Kraftwerkspläne: Kläger geben Kontra
Mit der bei Dietenheim vorgesehenen Anlage sind Naturschützer weiterhin nicht einverstanden. Sie sprechen von einem „Todesstoß“für die Sanierung des Flusses
Ein Wasserkraftwerk, das nicht nur umweltschonend arbeitet, sondern die ökologische Situation an der Iller sogar noch verbessert – unter anderem, weil Steine und Fische die Anlage passieren können. So bewertet Bauherr Mathias Fontin sein Vorhaben bei Dietenheim. Dort will er ein sogenanntes Schachtkraftwerk in ein bestehendes Wehr einbauen. Die von ihm beschriebenen Vorteile werden an anderer Stelle jedoch bezweifelt: Bund Naturschutz und Fischereiverband (auf bayerischer Seite) sind erklärte Gegner des Projekts, sie haben gegen die Baugenehmigung geklagt. Daran werde sich auch nichts ändern, bekräftigt Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsführer des Bund Naturschutz im Landkreis, gegenüber unserer Zeitung. Die Behauptung, der Iller werde durch das Schachtkraftwerk kein Schaden zugefügt, hält er für falsch: „Das ist Augenwischerei.“
Denn die einzig wirksame Methode, den „gepeinigten Fluss“zu retten, sieht aus Sicht der Naturschutzverbände so aus: Sämtliche Querbauwerke (wie Wehre) müssten verschwinden – oder umgangen werden. Sollte Fontins Wasserkraftanlage aber wie geplant entstehen, würde die jetzige Situation auf Jahre „zementiert“, befürchtet KurusNägele. Dies komme einem „Todesstoß“für die dringend nötige Sa- der Iller gleich. Deshalb wolle man vor Gericht weiter gegen das Vorhaben kämpfen.
Das Schachtkraftwerk bei Dietenheim soll die erste von mehreren Anlagen sein. Die komplett unter Wasser befindliche Einrichtung könne mit einer Leistung von 4000 Kilowattstunden 1200 Personen oder 400 Haushalte versorgen, heißt es. Steine könnten durch das Werk hindurch gelangen, ebenso Fische, die durch einen engmaschigen Rechen weitgehend (je nach Größe) vor der Turbine geschützt seien. Weil das die Durchgängigkeit des Flusses erhöhe, werde die Situation aus ökologischer Sicht verbessert, sagt Unternehmenschef Fontin.
Der Durchlass ist wichtig – da stimmt Kurus-Nägele zu. Denn: Werden am Boden der Iller mitgespülte Steine aufgehalten (etwa durch Wehre), fehlt Material – und der Fluss gräbt sich immer tiefer ein. Eine Folge: Die Gewässer an Land, in der Nähe des Ufers, trocknen aus. Dort leben seltene Tierarten. In dem Areal zwischen Illerzell und Senden – laut Kurus-Nägele das wertvollste Schutzgebiet in den Illerauen – seien dies etwa Kammmolch und Gelbbauchunke. Dort laufe die Illersanierung bereits, die Sohle des Flusses werde stabilisiert. Blieben die Blockaden oberhalb dieses Bereichs (zwischen Illertissen und Altenstadt) allerdings bestehen, würden die Bemühungen zunichtegemacht. Kurus-Nägele: „Dann haben wir in 20 Jahren wieder die gleiche Situation.“
Aus Sicht des Bund-NaturschutzKreisgeschäftsführers bietet Fontins Schachtkraftwerk viel zu wenig Durchlässigkeit. Wirksam seien nur zwei Maßnahmen: Entweder die Wehre würden abgebaut. Oder umgangen, etwa durch Sohlrampen, über die Steine und Flusslebewesen ungehindert gelangen könnten. Das Argument, jene seien teuer, will Kurus-Nägele nicht gelten lassen. Die Ausgaben seien niedriger als die Kosten für den Ausbau eines Kilometers Autobahn. „Das ist eine Franierung ge der Wertigkeit.“Im Vergleich zu anderen Wasserkraftwerken sei die Schachtkraftwerkstechnik zwar positiv zu bewerten. Aber eben nur wenn eine alte Anlage durch eine neue ersetzt werde. Ein Werk zu bauen wo es bislang keines gibt, hält Kurus-Nägele für eine „eindeutige Verschlechterung“. Zudem sei die dort erzeugte Strommenge gering, um die Energiewende voranzutreiben. „Mit so kleinen Geschichten brauchen wir gar nicht anfangen.“
In Baden-Württemberg werde die Politik verfolgt, regenerative Energien rigoros voranzutreiben – notfalls zulasten des Umweltschutzes, sagt Kurus-Nägele. Deshalb
13 Stunden täglich arbeiten an bis zu sechs Tagen pro Woche? Wenn es nach dem Willen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) geht, könnte das im Landkreis Neu-Ulm für rund 3500 Beschäftigte der Branche bald Alltag werden. Davor warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Wie die NGG mitteilt, arbeiten schon heute in der Region DonauIller rund 24000 Menschen an Sonntagen – 17000 nachts. Und 41 000 Beschäftigte sind zwischen 18 und 23 Uhr im Job aktiv. Das gehe aus dem aktuellen Mikrozensus hervor. „Die Zahlen zeigen, dass Arbeitszeitgesetz und Tarifverträge den Arbeitnehmern bereits jetzt eine hohe Flexibilität abverlangen. Den Betrieben geben sie die Freiheit, ihre Beschäftigten weitgehend so einzusetzen, wie sie es brauchen“, sagt Tim Lubecki. Der Geschäftsführer der NGG Schwaben hält jede Aufweichung dieser Regeln für unnötig. Insbesondere der Einführung einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit müsse eine klare Absage erteilt werden, so Lubecki. Dies sei ein Angriff auf Tausende Beschäftigte in der Region – besonders im Gastgewerbe.
Dort gehörten lange Arbeitszeiten an jedem Tag der Woche schon immer zum Beruf. So gaben bei der Befragung durch den Mikrozensus rund 62 000 Beschäftigte in bayerischen Hotels, Gaststätten und Pensionen an, regelmäßig nach 18 Uhr zu arbeiten. 82 000 arbeiten demnach häufig an Samstagen, 77 000 an Sonntagen. Lubecki: „Die Behauptung des Dehoga, ein zu strenges Arbeitszeitgesetz belaste die Branche über alle Maßen, ist nicht zu halten. Wenn zum Beispiel eine Hochzeit länger dauert als geplant, dann schieben Küchen-Team und Kellner Überstunden, statt einfach nach Hause zu gehen. Und diese Überstunden werden dann noch nicht einmal immer bezahlt.“
Harte Arbeitsbedingungen in der Gastronomie und Beherbergung führten schon heute zu großen Problemen, noch Fachkräfte zu finden, betont der Gewerkschafter. „Die Arbeitgeber sollten wieder auf bessere Ausbildung setzen und einen wirklichen Richtungswechsel hin zu besseren Arbeitsbedingungen einleiten. Dazu zählen die Stärkung der Tarifverträge und damit deutliche Einkommenszuwächse, aber genauso gesunde Arbeitszeiten“, so Lubecki weiter. Das Gastgewerbe sei dazu in der Lage, eine „Qualitätsoffensive“zu machen. Am Geld jedenfalls, so die NGG Schwaben, sollte es nicht hapern. Der Jahresumsatz der Branche ist nach Angaben des Dehoga zum siebten Mal in Folge auf zuletzt bundesweit 81 Milliarden Euro gestiegen. (az)