus Kohlekraftwerken, die wohl die größten Luftverpester sind. Wenn dann noch die Atomkraftwerke nach und nach vom Netz genommen werden, könnte es durchaus eng mit der Stromversorgung werden. Die erneuerbaren Energien können das Leck in absehbarer Zeit nicht füllen. Und es gibt noch einen weiteren Aspekt. Zur Herstellung der Batterien werden sogenannte „Seltene Erden“benötigt. Der mit Abstand größte Lieferant mit den größten Reserven ist China. Ob das auch für die Zukunft ein verlässlicher und fairer Partner bleibt, wage ich zu bezweifeln. Es gibt Technologien, die den Diesel „erträglich“sauber machen. Sie müssen eben nur eingesetzt werden.
Altenmünster Zum Leitartikel „Warum sich der Verbraucher allzu bereitwillig täuschen lässt“von Sarah Schierack (Meinung & Dialog) vom 4. August: Ihr Leitartikel macht mich sprachlos. Die Schuld im Fall des Eierskandals auf den Verbraucher abzuwälzen – dazu gehört schon viel Mut. Zeichnen wir das Bild doch mal etwas weiter aus und fügen wir noch die Autobauer mit ein. Ist auch hier der Verbraucher schuld, dass er/sie seit Jahren betrogen wird, weil wir uns von dem Versprechen made in Germany blenden lassen? An erster Stelle dieser Kette stehen die, die aus Gier unerlaubte Dinge tun. Da stehen die, die manipulieren, betrügen und sogar Straftaten begehen, um den persönlichen Profit und ihre Gier zu befriedigen. Und leider hier in Deutschland viel zu selten wirklich dafür bestraft werden. Sie schreiben: „Wer bessere, hochwertigere Nahrungsmittel will, der sollte deshalb …“. Glücklich sind die, die nicht jeden Cent umdrehen müssen, um den Monat herum zu bekommen. Alle anderen müssen halt ertragen, betrogen, belogen oder langsam vergiftet zu werden. Aber was soll’s, sie sind ja selbst schuld daran.
Wie wäre es, wenn wir zu guter Letzt noch den Autofahrer der Umweltverschmutzung anklagen, da dieser sich als Halter und Lenker des Fahrzeuges über den verkehrsgerechten Zustand des Fahrzeuges vor Fahrtantritt überzeugen muss. Was bleibt einem als Verbraucher denn anderes übrig, als sich auf die aufgedruckten Beschreibungen oder Angaben der Hersteller zu verlassen. Wir haben doch gar nicht die Mittel und Möglichkeiten, dies wirklich zu hinterfragen. Illertissen