Senden und Burgau als Ausweichmöglichkeiten
genug Zeit wäre, solche Baustellen anzugehen. „Das hätte man durchaus ein bisschen früher machen können.“Jakob findet jedoch, dass die Neu-Ulmer Eissportanlage generell eine Frischekur gebrauchen könnte. „Die Halle ist weit weg vom aktuellen technischen Stand.“So gebe es beispielsweise nur in der Heimkabine warmes Wasser bei den Duschen. „Da sollte man einmal ein paar 100 000 Euro in die Hand nehmen.“
Als Ausweichmöglichkeit wegen des verzögerten Saisonstarts in NeuUlm war beim EHC bereits schon einmal der Standort Senden im Gespräch. „Aber dort gibt es nur eine Freifläche und recht viele Vereine“, schildert Jakob die Lage, fügt aber hinzu: „Wenn es die endgültige Entscheidung ist, dass die Halle geschlossen werden muss, werden wir natürlich Alternativen suchen – und finden.“Eine Möglichkeit sei auch Burgau – dort steht seit vergangenem Jahr eine neue Halle.
Noch drastischer schildert Georg Meißner, stellvertretender Vorsitzender und Pressereferent des VfE Ulm/Neu-Ulm, dessen EishockeySpieler in der Landesliga spielen, die Konsequenzen einer geschlossenen Eishalle: „Dann können wir keine Heimspiele anbieten und nicht am Spielbetrieb teilnehmen.“Denn auf die Schnelle eine andere Heimstätte zu finden ist eigentlich nicht möglich – die höheren Klassen spielten bereits seit Mitte September und deshalb seien alle Eishallen belegt. Somit könnten auch Verträge – sei es mit Spielern oder Sponsoren – nicht eingehalten werden. Meißner betont: „Das wäre eine Katastrophe.“In diesem Fall müsse man auch die Wirtschaftlichkeit des Vereins hinterfragen. „Das Ausmaß kann ich noch gar nicht abschätzen.“Aber, fügt er hinzu, das gehe schon in die 100 000 Euro.
Generell sei der 1. Oktober als Öffnung der Eishalle zu spät – das erste Heimspiel des VfE sei dieses Jahr für den 13. Oktober angesetzt. „Jeder Fußballverein trainiert schon Wochen vor dem ersten Spiel“, sagt Meißner. Deshalb müsse der Verein grundsätzlich auf andere Eisanlagen ausweichen: „Wir versuchen, schon früher aufs Eis zu gehen, aber das verursacht auch enorme Kosten.“Das Training findet dann in Füssen oder Pfronten im Allgäu statt. Dass ein früherer Start nicht auch in der heimischen Halle möglich ist, ärgert Meißner: „In Pfronten schaffen sie es ab 15. August.“Warum das in Neu-Ulm nicht mal im September möglich ist, versteht er nicht.
Von dem Problem am Dach habe der VfE nur aus der Presse erfahren. Man habe versucht mit den Verantwortlichen Kontakt aufzunehmen, sogar einen betreffenden Zeitungsartikel per Mail mitgeschickt – eine Antwort habe man bislang aber nicht erhalten, so Meißner. „Wir haben Null Information.“Dadurch, dass sich niemand beim Verein gemeldet habe, schöpft Meißner aber auch die Hoffnung, dass die Mängel nicht ganz so gravierend sind. Generell gilt für VfE und die anderen vier Eissportvereine jetzt sowieso erst einmal eines: Abwarten.
Seit dem 30. April ist in der Familie Tolu nichts mehr so wie vorher. Im Morgengrauen jenes Tages nehmen türkische Spezialkräfte die Ulmer Journalistin Mesale Tolu in ihrer Istanbuler Wohnung fest. Zunächst gibt es keine Angaben zu den Gründen. Später wird bekannt: Der Mutter eines zweijährigen Sohnes wird „Terrorpropaganda“, „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“sowie die Mitgliedschaft in der verbotenen linksextremen Marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) vorgeworfen. Am Wochenende wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft für sie fordert (wir berichteten). Heute ist die 33-Jährige genau 100 Tage in Haft.
Tolu hat türkische Wurzeln, besitzt seit 2007 allerdings nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Obwohl ihr als deutscher Staatsbürgerin Zugang zu konsularischer Betreuung zusteht, erlangte das deutsche Konsulat in Istanbul erst nach langem Drängen Zugang zu ihr. Der Ehemann von Mesale Tolu, Suat Corlu, sitzt seit dem 5. April ebenfalls in Haft. Er weiß womöglich noch nichts von der geforderten Strafe für seine Frau.
Inzwischen lebt Tolus Vater, Ali Riza Tolu, in ihrer Wohnung. Seine Tochter und seinen Enkel Serkan, der mittlerweile bei seiner Mutter ihm Gefängnis leben darf, besucht er einmal pro Woche. Täglich schreibt er Eingaben und Anträge. In Deutschland sorgt Tolus älterer Bruder Hüseyin dafür, dass die Medien und die Öffentlichkeit von dem Verfahren gegen seine Schwester und den Schwager erfahren. Er ist Familienvater, Ehemann. Doch seit dem 1. Mai ist er vor allem Mesale Tolus Bruder, wird in Talkshows eingeladen, von den HauptstadtZeitungen befragt. Er selbst traut sich nicht mehr, in die Türkei zu reisen. „Die Gefahr, dass auch ich verhaftet werde, ist inzwischen zu groß.“Eine Auszeit aber gönnt er vor allem seiner Familie und sich selbst in diesen Tagen: Zu groß ist die Anspannung geworden.
Denn die Forderung der Staatsanwaltschaft ist ein Schock für Freunde und Familie: „Wir wissen ehrlich gesagt nicht mehr weiter“, sagte Tolus Tante Silvia am Sonntag gegenüber unserer Zeitung. Der Prozess gegen Tolu ist für den 11. und 12. Oktober angesetzt. (lmö)