Die Arbeit als Schreiner hat er für den Sport aufgegeben
Wrestling im Fernsehen geschaut.“Die Faszination für Show, Kampf und bekannte Vertreter des Sports wie Hulk Hogan, Eddie Guerrero oder Dwayne „The Rock“Johnson habe nie nachgelassen. Mit 18 Jahren fing er mit dem Kampfsport an. Seit 2010 trainiert der Weißenhorner in der Nürnberger „Pro Wrestling School“von Alex Wright. Er gilt als Legende in dem Geschäft. Wright ist der einzige Deutsche, der gegen Hogan antrat. Tscherpel ist seit zwei Jahren hauptberuflich Wrestler. Die Arbeit als Schreiner hat er dafür aufgegeben.
Dieses Jahr bekam der Weißenhorner die Chance, bei den sogenannten Worlds Wrestling Entertainment (WWE) „Tryouts“in London teilnehmen. Dabei werden an zwei Tagen Wrestler aus der ganzen Welt auf ihr Können und ihre Präsenz getestet – vor allem aber auf ihren Kampfwillen. So sollen talentierte Sportler gefunden werden. Aus ganz Europa wurden dieses Jahr lediglich 22 Männer und zwei Frauen eingeladen. Tscherpel war einer davon: „Acht bis zehn Stunden haben wir an den beiden Tagen trainiert. Durchgehend. Die Pausen waren nur zum Trinken.“Wer bei diesen sogenannten „Tryouts“überzeugt, hat gute Chancen, in eine der US-amerikanischen WrestlingLigen aufgenommen zu werden. Für Tscherpel ist das ein Lebenstraum. In Deutschland wird dem Sport kein hoher Stellenwert zugesprochen. Finden hierzulande nur jedes Wochenende Kämpfe statt, so gibt es in den USA oder England täglich Wrestling-Matches.
Nicht nur gegen andere Wrestler hat der 27-Jährige zu kämpfen – sondern auch gegen Vorurteile: Die Kämpfe seien abgekartet, heißt es oft. Es sei alles nur Show ohne sportlichen Anspruch dahinter. Aber er kontert: „Wrestling ist kein Fake. 95 Prozent sind Sport, fünf Prozent Show.“Hierzulande sei der Kampf härter als in den USA. Dort überwiegen die Selbstdarstellung des Wrestlers und Show-Einlagen. Ganz ohne Rollenspiel geht es in Deutschland auch nicht. Mit seiner Schildmütze und dem Blouson erinnert Tscherpel an einen Hip-Hopper. Wenn er in seine Kampfklamotten schlüpft, sein Einlaufsong, ein aggressiver Rap, ertönt und er auf den Ring zugeht – dann verwandelt sich Tscherpel in TKO. Das Kürzel ist ein Fachbegriff aus dem Wrestling. Es bedeutet, dass der Gegner das Handtuch wirft. „Mein Trainer Alex Wright war der Überzeugung, dass man sich TKO gut merken und vor allem gut rufen kann“, sagt er. Seine spezielle Show-Einlage: Tscherpel springt von oben mit einem Rückwärtssalto auf den Gegner. „Dafür liegt unter dem Ring eine Leiter.“
Nicht nur sein Gegenüber bekommt was ab. Tscherpel landete vor Kurzem in einem Haufen Reißnägel. „Mein ganzer Rücken war voll“, erzählt der 27-Jährige. Doch aufgeben oder gar einen Kampf mal absagen – das gehe nicht. „Mein Trainer sagte zu mir, es gibt genau zwei Gründe, weshalb man nicht kämpfen kann: Du hast den Fuß gebrochen oder bist tot.“Ansonsten würden Wrestler schnell den Ruf bekommen, sie sei eine „Memme“. Die Folge: Die Wrestlingagenturen würden sie nicht mehr buchen – die Karriere steht vor dem Aus.
Doch das ist bei TKO alias Christian Tscherpel nicht der Fall: „Ich kann mir vorstellen, dass ich in 20 Jahren noch immer im Ring stehe, wenn es die Gesundheit hergibt.“Vorerst hat er ein anderes Ziel: Nächstes Jahr will der Weißenhorner nach England ziehen. Zwei bis drei Kämpfe finden dort täglich statt. Wie sein Leben dann ausschaut, weiß er bereits: „Training, kämpfen, schlafen, essen – und dann alles wieder von vorn.“Um sein Ziel zu erreichen, würde er sich das antun, denn: „Es gibt nichts Größeres für mich als Wrestling.“
Der Bücherwurm zog die Haustüre hinter sich zu, um zur Garage zu gehen und zum Termin zu fahren. Schlagartig kam die Schullektüre aus den einstigen Englischstunden zurück: „Cat on the hot tin roof“, die Katze auf dem heißen Blechdach von Tennessee Williams, irgendwann im Original gelesen und in den Schrank gestellt. Auf dem Garagendach, das tatsächlich aus Blech ist, saß eine Katze und starrte den Bücherwurm mit grünen Augen an. Und – zu viel der Symbolik – sie war auch noch rabenschwarz.
Aber anders als im amerikanischen Sprichwort wurde es der Katze auf dem Blechdach nicht zu heiß und sie ließ sich vom Bücherwurm auch nicht irritieren. Sie ließ sich fotografieren und stolzierte dann ganz gemächlich von dannen – und Bücherwurms Oma wäre mit dem nächsten Sprichwort gekommen. „Läuft die Katz’ von rechts nach links, gelingt’s!“, hätte sie dem Bücherwurm auf seinen Termin mitgegeben.
Der aber, archaischer Symbolik um Glücks- oder Unglücksbringer so wenig zugeneigt wie grauem Herbstwetter, sieht die schwarze Katze auf dem Blechdach eher rational bedenklich: Der Sommer geht seinem Ende zu, die Nächte werden kühl und die Katze sucht die Wärme, obwohl die Hundstage eigentlich noch bis 23. August dauern. Aber vielleicht gibt’s einen Altweibersommer, gell, Oma?