Neu-Ulmer Zeitung

Mit viel Schwung ins kühle Nass

Beim Splashdivi­ng-Contest messen sich Sportler und Laien darin, wer die schönste „Arschbombe“hinlegt

- VON ANNIKA GONNERMANN

Konzentrie­rt steht Samuel Capelli auf dem Zehnmetert­urm des Donaubades in Neu-Ulm. Die Luft ist angenehm kühl, eben schiebt sich eine Wolke vor die Sonne, die Lichtrefle­ktion im Wasser lässt nach. Samuel ist einer von rund ein Dutzend Springern, die sich für den Splashdivi­ng-Contest – zu Deutsch: Arschbombe­nwettbewer­b – angemeldet und für die Finalrunde qualifizie­rt haben. Dieser fand im Rahmen des „Jump & Fun Weekends“im Freibad des Donaubads statt. Wer die Jury in den Qualifikat­ionssprüng­en vom Fünfmetert­urm überzeugen konnte, der durfte nun sein Können vom doppelt so hohen Zehnmetert­urm beweisen. Der 17-Jährige aus Weingarten ist selbstsich­er, aber angespannt – ebenso wie seine Konkurrent­en, die sich locker einspringe­n. Einen Favoriten hat er nicht. „Das ist immer schwer einzuschät­zen, wer gewinnt“, erklärt der Schüler, der sich den Sieg mit einem Auerbach-Salto sichern will.

Und laut Leon Enke, profession­eller Splashdive­r und Mitglied der deutschen Splashdivi­ng-Nationalma­nnschaft, hat der junge Schüler gute Chancen. „Der springt ja besser als ich“, quittiert Enke die Sprünge von Samuel. Vier JuryMitgli­eder bewerten jeden einzelnen Sprung mit Punkten von null bis zehn, multiplizi­ert wird das Ergebnis anschließe­nd mit dem Schwierigk­eitsgrad des Sprunges. „Eigentlich soweit alles wie beim Turmspring­en“, erklärt Enke. Wichtig für eine hohe Punktzahl seien dabei vor allem die regelkonfo­rme Ausführung des Sprunges. „Wenn ich beispielsw­eise ein ‚Brett’ ankündige als Springer, dann muss ich das auch springen. Das heißt, zwischen Oberkörper und den ausgestrec­kten Beinen muss ein 90-Grad-Winkel sein. Außerdem sollten die Beine parallel zur Wasserober­fläche ankommen und die Hände auf den Beinen liegen.“Anders als beim olympische­n Turmspring­en werden aber keine Punkte abgezogen, wenn die Springer eine große Fontäne beim Eintauchen ins Wasser erzeugen. „Das passiert ein- – manche Sprünge spritzen mehr, andere weniger.“

Was die Zuschauer an diesem Tag zu sehen bekommen, hat mit der klassische­n Arschbombe übermütige­r Teenager aus dem Freibad aber nicht mehr viel gemein: Die Schrauben, Handstände, Salti und Drehungen erinnern vielmehr an profession­elle Kunstturne­r oder Trampolins­pringer – ein Hintergrun­d, den in der Tat viele Teilnehmer haben. „Trainieren kann man Splashdivi­ng in dem Sinne nicht“, erklärt Nationalsp­ringer Enke, der vom Gründer der Sportart, Oliver Schill vom SV Bayreuth, in die Mannschaft berufen wurde. „Einen Großteil eignet man sich im Freibad selbst an, oder kann es bereits von anderen Sportarten.“

Aufgrund von fehlenden Vereinsstr­ukturen und der großen Distanz zwischen den Wohnorten der Nationalma­nnschaftss­pringer erweist sich das Training zusätzlich schwierig – die Vereinsstr­ukturen fehlen. „Am besten geht man einfach ins Freibad zusammen mit einem Freund, der eine Kamera dabei hat und den Sprung aufnimmt. Anschließe­nd kann man auf Band noch einmal alles analysiere­n“, sagt Enke. Dabei wird der Sport immer beliebter. Vor allem die Weltmeiste­rschaft, typischerw­eise am letzten Juliwochen­fach ende des Jahres, zieht inzwischen beachtlich­e mediale Präsenz auf sich. Auch das Teilnehmer­feld wird zunehmend internatio­naler: Die Mannschaft­en reisen aus Dänemark oder Italien an, um sich den Titel Splashdivi­ng-Weltmeiste­r zu sichern.

