Neu-Ulmer Zeitung

Immer diese Männer!

- VON DANIEL WIRSCHING

– Kennen Sie das? Sie schneiden sich Zeitungsar­tikel aus oder heben gleich die gesamte Ausgabe auf, um sie irgendwann einmal zu lesen? Geht mir genauso. Übrigens auch mit Artikeln im Internet, die ich mir speichere.

Es gibt ja so viel Interessan­tes zu lesen! Etwa den Artikel „Alle Männer sind schlechte Journalist­en“von Anett Selle in der Welt. Wochenlang habe ich mich nicht an den Text getraut, nun also las ich (Mann/Journalist): „Männer haben längere Beine, einen kürzeren Rumpf und schmalere Hüften als Frauen. Deshalb können sie nicht so gut sitzen. Und Journalist­en sitzen viel.“

Beim Weiterlese­n fragte ich mich, welche Journalist­en da wohl bei der Welt arbeiten, denn Selle schrieb: „Tut mir leid, lieber Kollege am Schreibtis­ch gegenüber: Vielleicht kannst du ja noch umsteigen. Auf Bauarbeite­r, Klempner oder Stripper oder irgendwas mit Software.“Stripper! Und sie stellte fest, dass Männer häufiger farbenblin­d seien, was die Berichters­tattung über rotgrüne Koalitione­n beeinträch­tige.

Zugegeben: Ich musste lachen über diese etwas lang geratene, stellenwei­se jedoch witzige Glosse zum Thema Sexismus. Eine Glosse ist eine journalist­ische Darstellun­gsform, die mit Ironie und Übertreibu­ng arbeitet, um etwas zu entlarven. Oder, um es mit den großen Journalism­us-Erklärern Walther von La Roche und Axel Buchholz zu sagen: „Die Glosse erschnüffe­lt aus einem Rülpserche­n die Schlemmere­ien einer ganzen Woche.“Sie sei „leidenscha­ftlich einseitig und ein erbitterte­r Feind der Ausgewogen­heit“. Ich liebe Glossen über alles!!!

Seitdem es sie gibt, gibt es allerdings das Problem, dass sie unverstand­en bleiben. Mit der Ironie ist das so eine Sache. Ein Leser von Selles Glosse kommentier­te: „Sind wir jetzt endlich so weit, dass auch femininer Chauvinism­us salonfähig ist?“

Zwei langjährig­e Schauspiel­er aus der ZDF-Serie „Der Alte“sind vor dem Bundesarbe­itsgericht mit Klagen gegen ihren Rauswurf bei dem Fernsehfor­mat gescheiter­t.

Das höchste deutsche Arbeitsger­icht wies am Mittwoch in Erfurt die Revision von Pierre Sanoussi-Bliss, 55, und Markus Böttcher, 53, zurück. Die beiden Schauspiel­er hatten mit der zuständige­n Produktion­sfirma nach Gerichtsan­gaben Verträge geschlosse­n, die sich auf einzelne Folgen oder die Folgen des Kalenderja­hres bezogen. Die Richter werteten die Befristung­en für die Schauspiel­er als wirksam und sachlich gerechtfer­tigt. Beide waren viele Jahre in der seit 1977 laufenden Serie zu sehen, 2014 kam mit dem Ende der letzten Befristung für die TV-Ermittler das Aus.

Das Gericht musste zwischen der Kunstfreih­eit und dem Bestandssc­hutz für die Darsteller abwägen. Es entschied, dass das Interesse des Senders überwiegt, die Serie kurzfristi­g fortzuentw­ickeln – und dass er damit auch Umbesetzun­gen vornehmen darf. Die Klagen richteten sich gegen die Produktion­sfirma. Die Schauspiel­er, die bei der Verhandlun­g anwesend waren, reagierten enttäuscht und wollten sich nicht äußern.

 ??  ??
 ??  ?? Markus Böttcher
Markus Böttcher
 ??  ?? P. Sanoussi Bliss
P. Sanoussi Bliss

Newspapers in German

Newspapers from Germany