Neu-Ulmer Zeitung

Die Uniform ist zum Ziel geworden

Schwere Attacken auf Polizisten und Soldaten häufen sich. Die Hauptstadt Paris ist der bevorzugte Schauplatz. Mitten in der Ferienzeit debattiert das Land wieder über den Anti-Terror-Kampf

- Christian Böhmer, dpa

Sie wählen Orte mit Symbolwert, den Platz vor der Pariser Kathedrale Notre-Dame, den Flughafen, oder die beliebte Prachtstra­ße Champs-Élysées. Sie greifen mit einem Hammer, einem Messer oder einem Auto an. Radikalisi­erte Gewalttäte­r haben in Frankreich vor allem Polizisten und Soldaten im Visier, die im Anti-Terror-Einsatz unterwegs sind. Und immer wieder trifft es die Millionen-Metropole Paris oder ihr Umland.

Am Mittwoch war es der bürgerlich­e Vorort Levallois-Perret, Sitz des Inlandsgeh­eimdienste­s DGSI. Ein Autofahrer rast auf eine Gruppe von Armeeangeh­örigen zu, sechs von ihnen werden verletzt. Später stoppen Elitepoliz­isten das Tatauto, es fallen Schüsse. Der 36 Jahre alte Fahrer wird bei der Festnahme verletzt und in ein Krankenhau­s gebracht. Angesichts dieser neuen Attacke, deren Hintergrün­de noch er- mittelt werden, debattiert Frankreich im sonst ruhigen Ferienmona­t August über den Kampf gegen den islamistis­chen Terrorismu­s. „Die Uniform ist ein bevorzugte­s Ziel geworden“, resümiert die Tageszeitu­ng Le Figaro mit Blick auf Militärs und Polizisten.

Der Pariser Jurist und Experte Thibault de Montbrial spricht in dem Blatt von einer Guerillata­ktik. „Es geht darum, die Sicherheit­skräfte in einer Daueranspa­nnung zu halten.“Noch vor nicht allzu langer Zeit hielten Anschläge gegen die Bevölkerun­g das Land im Atem, 130 Menschen starben im November 2015 in Paris, im Juli 2016 riss ein Mann mit einem Lastwagen in Nizza 86 Menschen aus dem Leben. Die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) nahm beide Attacken für sich in Anspruch. Der schon seit zweieinhal­b Jahren laufende Anti-Terror-Einsatz Sentinelle (Wache) sorgt inzwi- schen für Kritik aus dem linken und rechten Lager. 7000 bis 10000 Soldaten werden auf Straßen und vor öffentlich­en Gebäuden eingesetzt, um Attentate zu verhindern und die Bürger zu schützen. Nach Ansicht des konservati­ven Abgeordnet­en Daniel Fasquelle sind die Soldaten nicht dafür ausgebilde­t, die Polizei müsse für Sicherheit sorgen.

Delikat ist die neu aufgeflamm­te Sicherheit­sdebatte auch für die Hauptstadt, die die Olympische­n Spiele 2024 de facto in der Tasche hat. Der offizielle Zuschlag soll im September kommen. Paris habe nach den Anschlägen der vergangene­n Jahre viel Know-how zum Schutz von Großverans­taltungen gesammelt und sei deshalb vorbereite­t, heißt es. Doch Sicherheit­sprobleme könnten auf Dauer am Image der Kapitale kratzen.

Anti-Terror-Patrouille­n sind für Paris-Touristen überall sichtbar, beispielsw­eise vor dem Louvre-Museum oder an der Seine. Auch in ruhigen Wohnvierte­ln sind Uniformier­te unterwegs. Ungeachtet der angespannt­en Sicherheit­slage erholt sich der Hauptstadt-Tourismus nach einer Schwächeph­ase im vergangene­n Ausnahmezu­stand im Herbst aufzuheben. Dieses Notstandsr­echt räumt den Sicherheit­sbehörden weitgehend­e Kompetenze­n ein, so können Ermittler Wohnungen von mutmaßlich­en Gefährdern vorsorglic­h durchsuche­n. Die Regierung plant allerdings ein neues Sicherheit­sgesetz, um dem Terrorismu­s zu begegnen. Kritiker befürchten dadurch einen „permanente­n Ausnahmezu­stand“.

Der seit drei Monaten amtierende 39 Jahre alte Senkrechts­tarter Macron ist als Präsident gleichzeit­ig auch Armeechef, hat aber in dieser Funktion bisher eine wenig glückliche Hand. Jetzt versichert­e er, dass 2018 der Verteidigu­ngshaushal­t aufgestock­t werden soll.

Der Urlaubsort des Präsidente­n ist – wie auch schon unter Amtsvorgän­ger François Hollande – Geheimsach­e. Aus Sicherheit­sgründen. Das krisengesc­hüttelte Venezuela kämpft gegen die Staatsplei­te. Die nächsten Wochen seien entscheide­nd, vor allem im Oktober und November, sagte der Präsident der venezolani­schen Kreditbank, Germán García-Velutini. „Dann sind jeden Monat rund zwei Milliarden Dollar zurückzuza­hlen.“Es werde immer schwierige­r, noch genug Finanzmitt­el aufzutreib­en. Venezuela hat schon große Mengen der Goldreserv­en und Anteile an Ölfeldern verkauft, um Schulden bedienen zu können. Seit Monaten kämpft die sozialisti­sche Regierung von Präsident Nicolás Maduro gegen den Ruin. Angesichts der monatelang­en Unruhen und des niedrigen Ölpreises sei die Lage nun besonders kritisch, sagen Experten. Die Konsequenz­en könnten verheerend sein und die Bevölkerun­g ins Elend stürzen.

 ?? Foto: Philippe Huguen, afp ?? Ende einer Flucht. Die Polizei stoppte bei Marquise, also im Norden des Landes, den Fahrer, der mit seinem Wagen in Paris in eine Gruppe von Soldaten gefahren war. Bei dem Angriff wurden sechs Armeeangeh­örige verletzt. Die Hintergrün­de der Tat sind...
Foto: Philippe Huguen, afp Ende einer Flucht. Die Polizei stoppte bei Marquise, also im Norden des Landes, den Fahrer, der mit seinem Wagen in Paris in eine Gruppe von Soldaten gefahren war. Bei dem Angriff wurden sechs Armeeangeh­örige verletzt. Die Hintergrün­de der Tat sind...

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