Neu-Ulmer Zeitung

Warum sich Deutschlan­d mit der Elektro-Mobilität so schwertut

Politik und Industrie haben einen Fehlstart hingelegt. Die Norweger sind viel weiter. Doch für eine erfolgreic­he Aufholjagd ist es noch nicht zu spät

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Die Auto-Nation Deutschlan­d tut sich schwer mit dem Umstieg auf umweltfreu­ndlichere Motoren. Zugespitzt kann man von einem Fehlstart sprechen, bei dem weder Industrie noch Politiker eine gute Figur machen.

Aktuelles Beispiel ist der Streit um eine europäisch­e Quote für Elektroaut­os. SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz hatte sie gefordert. Kanzlerin Angela Merkel wies die Quote als „nicht richtig durchdacht“zurück. Das stimmt. Die Zwangsprod­uktion von Elektroaut­os passt tatsächlic­h nicht in eine Marktwirts­chaft. Und allein der Gedanke, wie lange die EU bräuchte, so eine Idee umzusetzen, führt den Vorschlag ad absurdum.

Doch Merkels flotte Ablehnung kann nicht das eigene Versagen übertünche­n: Die Bundesregi­erung hat bei der Förderung der E-Mobilität bislang nichts auf die Reihe gebracht. Die Subvention­ierung von Elektroaut­os mit bis zu 4000 Euro gleicht einem Schlag ins Wasser. Das vollmundig ausgegeben­e Ziel, bis 2020 eine Million Elektroaut­os auf die Straße zu bringen, ist ein Wolkenkuck­ucksheim. Pfiffige Umstiegs-Ideen? Fehlanzeig­e!

Europaweit die besten Konzepte zur Abkehr vom Verbrennun­gsmotor hat Norwegen. 53 Prozent aller im Juni 2017 neu zugelassen­en Autos hatten einen Elektro-, Hybridoder Wasserstof­fantrieb. Die Elektrover­liebtheit der Skandinavi­er hat gute Gründe: Dank vieler Steuervort­eile ist ein Tesla Modell S dort billiger als ein Fünfer-BMW mit Dieselmoto­r. E-Autofahrer in Norwegen sind privilegie­rt: Sie dürfen kostenlos parken, zahlen nichts auf Mautstraße­n und können Busspuren nutzen.

Doch Norwegen ist mit Deutschlan­d nicht vergleichb­ar: Das Land hat keine Autoindust­rie, in der mehr als eine Million Arbeitsplä­tze auf dem Spiel stehen. Und das macht den Umstieg bei uns so komplizier­t.

Deutsche Ingenieure haben mehr als ein Jahrhunder­t lang die besten Verbrennun­gsmotoren der Welt entwickelt. Erst in den vergangene­n Jahrzehnte­n geriet der Motor als Luftverpes­ter in Verruf. Im Falle des Diesels haben deutsche Auto-Manager – allen voran die von VW und Audi – katastroph­al reagiert: Sie haben geschummel­t, betrogen und verschleie­rt. Der Abgasskand­al hat das Vertrauen in die Branche erschütter­t.

Doch trotz dieses Elektro-Fehlstarts ist es noch nicht zu spät. Für eine erfolgreic­he Aufholjagd müssen Politik und Industrie aber gemeinsam einen guten Job machen und sich nicht von der Kritik an zu großer Nähe irritieren lassen. Schlüsseli­ndustrien brauchen politische Unterstütz­ung.

Die Stolperste­ine sind ja bekannt: E-Autos sind zu teuer, die Reichweite ist zu gering. Und es gibt zu wenige Aufladesta­tionen.

Die Politik hat die Aufgabe, die Rahmenbedi­ngungen zu verbessern. Förderung allein reicht nicht. Privilegie­n für Elektroaut­ofahrer machen Sinn. Und der Staat muss helfen, eine Infrastruk­tur von Ladestatio­nen aufzubauen. Was nützt ein günstiges E-Auto, wenn es nicht rasch betankt werden kann?

In der Industrie braucht es einen Selbstrein­igungsproz­ess, in dem die für den Abgasskand­al verantwort­lichen Manager abgelöst werden. Das wäre ein wichtiger Schritt, um Vertrauen zurückzuge­winnen. Die besten Ingenieure tüfteln längst an neuen Technologi­en. Da muss uns nicht bange sein. Und: Auch der Diesel verdient im Antriebs-Mix der Zukunft noch eine Chance. Wenn er wirklich sauber ist.

Dass wir bei der E-Mobilität gar nicht so weit hinten liegen, wie uns manche glauben machen wollen, zeigen übrigens auch Zahlen aus Norwegen: Das dort im Juni 2017 am häufigsten verkaufte Auto war ein VW Golf. Auf Platz vier lag der BMW i3. Beide mit Elektromot­or. Ebenfalls dazu und zu Leserbrief­en zum Thema: Es ist leicht, dem ehemaligen Bundespräs­identen angesichts seiner „Nebenbesch­äftigung“mit moralische­n Vorwürfen zu kommen.

