Henssler hat keine Angst vor Raabs Erbe
„Es sind große Fußstapfen für mich“, sagt Steffen Henssler über seine Rolle als Nachfolger des Entertainers. Weshalb er als TV-Koch Schluss macht und welchen Traum er im Fernsehen noch realisieren möchte
Herr Henssler, Sie wechseln als Nachfolger von Stefan Raab zum Sender ProSieben und machen aus „Schlag den Raab“ab sofort „Schlag den Henssler“. Ganz schön große Fußstapfen …
Es ist ein großer Schritt für mich, und ich weiß, dass das große Fußstapfen sind – aber ich weiß auch ganz genau, was ich da tue. Die Sendung ist wie für mich gemacht und passt sehr gut zu mir, denn ich habe richtig Bock auf Zweikampf. Wie ist es um Ihre Fitness bestellt? Beim Training für die Show haben Sie sich einen Muskelfaserriss zugezogen, die erste Folge musste deshalb um mehrere Wochen verschoben werden.
Das ist sehr ärgerlich, aber bis zur Show bin ich wieder fit. Die Sportspiele kommen mir prinzipiell entgegen, körperlich habe ich keine großen Schwächen. Ich mag Ballspiele sehr gerne, mache viel Kampfsport, habe früher viel geboxt. Von der Kondition her habe ich auch keine Probleme, das ist wichtig, denn die Show kann bis zu fünf Stunden dauern.
In den Quizrunden ist Allgemeinwissen gefragt. Wo liegen da Ihre Stärken und Schwächen?
Meine Stärken sind die aktuellen Themen – Film, Musik und so was. Meine Schwächen liegen in der Geografie. Wenn es darum geht, in welches Meer welcher Fluss mündet oder wo welches Gebirge liegt, da bin ich meist überfragt. Stefan Raab war außerordentlich ehrgeizig. Wollen Sie etwas cooler sein?
Wenn ich antrete, will ich auch gewinnen, sonst funktioniert die Sendung nicht. Mein Ziel muss es sein, genauso eine Siegesserie hinzulegen wie Stefan Raab. Er hatte eine Quote von 70 Prozent gewonnenen Sendungen. Wenn es dir egal ist, ob du verlierst, dann merkt das der Zuschauer, und wenn ich dauernd nur verlieren würde, dann würde es heißen: Das ist für Kandidaten der leichteste Weg, um im Fernsehen eine Viertelmillion zu verdienen. Das wäre blöd. Es muss sich ein Nimbus aufbauen, sonst macht die Sendung keinen Sinn.
Haben Sie Kontakt zu Stefan Raab?
Ja, wir saßen zusammen und haben uns unterhalten. Wir haben über die Sendung gesprochen und er hat sich gefreut, dass ich da jetzt auflaufe, er wirkte sehr zuversichtlich. Es war ein privates Gespräch, aber wir haben auch darüber gesprochen, wie man eine solche angeht. Sein Tipp: Man muss immer fokussiert bleiben, egal was passiert. Du musst hart bleiben, auch wenn du gegen einen Kandidaten antrittst, der richtig sympathisch ist oder das Geld für eine ganz bestimmte Sache braucht. Wollen Sie auch andere Raab-Sendungen wie „TV total“übernehmen?
Es ist kein Geheimnis, dass ProSieben und ich auch über andere Sachen sprechen. Aber jetzt ist erst mal „Schlag den Henssler“angesagt und man muss mal gucken, wie das läuft. Die Sendung muss wieder mehr Relevanz bekommen. Man darf nicht nur darauf gucken, wie viel Prozent aus einer bestimmten Zielgruppe einschalten und dann damit zufrieden sein. Mich interessiert, wie viele Leute überhaupt zugucken. Wenn die Show drei Millionen Zuschauer hat, dann erreicht sie auch die Tiefe der Gesellschaft, dann reden die Leute darüber. Ich will versuchen, dass sich das Klein und Groß angucken. Wenn das funktioniert, werden sich ProSieben und ich nächstes Jahr neue Sachen ausdenken. Wäre eine Late-Night-Show für Sie ein Thema?
Ja klar. Ich mag amerikanische Late Night, die ist zwar sehr politisch, aber immer positiv gestimmt. Deutsche Late Night ist mir oft zu sarkastisch, da fehlt die Leichtigkeit. Ich fand, dass Stefan Raab bei „TV total“eine geile Mischung hatte – das müsste man in die Jetztzeit bringen. Vor fünf, sechs Jahren war vielleicht noch ein ganz anderer Mut da, heute ist der Kampf durch Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime größer und das Fernsehen ist vorsichtiger geworden, wenn es darum geht, etwas Neues zu wagen.
Wieso sind Sie weg von Vox, wo Sie mit der Kochshow „Grill den Henssler“sehr erfolgreich waren?
