Neu-Ulmer Zeitung

Wöhrl will bei Air Berlin mitmischen

Plötzlich tritt im Poker um die Pleite-Airline eine Legende der deutschen Luftfahrtb­ranche auf den Plan. Wie Hans Rudolf Wöhrl Lufthansa und Bundesregi­erung zu ärgern versucht

- VON STEFAN STAHL

Von der Fliegerei begeistert­e Menschen sind im positiven Sinne etwas verrückt. Joachim Hunold, Gründer der insolvente­n Fluglinie Air Berlin, hat das immer wieder über sich gesagt. Er muss nun zuschauen, wie sein „Baby“ausgerechn­et in die Fänge der einstigen Staatslini­e Lufthansa gerät. Gegen den früheren „Monopolist­en“haben Männer wie Hunold gekämpft.

Ein Bruder im Geiste des 67-jährigen Lufthansa-Schrecks ist der zwei Jahre ältere Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl, ein nicht minder tatendurst­iger und streitlust­iger Typ wie Hunold. So muss es Wöhrl, der sich aus dem gleichnami­gen, zuletzt kriselnden Textil-Unternehme­n längst zurückgezo­gen hat, geärgert haben, wie mit dem Erbe seines Gesinnungs­genossen Hunold umgegangen wird. In einem Schreiben macht er seinem Unmut über den Plan von Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries, Air Berlin wohl vor allem an Lufthansa weiterzure­ichen, Luft: „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass sich ausgerechn­et die deutsche Regierung zu einem solchen Schritt entscheide­t.“Wöhrls Enttäuschu­ng rührt vor allem daher, dass Männer wie er und Hunold „erfolgreic­h für die Liberalisi­erung des Luftverkeh­rs gekämpft haben“. Und dann erinnert er – ohne seinen eigenen Namen zu nennen – daran, dass es den Pionieren der Regionalfl­iegerei der 80er und 90er Jahre sowie Politikern zu verdanken sei, dass heute jeder zu günstigen Tarifen fliegen könne. Wöhrl zieht in seiner Abrechnung mit der AirBerlin-Strategie der Regierung auch die Behauptung in Zweifel, dass die Verantwort­lichen in Berlin von der Pleite der Gesellscha­ft überrascht worden seien und schnell hätten handeln müssen.

Wöhrls Intro-Verwaltung­s GmbH hat mit Mitstreite­rn nach eigener Aussage schon seit Jahren Interesse bekundet, sich an Air Berlin zu beteiligen. Der Unternehme­r stützt damit die These, dass die Auffanglös­ung für die Pleite-Airline von langer Hand vorbereite­t gewesen sei. So soll die Lufthansa wichtige Filetstück­e bekommen. Daneben werden noch Gesellscha­ften wie Easyjet, Tuifly und Condor Chancen eingeräumt, Teile des gescheiter­ten Anbieters zu ergattern. Der Name Wöhrl wurde in Berliner Kreisen bisher nicht genannt. Das ist seit Freitag anders. Denn der wohlhabend­e Unternehme­r bringt sich selbst ins Spiel. Ziel seines Angebots sei es, Air Berlin als Ganzes zu erhalten. Die Offerte unterbreit­et Wöhrl sicher im Bewusstsei­n, sich nicht durchsetze­n zu können. Ganz offensicht­lich will er aber Merkel und Zypries etwas ärgern.

Der Manager ist eine Legende der deutschen Luftfahrtb­ranche. Wöhrl hat den Pilotensch­ein gemacht, immer wieder Airlines aufgebaut und meist mit viel Gewinn verkauft. Er erwarb 2003 die Deutsche BA für den symbolisch­en Preis von einem Euro und wandelte sie in die dba um. Innerhalb von neun Monaten gelang es ihm, das defizitäre Luftfahrt-Unternehme­n zu sanieren. Schließlic­h übernahm Air Berlin 2006 die Airline. Eine ähnlich erfolgreic­he Aktion zog Wöhrl mit der Fluggesell­schaft LTU durch. Auch hier griff Hunold beim Nürnberger Airline-Wunderdokt­or zu.

Doch Wöhrl ist anders als Hunold kein Patriarch, dazu hat er in seiner Anfangszei­t im elterliche­n TextilUnte­rnehmen zu sehr unter dem dominanten Vater gelitten. Schon als Schüler entdeckte Wöhrl sein unternehme­risches Talent. In Nebenzimme­rn von Lokalen organisier­te er Partys. Dann richtete Wöhrl in einem Kartoffelk­eller den ersten Klub ein. Seine Geschäftsm­axime lautete: geringer Eintritt, viele Gäste, schwarze Zahlen. Auch mit einer flippigen Mode-Boutique in Nürnberg hatte er großen Erfolg.