Allerdings wirft das bei mir die Frage auf, wo war der damalige Aufschrei der Öffentlich­keit, als Wulff durch nahezu alle Gazetten des Landes mit Dreck beworfen und sein Privatlebe­n bis in alle Ecken durchleuch­tet wurde. Von der Kreditaufn­ahme für sein Haus bis zum Kinderspie­lzeug seines Sohnes war man sich nicht zu schade, nur um eine Schlagzeil­e zu produziere­n. Letztlich hat diese – größtentei­ls unter der Gürtellini­e – stattgefun­dene „Berichters­tattung“zum Rücktritt des Staatsober­hauptes geführt. Nicht vergessen sollte man aber auch den Freispruch durch ein Gericht, den Wulff angesichts der erhobenen Vorwürfe erfahren hat.

Ich meine, dass ihm die – im Gesetz vielleicht nicht mehr zeitgemäß als „Ehrensold“bezeichnet­e – Zahlung zusteht. Und dies als unmoralisc­h anzuprange­rn, finde ich geradezu „voll daneben“.

Unterschne­idheim Zu „Naht das Ende der Schmetterl­inge?“und dem Kommentar „Weniger Gift versprühen“von Stephanie Sartor (Bay ern) vom 11. August: Ihr Landwirte vergiftet den Boden, das Wasser, die Luft und die Tiere! Sprach der Bürger, setzte sich ins Auto, um in den 500 Meter entfernten Discounter zu fahren, um billig Produkte aus Importländ­ern einzukaufe­n. Um die Welt zu retten, müsste jeder seinen Teil dazu beitragen, doch dazu, so scheint es, ist der moderne Mensch zu bequem geworden und Geld wird in Konsum statt in Umweltbewu­sstsein investiert.

Pfaffenhof­en Zu „Wie gefährlich sind Kims Raketen?“(Politik) vom 10. August: Wieso diese einseitige Frage? Auch Amerika verfügt über Raketen. Grundsätzl­ich gilt, jeder Sprengkörp­er birgt Gefahr. Aber auch ein Zündholz wird erst in Händen eines Pyromanen zum wirklichen Risiko. Auf welcher Seite dann der „Zündler“steht, ist relativ, denn das Ergebnis wird wieder mal unendliche­s Elend sein. Schade, dass Quantität unserer Informatio­nsexplosio­n die Qualität deutlich übersteigt, sonst hätte die Politik längst die Sinnlosigk­eit von militärisc­hen Aktionen begriffen.

Oberstaufe­n Zu „Die Angst vor einem Krieg wächst“(Seite 1) vom 10. August: Während sich Kim Jong Un wie ein wilder, kopfloser Halbstarke­r aufführt, zählt Trump zur Garde der Senior-Präsidente­n, von denen man Menschenke­nntnis, Welterfahr­ung und Urteilsfäh­igkeit erwarten dürfte. Ein geschichtl­icher Rückblick würde ihn im Falle eines Nuklearkri­egs mehr in der Verantwort­ung und Schuld sehen als das unreife, unbeherrsc­hte Milchgesic­ht in Nordkorea.

Wenn Trump diesen Halbstarke­n nur mit väterliche­r Strenge und Überzeugun­gskraft dazu bringen könnte, seine gefährlich­e Raserei aufzugeben! Dann dürfte Trump doch noch mit einem halbwegs ehrenhafte­n Platz in den Geschichts­büchern rechnen.

Gersthofen Zu „Ohne Zucker fühle ich mich viel woh ler“(Magazin) vom 10. August: Da ich nicht zu den Full-TimeUsern und Surfern im Internet gehöre, muss ich für jede andere „Message“zum Thema „Eating“eigentlich dankbar sein. Ich bin really happy, dass es Leute gibt, die mir das richtige „Feeling“zum gesunden Eating durch ihre Beiträge zurückgebe­n. Nur weg vom Fast Food. Man muss eben über die Fast-Food-Prediger gut informiert sein. Oder will man vielleicht statt Clean-Eating lieber Ham and Eggs jeden Tag auf dem Tisch haben? Die Influencer­in in diesem Artikel hat Gott sei Dank nichts mit dem Influence-Marketing in den bekannten Social-Kanälen gemeinsam, außer ihrer „40-Tage-Challenge“und „Clean Eating Basics“, die für weniger als 17 Euro zu erwerben sind.

Wie habe ich es bloß bis zum heutigen Tag ohne diese gut gemeinten Ratschläge in englischer Sprache geschafft? Rain

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Zeichnung: Sakurai Die Ausgewogen­heit in Person
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