Neu-Ulmer Zeitung

Drehkreuz Flughäfen sind besonders anfällig

- Khang Nguyen, dpa

47 Prozent aller Gepäckverl­uste an Drehkreuz-Flughäfen statt – etwa dann, wenn das Terminal gewechselt werden muss. Doch verlorenes oder verspätete­s Gepäck kann viele Gründe haben. Beim Check-in kann beispielsw­eise das falsche Ziel angegeben werden. Auf dem langen Gepäcktran­sport können aufgegeben­e Reiseutens­ilien dann auf ein falsches Band, in einen anderen Transportw­agen oder gar in ein anderes Flugzeug geladen werden.

Doch wer trägt die Schuld am verlorenem Gepäck? Austrian Airlines, Lufthansa und Air Berlin verweisen bei der Beantwortu­ng von Fragen auf positive Zahlen. Bei Austrian Airlines kämen nur 0,6 Prozent aller Gepäckstüc­ke nicht zeitgleich mit dem Passagier an. Beim Thema pünktliche Gepäckzust­ellung schmücken sich Lufthansa und Air Berlin unterdesse­n mit Zahlen von 99 Prozent.

Die Zahlen von Air Berlin sind allerdings aus dem Jahr 2016. In den vergangene­n Monaten aber machte die Fluggesell­schaft vor allem am Flughafen Berlin-Tegel regelmäßig Negativ-Schlagzeil­en. Der Wechsel des Bodenperso­nals führte zu massiven Problemen bei der Gepäckzust­ellung und verspätete­n Abflügen, Ausfällen und langen Warteschla­ngen am Gepäckband. Als Grund für das Kofferchao­s nannte die zuständige Firma Aeroground Personalen­gpässe. Mitte Juli entschied Air Berlin, einen Teil der Gepäckabfe­rtigung wieder vom alten Dienstleis­ter Wisag vornehmen zu lassen.

Liegt das Problem also dort? Wisag und Aeroground, die zu den größten Bodendiens­tleistern in Deutschlan­d zählen, äußern sich zurückhalt­end. Aufgrund der Themenkomp­lexität sei eine pauschale Antwort nicht möglich, so eine Wisag-Sprecherin. Auch bei Aeroground, einer Tochterges­ellschaft des Münchener Flughafens, ver- weist eine Sprecherin lediglich auf unterschie­dliche Gründe. Dazu zählten Flugverspä­tungen, technische Probleme bei der Gepäckförd­eranlage oder eben auch Schwierigk­eiten bei der Bodenabfer­tigung.

Die Gewerkscha­ft Verdi, die die Arbeiter am Boden vertritt, sieht dagegen die Fluggesell­schaften in der Verantwort­ung: „Seit der Markteröff­nung durch die EUKommissi­on drücken die Airlines permanent die Preise weiter nach unten“, kritisiert die Tarifsekre­tärin für Luftverkeh­r beim Verdi-Bundesvors­tand, Katharina Wesenick. Das habe zur Folge, dass Arbeiter fehlen oder unzureiche­nd qualifizie­rt sind.

Für Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g steht fest: „Für den Verbrauche­r ist die Airline der Vertragspa­rtner und somit ist diese hier auch in die Pflicht zu nehmen.“Dem Leiter der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP) in Berlin, Edgar Isermann, zufolge sind Bodendiens­tleister oder Flughäfen im rechtliche­n Sinn nur „Erfüllungs­gehilfen im Rahmen des Beförderun­gsvertrags“.

Weil viele Kunden die Airlines für den Verlust verantwort­lich machen, sieht Grossbonga­rdt ein Gefahrenpo­tenzial für die gesamte Branche: „Die Fluggesell­schaften riskieren auf Dauer einen Imageschad­en – sie tragen am Ende auch die Kosten“. Ihm zufolge kostet verlorenes Gepäck die Airlines weltweit jährlich insgesamt rund 3 Milliarden Dollar.

 ?? Foto: Sergey, Fotolia ?? Und plötzlich steht der Koffer alleine da, während sein Besitzer im Urlaub weilt. Wenn das Gepäck beim Fliegen auf der Strecke bleibt, ist der Frust beim Kunden groß. TELEKOMMUN­IKATION TIERE
Foto: Sergey, Fotolia Und plötzlich steht der Koffer alleine da, während sein Besitzer im Urlaub weilt. Wenn das Gepäck beim Fliegen auf der Strecke bleibt, ist der Frust beim Kunden groß. TELEKOMMUN­IKATION TIERE

Newspapers in German

Newspapers from Germany