Neu-Ulmer Zeitung

Kriminelle setzen Italien in Brand

Tausende Feuer haben die Landschaft gerodet. Jetzt ist klar: Viele Brände wurden vorsätzlic­h gelegt. Wie Spekulante­n und sogar Zuhälter die Flammen für sich arbeiten lassen

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Wer dieser Tage in Mitteloder Süditalien unterwegs ist, der kann Luzifer förmlich riechen. Das gleichnami­ge, seit Wochen anhaltende Hochdruckg­ebiet über Südeuropa mit Temperatur­en über 40 Grad Celsius hat in Italien besonders gravierend­e Folgen.

Seit Anfang Juni hat die italienisc­he Feuerwehr 60000 Einsätze registrier­t, das sind etwa 1000 pro Tag. 2500 Einsätze von Löschflugz­eugen wurden gemeldet. Allein in der Hauptstadt Rom und der umliegende­n Provinz kam es zu 5200 Bränden in den vergangene­n 60 Tagen. Wegen der großen Trockenhei­t breiten sich auch kleine Brandherde derzeit schnell aus. Besonders von den Bränden betroffen sind die Regionen Latium, Kampanien, Kalabrien und Sizilien. Anfang der Woche barg die Feuerwehr zwei Tote nach einem Waldbrand in Tivoli bei Rom. Eine 92-jährige Frau im Roll- stuhl und ihre 68 Jahre alte Tochter wurden von den Flammen in ihrem Wohnhaus eingeschlo­ssen und starben. Bei Neapel verstarb ein 80 Jahre alter Pensionär. Nach bisherigen Erkenntnis­sen der Ermittler wurde das Feuer in Tivoli durch Gleisarbei­ter ausgelöst, die mit einem Schweißbre­nner hantierten.

Darüber hinaus sind die Ursachen für den Ausbruch der Feuer vielfältig. Oft handelt es sich um Leichtsinn wie bei einem Flächenbra­nd am Gebirgsmas­siv des Gran Sasso in den Abruzzen, der durch einen Grill ausgelöst worden ist.

Doch nach und nach wird auch deutlich: Viele Brände sind absichtlic­h gelegt worden, wie die Polizei mitteilte. So brannten etwa weite Teile des zwischen Rom und der Hafenstadt Ostia gelegenen Naturschut­zgebietes Castel Fusano ab. Nach bisherigen Erkenntnis­sen legten vier Zuhälter mehrere Feuer und verursacht­en so den Großbrand. Der Pinienwald von Castel Fusano ist für seinen Straßenstr­ich bekannt. Die Zuhälter entzündete­n die improvisie­rten Matratzenl­ager der Prostituie­rten, weil diese sich gegen die Abgabe von Schutzgeld gewehrt hätten. Drei Männer wurden festgenomm­en.

Erst vor Tagen gelang es der Feuerwehr, einen seit 25. Juli schwelende­n Waldbrand im Sila-Nationalpa­rk in Kalabrien zu löschen, bei dem 1500 Hektar Wald verbrannte­n. Die zuständige Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen des Verdachts, Ursache des Feuers könnte Immobilien­spekulatio­n sein. Andere Motive für die zahlreiche­n Brandstift­ungen sind laut Polizei Pyromanie, Verbrennun­g illegaler Mülldeponi­en, der Bedarf nach mehr Weideland oder Racheakte. So soll zum Beispiel ein Großbrand am Vesuv aus Protest gegen die Ankündigun­g der Behörden gelegt worden sein, in der Gefahrenzo­ne des Vulkans illegal errichtete Häuser abreißen zu lassen.

In der sizilianis­chen Provinz Ragusa zeigte die Polizei 15 Mitglieder der freiwillig­en Feuerwehr an, die selbst in mindestens 21 Fällen Feuer gelegt haben sollen. Die Männer wollten sich auf diese Art offenbar einen zusätzlich­en Verdienst verschaffe­n. Da die freiwillig­e Feuerwehr nur für konkrete Einsätze bezahlt wird (zehn Euro pro Stunde) und nicht für die Bereitscha­ft, legten die Löscher zahlreiche Brände selbst, um die Einsätze zu provoziere­n. Zuvor hatten sie offenbar Verwandte und Freunde angestifte­t, mit anonymen Anrufen die Feuer zu melden.

Dabei wäre die Situation auch so schon bedrohlich genug: Erst vor Tagen rief die italienisc­he Regierung wegen der anhaltende­n Trockenhei­t den Notstand in den Regionen Latium mit der Hauptstadt Rom und in Umbrien aus. Damit bekommt der Zivilschut­z besondere Befugnisse, etwa den Wasserverb­rauch zu regulieren.

Manchmal fragt man sich schon, ob der ein oder andere Wissenscha­ftler zu viel Zeit hat. Oder wie man sonst auf die Idee kommt, solche Zusammenhä­nge zu erforschen wie den zwischen Alkoholkon­sum und dem Erfolg im Studium? Das Dänische Evaluation­s Institut (EVA) hat genau das getan und für seine Studie 14660 Studenten befragt. Und das Ergebnis, das die Wissenscha­ftler der Weltöffent­lichkeit nicht vorenthalt­en wollen: Studenten, die Alkohol trinken, brechen seltener ihr Studium ab. Dabei, sagen die Forscher gleich dazu, ist aber auch die Menge von Bier, Wein oder Sekt entscheide­nd.

Klingt komisch, finden Sie? Ist es irgendwie auch. Weil die Studenten nicht in erster Linie wegen des Alkohols durchhalte­n. Entscheide­nd ist vielmehr das soziale Miteinande­r. Klingt ja auch logisch: Wer schon zu Anfang des Studiums nie auf Partys oder in Kneipen gehe, verliere den Kontakt zu den Kommiliton­en, sagen die Wissenscha­ftler. Dadurch sinke auch die Motivation, in Vorlesunge­n zu gehen – und man bricht das Studium eher ab.

Das andere Extrem hilft aber auch nicht unbedingt weiter. Wer ständig zu viel trinkt oder verkatert in Vorlesunge­n sitzt, kann keine guten Leistungen abliefern – und läuft ebenfalls Gefahr, das Studium hinzuschme­ißen. Am niedrigste­n ist die Abbruchquo­te demnach bei den „moderaten Trinkern“. Darauf ein Bier. Aber nur eines! (sok)

 ?? Foto: Giovanni Isolino, afp ?? Dieses Foto entstand am 10. Juli auf Sizilien. Dort wurden 15 Feuerwehrl­eute festgenomm­en. Sie sollen Brände gelegt haben, um eine Aufwandsen­tschädigun­g für ihre Ein sätze zu kassieren. Auch Immobilien Spekulante­n und Zuhälter stehen im Verdacht der...
Foto: Giovanni Isolino, afp Dieses Foto entstand am 10. Juli auf Sizilien. Dort wurden 15 Feuerwehrl­eute festgenomm­en. Sie sollen Brände gelegt haben, um eine Aufwandsen­tschädigun­g für ihre Ein sätze zu kassieren. Auch Immobilien Spekulante­n und Zuhälter stehen im Verdacht der...

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