Für mich stand schon vor dem ProSieben-Angebot fest, dass ich mit „Grill den Henssler“aufhöMammutshow re. Es war eine ganz geile Zeit, aber jetzt will ich die Komfortzone verlassen und was anderes machen. Für viele ist das unverständlich, denn wenn du in der heutigen Fernsehlandschaft eine Sendung hast, die so gut funktioniert, immer über dem Senderschnitt liegt, immer sehr gute Quoten hat, dann ist es eigentlich ein No-Go, das Ding zu verlassen. Aber ich fühlte mich nach über 60 Sendungen nicht mehr richtig gefordert. Als TV-Koch wurden Sie bekannt. Kochen Sie im Fernsehen künftig gar nicht mehr?
Mal gucken, keine Ahnung. Kann sein, dass ich noch mal koche, kann aber auch sein, dass das nicht mehr passiert. Ich weiß, dass der Zuschauer in Schubladen denkt, aber den Schritt zu „Schlag den Henssler“kann er glaube ich mitgehen ohne zu denken: „Wieso hat der jetzt nicht die Kochjacke an oder die Bratpfanne in der Hand?“
Sie haben drei Restaurants. Wie groß ist die Chance, dass das, was da serviert wird, von Ihnen gekocht wurde?
Dass ich im Fernsehen nicht mehr koche, heißt ja nicht, dass ich gar nicht mehr koche. Ich bin immer noch regelmäßig in meinen Restaurants und sehe nach dem Rechten. Außerdem mache ich künftig weniger Fernsehen: nur noch sechs Shows pro Jahr statt zuletzt 19 bei Vox. Das lässt Raum für andere Sachen – unter anderem für meine Restaurants.
Interview: Cornelia Wystrichowski
Es war ein verstörendes Bild, das sich im Dezember 2016 in der Dortmunder Innenstadt bot. Mitglieder der Partei „Die Rechte“hatten den Turm der Reinoldi-Kirche besetzt und ein Banner mit der Aufschrift „Islamisierung stoppen“gehisst. Die Szene steht beispielhaft für den Konflikt zwischen den Kirchen und rechten Gruppierungen, mit dem sich die ARD-Dokumentation „Kreuz ohne Haken – Die Kirche und die Rechten“beschäftigt.
Der 45-minütige Film begleitet mehrere Pfarrer, die aufgrund ihres Engagements zu Opfern rechter Gewalt geworden sind. Beispielsweise Charles Cervigne aus der Nähe von Aachen. Der evangelische Pfarrer wurde im vergangenen Jahr an der Tür seines Wohnhauses von Unbekannten niedergeschlagen. Cervigne hatte zuvor Flüchtlingen Kirchenasyl gewährt und sich für eine offene Gesellschaft starkgemacht.
Vielerorts scheint die Bedrohung durch rechte Gruppierungen groß zu sein. Aufnahmen von Nazi-Aufmärschen und ein Ausflug in den sogenannten „Nazi-Kiez“von Dortmund untermauern diesen Eindruck. Konkrete Zahlen darüber, wie sich die Anfeindungen gegen Kirchenmitglieder und Geistliche entwickelt haben, fehlen in der Reportage jedoch.
Dass Pfarrer aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung ein leichtes Ziel für Gewalttäter sind, scheint logisch. Ihre Telefonnummer ist öffentlich einsehbar, viele wohnen im Pfarrhaus der Gemeinde. Außerdem sei die Kirche eine Art natürliche Zielscheibe für Nazis, erklärt der katholische Politikwissenschaftler Andreas Püttmann: „Neo-Nazis betrachten die Christen sozusagen als Geschwister der Juden.“
Aber nicht nur gewaltbereite Rechte machen den Kirchen zu schaffen. Abseits von Demos und Gewalttaten wirft die Reportage auch einen spannenden Blick auf rechte Strömungen innerhalb der Gemeinden. So klagt etwa eine christliche AfD-Anhängerin, die Kirche sei zu einem „Arm der linken politischen Parteien“geworden. Auch ein ehemaliger Pfarrer und jetziger AfD-Politiker kommt zu Wort. Er fühlt sich von seiner Kirche ausgegrenzt und missverstanden. Angesichts dessen stellt sich die Frage: Wie politisch kann und muss Kirche heutzutage sein?
Politikwissenschaftler Püttmann hat darauf eine klare Antwort: „Es ist Aufgabe der Kirche, nicht nur ihre Eigeninteressen im Auge zu haben, sondern auch die Grundrechte der menschlichen Person.“Wenn Parteien diese Rechte in Fragen stellten, müsse sich die Kirche auch politisch einmischen. So sehr dies Pfarrer in ihrer Arbeit vor Ort auch tun, so schwer scheint es der Institution Kirche zu fallen – das zeigt dieser Film. Zwar haben sich Bischöfe und Kardinäle in der Vergangenheit immer deutlich von der AfD distanziert. Zu klaren Empfehlungen, was das Kreuz auf dem Stimmzettel angeht, lassen sie sich aber nicht hinreißen. O
– läuft am kommen den Montag, 4. September, um 23.45 Uhr im Ersten.