Spiegel der Seele
Wenn Menschen an Augenkrankheiten leiden, ist es manchmal auch die Seele, die geheilt werden muss. Die Ärzte stehen oft vor einem Rätsel, wenn die Symptome der Patienten nicht mit ihrem Befund zusammenpassen
„Das ist mir ein Dorn im Auge“, „Ich sehe schwarz“oder „Er war blind vor Wut“: Redewendungen wie diese sprechen dafür, dass es eine Verbindung zwischen Auge, Sehvermögen und Psyche gibt. Tatsächlich gibt es solche Zusammenhänge, sie sind aber äußerst komplex. Wie sich psychische Belastungen auf bestimmte Augenerkrankungen auswirken, lässt sich schwer ermitteln. Fest steht, dass es Sehprobleme gibt, die sich organisch nicht ausreichend erklären lassen. Das spektakulärste Beispiel dafür ist die „psychogene Blindheit“: Als Folge verdrängter seelischer Konflikte können Patienten nur unscharf oder gar nicht mehr sehen, obwohl die Augen gesund sind.
„Wir haben hier pro Jahr mehrere Fälle dieser Art“, sagt Prof. Horst Helbig, Vize-Präsident der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). „Meistens handelt es sich um Mädchen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren.“Sie würden umgehend an einen Kinderpsychologen überwiesen. „Wichtig ist aber, dass zuvor alles andere ausgeschlossen wurde und die Kinder nicht als ,Simulanten‘ behandelt werden“, betont Helbig.
„Das Auge funktioniert, aber das Gehirn lässt die Bilder nicht zu“, erklärt Gabriele Emmerich, Sprecherin des Ressorts „Psychosomatik in der Augenheilkunde“im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, sammenhang mit der Persönlichkeit der Patienten: Diese zeigen häufig ein „Typ-A-Verhalten“– das heißt, sie legen in Konkurrenzsituationen eine erhöhte Leistungsbereitschaft an den Tag. So wird das vegetative Nervensystem stärker stimuliert, was zu einer erhöhten Ausschüttung des Stresshormons Kortisol führt. Dieser Effekt könnte ein wichtiger Auslöser für die Krankheit sein.
Daneben gehen ganzheitlich orientierte Augenärzte davon aus, dass auch bei entzündlichen Augenerkrankungen psychische Faktoren mitspielen können. Sie erklären das mit vielschichtigen Zusammenhängen zwischen Psyche und Immunsystem.