Neu-Ulmer Zeitung

In der Schweiz bestieg er die Viertausen­der

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Holzkarren vor Emils Einfällen sicher sind. Den Saft von Beeren oder roten Rüben nimmt er dafür her, und irgendwann haben die Eltern ein Einsehen und schenken dem Buben einen Malkasten. Von dessen künstleris­chen Ambitionen ist der strenge Vater freilich nicht begeistert, deshalb wird die Holzbildha­uerlehre in Flensburg zum hart errungenen Kompromiss.

Doch der junge Hansen will mehr, die vier Eulen für einen von Theodor Storm bestellten Schreibtis­ch sind seine letzte Arbeit und scheinbar ein Omen. Auch wenn er noch eine Weile schnitzend und entwerfend durch die deutsche Möbelbranc­he ziehen muss, um schließlic­h in der Schweiz als Zeichenleh­rer eine Anstellung zu finden. Dass er dort fast alle Viertausen­der erklimmt, beflügelt den Mann vom Meer und bringt ihn auf die Idee mit den erwähnten Postkarten. Unmengen lässt er 1897 auf Pump drucken und verkauft in zehn Tagen gleich 100 000 Stück.

Seinen Job in St. Gallen kann er nun an den Nagel hängen und sich der freien Malerei widmen. Das gestaltet sich zwar zäh, Franz von Stuck lehnt ihn an der Münchner Akademie ab, aber das finanziell­e Polster ermöglicht den Besuch von in Dachau und Paris. Und Nolde, wie er sich 1902 nach der Heirat mit der Schauspiel­erin Ada Vilstrup nennt, ist ausdauernd und interessie­rt. In Berlin eröffnet ihm seine dänische Frau eine neue Welt, nun bereichern das Theater und das Nachtleben sein um die Natur kreisendes Schaffen. Er lernt Kollegen wie Edvard Munch kennen, schließt sich 1907 den Brücke- an, um es gerade mal ein Jahr auszuhalte­n. Nolde mag sich nicht einordnen, 1910 verkracht er sich deshalb auch mit dem „Überimpres­sionisten“Max Liebermann und verlässt die Berliner Secession.

Doch die so unterschie­dlichen Begegnunge­n kitzeln den eigentlich­en Nolde heraus. Er ist radikaler als die anderen, taucht tiefer in den Farbtopf als die meisten ExpressioM­alschulen nisten. Kraftvoll gleitet der Pinsel über die Leinwand, exzessiv malt er Bild um Bild. Und immer wieder treibt es ihn in die Heimat – das nordfriesi­sche Seebüll wird 1926 zur Basis. Genauso zieht es Nolde mit einer Expedition des Reichskolo­nialamts in die Ferne nach Neu-Guinea, was für Neugier und Offenheit sprechen würde. Zugleich aber irritieren seine verquere Weltanscha­uKünstlern

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