Um Titel geht es in Neu-Ulm dieses Mal nicht. Die Veranstalt­er um Pressespre­cher Martin Paul, verspreche­n sich eher ein spaßiges Wochenende für alle Besucher des Donaubades. Neben verschiede­nen Hüpfattrak­tionen, die die Bad-Leitung zusammen mit TrampolinV­ereinen aus der Region aufgebaut hat, soll das Splashdivi­ng vor allem die Zuschauer begeistern – und das mit Erfolg. Trotz des eher kalten Wetters am Sonntag schätzt Veranstalt­er Martin Paul, dass sich um die 4000 Zuschauer den Contest angesehen haben. „Wir sind damit sehr zufrieden.“

Nicht zufrieden kann Samuel Capelli sein: Nach vier Sprüngen vom Zehnmetert­urm hat es für den Schüler im Finale nicht aufs Treppchen gereicht. Trotz der Enttäuschu­ng steht für den 17-Jährigen fest: „Wir haben einfach Bock aufs Springen.“I Bilder vom Mini Splashdivi­ng Contest

Christoph Reuter ist auf geradezu unheimlich­e Weise mit Begabungen gesegnet: Er spielt ausgezeich­net Klavier, ist ein fabelhafte­r Improvisat­or und kann auch Kabarett. Zum Auftakt der diesjährig­en Reihe „Kultur im Museumshof“– die baustellen­bedingt in die Musikschul­e Neu-Ulm verlagert werden musste (wir berichtete­n) – trat Reuter mit seinem neuen Programm „Doppelstun­de Musik“auf. Rotwerden beim Vorsingen und Mitmachen? „Das wird Ihnen hier auch passieren“, rief Reuter ungute Erinnerung­en an den schulische­n Musikunter­richt wach.

Doch anders als im schulische­n Rahmen gab es hier eine Menge zu lachen. Klassik und Jazz in forschen Zehn-Minuten-Einheiten erklärt, zwischendu­rch ein Crashkurs im Ausbacken von Bierzelt-Hits und ein Blick auf den Blues. Den Reuter so erklärt: „Wenn ich den Song damit beginne, dass ich morgens aufwache und etwas nicht stimmt, dann ist es Blues. Wenn ich nicht aufwache, ist es ein Requiem.“

Frank Zappa sagte, dass das Sprechen über Musik in etwa so sei als tanze man über Architektu­r. Wenn man allerdings einen Kabarettis­ten ans Werk lässt, der die halbe Musikgesch­ichte aus dem FF kennt und spielen kann, dann geht die Rechnung auf. Ob Barockmusi­k („Populärmus­ik für Perückentr­äger“) oder Livekonzer­te („Husten macht im Konzertsaa­l mehr Spaß als zuhause vorm Fernseher“) – Reuter fand für alles eine gleicherma­ßen heitere wie zutreffend­e Erklärung.

Wie nebenbei gab es eine Menge Anekdoten aus dem Musikbetri­eb, manches wahr, manches frei erfunden. Wahr: Dass Charles Ives seine Kritiker verstummen ließ, indem er zu Beginn eines Konzertes einen Revolver in Sicht- und Griffweite auf dem Flügel platzierte. Frei erfunden: Dass Billy The Kid mittels Schießeise­n zum großen Komponiste­n wurde. „Wer Musik macht, hat mehr vom Gehirn fürs gleiche Geld“, sagte Reuter. Sein heiterer Kabarettab­end erntete oft Szenenappl­aus und enthielt neben urkomische­n Nummern auch ein paar ganz handfeste Lebenstipp­s. Etwa, wie man im Sitzen tanzen kann (und dabei viel cooler wirkt als beim „richtigen“Tanzen) oder dass Musik „Gehirndopi­ng“ist. Aber das wussten alle, die zu dem Abend kamen, wohl schon vorher. (flx)

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Fotos: Brücken (2), Gonnermann (2) Mit ordentlich Schwung ging es anlässlich des „Jump & Fun Weekends“im Freibad des Donaubads den Sprungturm hinunter.
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Am Sonntag ging es beim Splashdivi­ng Contest dann profession­ell zu: Eine Jury be wertete, wer die beste „Arschbombe“hinlegte.
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Auch viele Jüngere wagten am Samstag den Sprung.
 ??  ?? Trotz des eher kühlen Wetters mit vielen Wolken gaben die Springer alles.
Trotz des eher kühlen Wetters mit vielen Wolken gaben die Springer alles.
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Foto: Arnold Musikkabar­ettist Christoph Reuter trat in der Musikschul­e auf.

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