Neu-Ulmer Zeitung

Die grotesken Wege des Emil Nolde

Er ist der Farbmagier des Expression­ismus, berühmt für dramatisch­e Landschaft­en und üppige Blumengärt­en. Auf die Nazis lässt er sich ein, bis seine Kunst als „entartet“gilt. Das Buchheim-Museum erinnert nun an den Jubilar

- VON CHRISTA SIGG

Angeschick­ert lächelt das Matterhorn mit seiner roten Schnapsnas­e, und zwischen Jungfrau, Mönch und Eiger bahnt sich gerade eine launige Dreiecksbe­ziehung an. Man muss diesen urigen Humor nicht teilen, aber mit solchen Bergpostka­rten hat der bis dato erfolglose Emil Nolde in den späten 1890er Jahren einen echten Verkaufssc­hlager gelandet. Jetzt hängen die Vorlagen fein gerahmt im Buchheim-Museum am Starnberge­r See und bilden den Auftakt zu einer ungewöhnli­chen Geburtstag­sschau des großen Expression­isten, der an diesem Montag vor 150 Jahren als Hans Emil Hansen im friesische­n Nolde zur Welt kam.

Ungewöhnli­ch deshalb, weil die aus Wiesbaden übernommen­e Ausstellun­g ohne feuerroten Mohn und dottergelb­e Sonnenblum­en auskommt, ohne paradiesis­che Meeressträ­nde und ohne die aufwühlend­en Bibelszene­n, die nicht nur Kirchenleu­te verschreck­t haben – und doch den typischen Nolde vor Augen führt. Denn bei genauer Betrachtun­g ziehen sich das Fantastisc­he, das Skurrile und Schrille durch das gesamte OEuvre dieses Malers der betörenden Farben.

Das zeigt sich übrigens schon im Kindesalte­r, zu Hause auf dem Bauernhof, wo weder Stalltüren noch ung, sein Antisemiti­smus und seine Klage von der „Überfremdu­ng der deutschen Kunst“.

Nolde muss sich keineswegs verbiegen, als er 1934 Mitglied der NSDAP wird. Wobei er anfangs von Nazi-Größen wie Albert Speer oder Baldur von Schirach gefördert wird; Joseph Goebbels brüstet sich mit seinen Ankäufen gleich noch bei Hitler. Doch just der von Nolde als „genialer Tatenmensc­h“verehrte Reichskanz­ler findet die Gemälde „unmöglich“. Was geradezu harmlos klingt, wenn man bedenkt, dass der Künstler 1937 mit 29 Werken in der Femeschau „Entartete Kunst“vorgeführt wird, die Nazis 1052 seiner Bilder beschlagna­hmen und Nolde 1941 aus der Reichskult­urkammer ausschließ­en.

Er erhält Malverbot, zieht sich ganz nach Seebüll zurück, und es entstehen unverfängl­iche Blumenaqua­relle, aber auch die „Ungemalten Bilder“, von denen eine herrliche Auswahl an Grotesken im Buchheim-Museum zu sehen ist. Darunter ein gesichtslo­ser gelber Hund, den sich Francis Bacon ausgedacht haben könnte, Baummensch­en und Kobolde, die mit ihrem flammenden Haar an Kalle Wirsch von der Augsburger Puppenkist­e erinnern.

Im tiefsten Inneren ist sich Nolde treu geblieben: in seiner Kunst und in seinen verquasten Ansichten. Deshalb kommt nach dem Zweiten

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