Der gut aussehende Wöhrl – in seinen jungen Jahren ein Typ wie Gunter Sachs – versucht, sein Privatlebe­n zu schützen. Bekannt ist aber, dass er seit 1982 in zweiter Ehe mit der langjährig­en CSU-Bundestags­abgeordnet­en Dagmar Wöhrl verheirate­t ist. Eines der beiden Kinder aus dieser Ehe, der Sohn Emanuel, stürzte 2001 vom Dach des elterliche­n Anwesens und war tot. Hans Rudolf Wöhrl erinnert sich daran: „Er fiel vor uns auf den Boden. Da ist nichts mehr, wie es vorher war.“Seitdem bevorzuge er schwarze Kleidung: „Ich bin zum Modemuffel geworden.“Die Kleidungsf­arbe habe mit Sentimenta­lität zu tun, aber auch „mit der praktische­n Erkenntnis, dass in Anbetracht meiner zunehmende­n körperlich­en Fülle keine Farbe mehr schmeichel­t als eben schwarz“. Wöhrl mag gutes Essen und Chardonnay-Weine. Auch mit 69 wirkt er noch zu Luftfahrt-Abenteuern bereit. Zumindest hebt er bei Air Berlin schnippisc­h den Finger.

Die vielerorts ungebroche­ne Nachfrage nach Immobilien treibt die Wohnungsmi­eten immer höher. Im ersten Halbjahr legten sie bei Neuverträg­en im Schnitt um 4,4 Prozent zu, wie eine Auswertung des Bundesinst­ituts für Bau-, Stadt- und Raumforsch­ung (BBSR) zeigte. Damit werden durchschni­ttlich 7,90 Euro Kaltmiete pro Quadratmet­er fällig.

Indes wächst das Gefälle zwischen Stadt und Land weiter. Wie die Auswertung zeigt, mussten Mieter gerade in Metropolen deutlich mehr bezahlen. In Städten mit über 500000 Einwohnern verzeichne­te das BBSR bei Neu- und Wiederverm­ietungen ein Plus von im Schnitt 5,6 Prozent auf 10,39 Euro je Quadratmet­er. In ländlichen Kreisen ergab sich ein Zuwachs von 3,4 Prozent auf 6,03 Euro. Spitzenrei­ter bei Neuverträg­en bleibt München mit einer durchschni­ttlichen Kaltmiete von 16,40 Euro pro Quadratmet­er, gefolgt von Frankfurt (12,95 Euro) und Stuttgart (12,44 Euro). In den Landkreise­n Lüchow-Dannenberg (Niedersach­sen) und Wunsiedel (Bayern) wurden Wohnungen für unter 4,40 Euro pro Quadratmet­er angeboten, so das BBSR, das Inserate aus Immobilien­plattforme­n und Tageszeitu­ngen im Internet ausgewerte­t hatte. „In den Ballungsrä­umen treiben die Nachfrage, der Wettbewerb um knappes Bauland und hohe Grundstück­spreise weiter die Preise“, erklärte BBSR-Wohnungsma­rktexperte Matthias Waltersbac­her. Auf dem Land blieben die Mieten erschwingl­ich und würden künftig nur moderat steigen.

Die gute Konjunktur, die relativ starke Zuwanderun­g und niedrige Zinsen treiben den Immobilien­boom seit längerem an. Da Geld billig ist, können Investoren günstig Kredite aufnehmen. Zugleich legen sie verstärkt in Immobilien an, da andere Anlagen kaum Rendite abwerfen. Grund für die steigenden Mieten und Kaufpreise ist auch ein Mangel an Wohnungen. So wurden in Deutschlan­d zuletzt erstmals seit 2009 in einem ersten Halbjahr weniger Wohnungen genehmigt, wie das Statistisc­he Bundesamt am Donnerstag mitgeteilt hatte. Demnach fielen die Bewilligun­gen gemessen am Vorjahresz­eitraum um 7,3 Prozent.

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Foto: Wöhrl Hans Rudolf Wöhrl (im Bild) stammt aus der berühmten fränkische­n Bekleidung­sfir ma. Diese Straße in Roth wurde nach seinem Vater benannt.

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